Zum Inhalt springen

BLKÖ:Gaßner, Johann Joseph

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Gaßner, Simon
Band: 5 (1859), ab Seite: 99. (Quelle)
Johann Joseph Gaßner bei Wikisource
Johann Joseph Gaßner in der Wikipedia
Johann Joseph Gaßner in Wikidata
GND-Eintrag: 116450274, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Gaßner, Johann Joseph|5|99|}}

Gaßner, Johann Joseph (Pfarrer und Thaumaturg, geb. zu Braz in Vorarlberg 22. August 1727, gest. zu Bondorf in Niederbaiern 4. April 1779). Studirte im Jesuiten-Collegium zu Innsbruck und Prag, erhielt 1751 das Amt eines Frühmessers zu Dalys und 1758 die Pfarrei zu Klösterle im Bisthum Chur. Schon als Student las er viele Bücher, welche von Physiognomik, Hexereien, Teufelsbeschwörungen u. d. m. handelten, und gerieth in Folge dessen auf die Idee, daß die meisten Krankheiten von bösen Geistern herrühren, welche durch Gebete und Segenssprüche gebannt werden können. Als Pfarrer begann er diese seine Heilmethode und in Kürze verbreitete sich der Ruf seiner Heilkraft so, daß aus fernen Gegenden die Kranken ihm zuströmten. Nun ertheilte ihm sein Bischof Erlaubniß, seine Pfarre für einige Zeit zu verlassen und einen Umzug zu halten, worauf er an verschiedenen Orten den Teufel bannte und Kranke heilte. Als der Bischof von Constanz sich von dieser Benützung frommer Unwissenheit zu Gunsten des Glaubens überzeugte, verwies er ihn auf seine Pfarre, welchem Befehle Gaßner auch Folge leistete; hingegen berief ihn der Bischof von Regensburg in seine Diöcese, um ihn daselbst die Wundercuren fortsetzen zu lassen. Die Sensation, welche dieselben erregten, war außerordentlich; aus Böhmen, Oesterreich, Schwaben, Baiern, Franken, wurde in ganzen Schaaren zu ihm gewallfahrtet. Dabei waren die Bekenner anderer Religionen, auch Juden, nicht ausgeschlossen. Gebildete Männer traten aber gegen den Wunderdoctor auf und der Mißbrauch des Namens Jesu, in welchem die Heilung erfolgte, rief zahlreiche Gegenschriften hervor; die Bischöfe von Constanz und Augsburg, die Erzbischöfe von Salzburg und Prag erließen Hirtenbriefe gegen ihn und Kaiser Joseph II. befahl ihm 1777 Regensburg zu verlassen. Der Fürstbischof letzterer Stadt ernannte ihn aber zu seinem Hofcaplan, gab ihm den Titel eines geistlichen Rathes und gestattete ihm die Fortsetzung seiner Curen zu Ellwangen; als sich jedoch die öffentliche Meinung immer mehr Bahn brach, verlieh er ihm mit dem Bedeuten, sich in Hinkunft des Beschwörens zu enthalten, die Dechantei Bondorf in Niederbaiern. G.’s Ruhm erlosch so schnell, als er gekommen, er starb vergessen im Alter von 52 Jahren. G. nahm für seine Wundercuren kein Geld, vergaß gegen seine Obern nie den Gehorsam, war überhaupt im Umgange sehr jovial und ließ durch seine äußere Erscheinung den Teufelsbanner gar nicht ahnen. Im Drucke gab er u. A. heraus: „Weise, fromm und gesund zu leben, auch ruhig und gottselig zu sterben, oder nützlicher Unterricht, wider den Teufel zu streiten u. s. w.“ (Augsburg 1775). Die über ihn erschienenen Schriften bilden den Inhalt der von G. W. Zapf anonym herausgegebenen „Zauberbibliothek“ (Augsburg 1776, Jenisch), und erst in neuerer Zeit hat der Geisterriecher Eschenmayer G.’s Curen in Kiesers „Zeitschrift für theoretischen Magnetismus“ vertheidigt.

Lebensbeschreibung des hochwürd. und hochgelahrten Herrn J. J. Gaßner, nebst einem Anhange von merkwürdigen Heilungen und Factis aus dem Ellwangischen Protocoll (Augsburg 1775, 8°.). – Ehrenrettung des S. J. Herrn J. J. Gaßner und seiner in Deutschland so viel Aufsehens machenden Teufelsbeschwörungen (o. O. u. V. 1775, 8°.). – Die aufgedeckten Gaßner’schen Wundercuren aus authentischen Urkunden beleuchtet (o. O. u. V. 1775, 8°.). – Semler (Joh. Salom.), Sammlung von Briefen und Aufsätzen über die Gaßner’schen und Schröpfer’schen Geisterbeschwörungen (Halle 1775 und ebenda 1776). – Staffler (Joh. Jakob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg (Innsbruck [100] 1847, Fel. Rauch) I. Bd. S. 125 [nach diesem geb. 22. Aug. 1727]. – Vorarlberg, aus den Papieren des in Bregenz verstorbenen Priesters Franz Joseph Weizenegger. In 3 Abth. Bearb. u. herausg. von M. Merkle, Präfect des Gymn. zu Feldkirch. I. Abthlg. (Innsbruck 1839, Verlag der Wagner’schen Buchhandlung) S. 102. – Henke’s Allgem. Kirchengeschichte VII. Thl. S. 210. IX. Thl. S. 434. – Allgemeine deutsche Bibliothek. XXIV. Bd. S. 609. – Literatur des katholischen Deutschlands. I. Bd. 2. und 3. Stück. – Acta histor. eccles. nostri temporis. Vol. III. p. 315, 337. Vol. VII. p. 328. – Wielands Teutscher Merkur 1784 , 4. St. S. 60, 161. – Ersch (J. S.) u. Gruber (J. G.), Allgem. Encyklopädie der Wissensch. und Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 54. Thl. S. 213 [nach Ersch und Gruber, Meyer u. Oettingers Bibliographie biographique (Brüssel 1856, Stienon, Lex. 8°.) I. Bd. Sp. 604 ist G. am 20. Aug. 1727 geb.].– Meyer (J.), Das große Conv.-Lexikon (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) XI. Bd. S. 1019. – Baur (Sam.), Lebensgemälde II. Thl. S. 543. – Meusel (Joh. Georg), Lexikon der vom Jahre 1750–1800 verstorb. deutschen Schriftsteller IV. Bd. S. 30. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) IX. Bd. Sp. 595. – Porträte. 1) Unterschrift: Joh. Jos. Gassner, Hofcaplan. L. F. Franck pinx. Joh. Gottlieb Friedrich sc. Ratisbonae 8°. – 2) B. v. Götz. 4°. (in Halbfigur einen Lahmen heilend). – 3) Anon. 8°. (ganze Figur einen Lahmen heilend). – 4) J. M. Will exc. (ganze Figur Besessene heilend). – 5) J. M. Söckler sc. (Halbfigur einen Lahmen heilend).