Bärentreiber in den Karpaten
[184] Bärentreiber in den Karpathen. (Mit Abbildung, S. 173.) Eine Dorfscene in den nördlichen Abhängen der Karpathen, in dem Heimathlande der Rastelbinder und Bärentreiber, wird dem Leser durch unser heutiges Bild vorgeführt. Das Eintreffen eines Bärenführers bildet in jener Gegend, wo sonst wenig Neues zu sehen ist, etwa dasselbe „Ereigniß“, wie der Einzug fahrender Musikanten in einem abgelegenen deutschen Gebirgsdorfe. Alt und Jung strömt herbei, um die Kunstproductionen des abgerichteten Petz zu sehen. Der Thierbändiger macht in kluger Berechnung vor der Dorfschenke Halt, und schmunzelnd erscheint der Jude in der Thür des Wirthshauses, da auch die Petze für seinen Schnaps eine gute Kundschaft abgeben. Auch die Zigeunermutter hat sich mit ihrem Esel, auf dem eines ihrer Kinder die Pfeife raucht, eingefunden. Abergläubische Mütter führen der Gauklerin ihre Kleinen zu, und das Geschäft der Prophezeiungen scheint schon im vollen Gange zu sein; denn die gerührte Bäuerin läßt ihr Kind der Prophetin den Zoll der Dummheit zahlen. An dem primitiven Brunnen hat sich eine Gruppe von Mädchen und Kindern gesammelt, während im Hintergründe nach vollbrachtem Tagewerk die Schnitter Heimkehren und sich um den Bärentreiber drängen. – Freilich werden auch in den Karpathen solche Scenen immer seltener; die ehrbaren Zünfte der Rastelbinder und Bärentreiber stehen auf dem Aussterbe-Etat, da der eiserne Topf das irdene Geschirr aus unsern Küchen verdrängt und die zoologischen Gärten und Menagerien den Bärenführern arge Concurrenz machen. Bei diesem Umschwung werden die Karpathenbewohner nur gewinnen; die am Fuße des Gebirges reichlich fließenden Petroleumquellen, die neuentstehenden mineralischen Bäder und klimatischen Curorte und die emporblühende Viehzucht werden auch diesem Volke zum Wohlstand verhelfen, während jetzt aus seinen Hütten und Kleidern, wie es der Maler trefflich geschildert, noch Verlassenheit und Armuth schauen.