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Aus deutschen Feldlagern während der Liga von Cambray

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Autor: Heinrich Ulmann
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Titel: Aus deutschen Feldlagern während der Liga von Cambray
Untertitel:
aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 1 (1889), S. 346–380.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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Quelle: Scans auf Commons
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[346]
Aus deutschen Feldlagern während der Liga von Cambray.
Von
H. Ulmann.


Nicht die Politik einer der Mächte, welche an jenem merkwürdigen Bündnisse Theil hatten, aber auch nicht systematisch der Verlauf ihrer kriegerischen Unternehmungen soll auf folgenden Blättern dargestellt werden. Hauptsächlich wird die Rede sein von den geheimen Plänen der deutschen Heerleitung und den Anläufen zu ihrer Ausführung, ferner von den mannigfachen Hemmnissen, welche in der Organisation und Zusammensetzung der Kräfte, in der gegenseitigen Stellung der Personen sich geltend machten und dazu beitrugen, selbst bescheidenere Erfolge zu erschweren oder zu vereiteln.

Ich wähle zu diesem Behuf den Theil des Krieges nach dem fehlgeschlagenen Angriff des Kaisers Maximilian auf Padua im Herbst 1509 bis Ende 1510, der durch die gleiche strategische Idee bezeichnet ist. Auch sind es dieselben Männer, die während dieser Frist mit ihrer Ausführung betraut sind, von denen der Eine am Ende unmuthig sich zurückzieht, nachdem den Anderen im Dienst der Tod ereilt hat. Ich will gleich hier sagen, dass das aus dem Nachlass jenes auf uns gekommene Feldarchiv für das Jahr 1510 die wesentlichste Quelle unserer Kenntniss bildet.

Dass Kaiser Max seit dem, einen muthwillig heraufbeschworenen Krieg schimpflich beschliessenden Waffenstillstand von 1508 den Venetianern unversöhnlich gram war, ist begreiflich; hatte er doch seine Unvorsichtigkeit mit dem Verlust der österreichischen [347] Seeposition in Friaul und Istrien bezahlen müssen. Dennoch wird bei uns allgemein sein Beitritt zur Liga von Cambray im December 1508 als ein unverzeihlicher Fehler betrachtet. Seine Casse war zu erschöpft, als dass er trotz der durch die Siege und Erfolge seiner Verbündeten bewirkten unvergleichlichen Gunst der Lage im Stande gewesen wäre, im Sommer 1509 den Venetianern alle die angeblich dem Reich oder dem Haus Habsburg gehörenden Besitzungen zu entreissen, auf welche der Tractat von Cambray ihm ein Recht zugesprochen hatte.

Man macht sich in der Regel doch keine genügende Vorstellung davon, bis zu welchem Grad das Verhältniss der vier Haupttheilnehmer der Liga innerlich unwahr, durch Misstrauen und Besorgniss vergiftet war. Nur wer kräftig auf gesunden Füssen einherwandelte und die Ellenbogen frei hatte, konnte in solcher Umgebung seine Zwecke fördern. Wie anders Maximilian, der von Beginn an sich bewusst war, wie abhängig er bei jedem Schritt von dem guten Willen seiner Partner war. Seitens derselben hat er vom Papst und von Ferdinand von Aragon stets nur sehr laue Unterstützung erfahren; um so mehr war er auf den ihm persönlich gar nicht sympathischen König von Frankreich angewiesen[1]. Da aber, wo er allzu sanguinisch freudige Zustimmung vorausgesetzt hatte, traf er auf kalte Ablehnung. Das Reich versagte seinem Kaiser anfänglich jede Heeresfolge und hat auch später in diesem Kriege nichts Nennenswerthes geleistet. Man hatte in diesen Kreisen wohl keinen rechten Glauben mehr an die Möglichkeit und den Vortheil einer Wiederherstellung der seit Jahrhunderten schattenhaften Reichsrechte in Oberitalien. Hätte man ihn aber auch noch besessen, so würde das fest eingewurzelte Misstrauen gegen die Fähigkeit des regierenden Kaisers, die Dinge mit Bedacht und Ausdauer in die rechte Bahn zu lenken, doch einen freudigen und fruchtbaren Anschluss an seine Politik verwehrt haben. Man muss das beklagen und hat sicher gar keinen Anlass, den Reichsständen ihren Kaltsinn als Tugend anzurechnen. Aber man hüte sich doch auch recht, in ihrem [348] Thun und Lassen gegenüber diesem Herrscher, wie er nun einmal war, nur Mangel an Patriotismus zu sehen.

Auch in den habsburgischen Hauslanden bestand durchaus keine Begeisterung für diesen Krieg. Hier schreckte noch allzu frisch die Erfahrung, die man in dem eben, Anfang 1508, beendigten Kampf an so vielen Punkten der sechzig deutsche Meilen langen Grenzlinie[2] mit Venedig gemacht hatte. Auch jener Krieg war schon gegen den Wunsch der Einwohner der Erblande ausgebrochen; Max hatte ihn, allem Abrathen zum Trotz, gewollt. Er hatte seine getreuen Unterthanen gleichsam wider ihren Willen ins Wasser gestossen und zum Schwimmen genöthigt. Was Wunder, dass sie nun weniger eifrig darauf aus waren, schwimmend ein ihnen angewiesenes Ziel zu erreichen, als baldmöglichst irgendwie aufs Trockene zu kommen.

Es kann hier nicht erörtert werden, welche saure Mühe es sich im Winter 1508/9 die Agenten Maximilians hatten kosten lassen müssen, die Stände der österreichischen Erblande zu einigermassen befriedigenden Leistungen für die Kriegspolitik des Landesherrn heranzuziehen. Die Geschichte der Landtage und Ausschusslandtage weiss davon zu berichten. Nicht ohne recht unliebsame Zugeständnisse zu Gunsten der ständischen Selbstregierung war es dabei abgegangen[3]. Obendrein waren an die Bewilligungen auch in militärischer Beziehung allerhand lästige Bedingungen geknüpft worden. Auf dem Ausschusstag in Mürzzuschlag z. B. war die Verwendung des Aufgebots ausserhalb der provinziellen Grenze abgelehnt worden, während zugleich die Stände sich gegen das kaiserliche Verlangen erklärt hatten, auf ihre Kosten fremde (z. B. böhmische) Kriegsvölker in Sold zu nehmen[4]. Wir werden im Verlauf unserer Skizze den aus diesen Anschauungen und Stimmungen hervorgegangenen Verhältnissen unsere Aufmerksamkeit zu schenken haben.

Nach der fehlgeschlagenen Belagerung des starken Padua zog das deutsche Heer nordwärts ab. Ausser Roveredo und [349] einigen anderen Flecken im Norden des Gardasees blieb, da auch Vicenza wieder verloren wurde, nur Verona in kaiserlichen Händen. Damit war wenigstens der Pfad nach Italien, dessen Mangel Max in den verflossenen Jahren so häufig beklagt hatte, behauptet worden.

Die getreusten Anhänger des Hauses erklärten es für Ehrensache, dass Max in solcher Lage Italien nicht den Rücken kehre, dass er sich selber den Winter über in Verona[5] gleichsam auf die Bresche stelle. Der Kaiser wies solche Rathschläge von sich; er glaubte auf anderen Wegen seine Sache besser fördern zu können. Ihn stimmte der Fehlschlag, der andere nicht ohne Grund für den Rest seines Ansehens fürchten liess, nicht herab. Getrost ging er auf französische Vorschläge, die Verträge zu Cambray zur Schwächung Venedigs durch neue zu dessen Vernichtung zu ersetzen, ein. König Ludwig sollte den Oberbefehl führen[6] in diesem Entscheidungskampf. Trotzdem war, wie es nach misslungenen Coalitionsfeldzügen zu gehen pflegt, sein Verhältniss zu Frankreich durchaus nicht ungetrübt. Seinen Generallieutenant vor Padua Constantin Areniti schalten die Franzosen einen Verräther; Max musste sich nothgedrungen seiner Dienste entschlagen. Das alles hielt den Kaiser nicht in Italien zurück, ihn zog es mächtig nach Augsburg, wo er doch noch das Reich zu ausgiebiger Hilfe zu drängen gedachte[7].

Es frug sich, wie für seine Person Ersatz geschafft werden sollte. Die Bewohner der Erblande, die nach Maximilian’s eigenem Zeugniss längst zu murren begonnen hatten[8], würden noch unwillfähriger werden, wenn wieder, wie im Frühjahr 1508, der Landesherr sie sich selber und ihrem Schicksal überliess. Bisher waren die Streitkräfte zweigetheilt gewesen, in Venetien und in Istrien war gefochten worden. Hier handelte es sich um die 1508 verlorenen Hauslande, [350] dort um Ansprüche im Namen des Reichs. In Frankreich sprach sich etwas später[9] (doch vor dem Beginn des Sommerfeldzuges von 1510) König Ludwig in dem Sinne aus, dass der Kaiser wohl daran thun würde, seine Armee in Friaul aufzustellen und in Person zu commandiren, in Venetien dagegen lediglich durch die Besatzung von Verona im Anschluss an das französische Heer den Krieg führen zu lassen. Eifersucht und Befürchtung hinsichtlich der französischen Bundestreue konnten es freilich unräthlich erscheinen lassen, ihre Streitkräfte sich in dem kaiserlichen Antheil Venetiens zu sehr festsetzen zu lassen; andererseits gebot die Rücksicht auf die Stimmung in den Erblanden, sowie auf die Bedingungen der dort nur allzu ungern gemachten Bewilligungen, die Grenzen nicht zu entblössen und so nicht nur Triest, Görz und Istrien, sondern selbst Villach und Laibach der rachlustigen Kriegsführung der Venetianer auszusetzen.

Wie der Kaiser bei seinem Abzug aus Italien im Herbst 1509 dieser Doppelaufgabe gerecht zu werden suchte, ohne den Gedanken einheitlicher Action ganz aufzugeben, muss zunächst erzählt werden.

Bei seiner „italienischen“ Armee – gelegentlich taufte er sie wohl das Heer in Vorderlombardien[10] – hatte der Kaiser bis dahin selbst den Oberbefehl geführt. Den der „österreichischen“ Armee, welche Görz, Triest und die Verluste in Istrien wieder beibringen und daneben die Feinde in Friaul angreifen sollte, hatte Herzog Erich von Braunschweig. Um durch Friaul hindurch der italienischen Armee in Fenre oder Bassano die Hand zu reichen, hatte derselbe schon die Fuhrten der Livenza und Piave auskundschaften lassen; da er aber durch das feindliche Gebiet ohne die ihm in Aussicht gestellte Handreichung der Hauptarmee nicht durchdringen konnte, hatte er diesen Theil seiner Aufgabe nothgedrungen unausgeführt lassen müssen[11]. [351] Auf seine Truppen war daher, da der gegenüberstehende Feind sie nicht losliess, nicht zu rechnen bei der Aufgabe, nach dem Rückzug von Padua im October 1509 die Vertheidigung der freiwillig oder gezwungen dem Kaiser zugefallenen venetianischen Gebietstheile zu organisiren. Um es kurz zu sagen, war bei der Entmuthigung und Desorganisation des Heeres die Aufgabe unlösbar, die dem Banner von St. Marco leidenschaftlich ergebene Bevölkerung des platten Landes, sowie zahlreiche Städte und Flecken von mehr als schwankender Gesinnung in der Treue festzuhalten. Im Lauf weniger Wochen gingen dann, wie oben angedeutet, die leicht gemachten Eroberungen ebenso leicht wieder verloren. Max war über Vicenza und Verona nach Roveredo geeilt, ohne einen Stellvertreter zurückzulassen. Jede unmittelbare obere Leitung hörte auf. Jeder Führer, jeder Commandant handelte auf eigene Faust, wie es ihm den Umständen nach zweckmässig erschien.

Man ist wohl der Ansicht gewesen, dass Fürst Rudolf von Anhalt damals in die Stelle eines obersten Feldhauptmanns eingerückt sei. Doch scheint mir das nur eine durch Zeugnisse und Thatsachen widerlegbare Präsumption zu sein, aus der Rolle, welche im folgenden Jahre ihm zugefallen ist[12]. Rudolf, der von Jugend auf dem Kaiser handgreifliche Beweise uneigennütziger Anhänglichkeit gegeben und ihm noch im verflossenen Jahre als General im geldrischen Kriege wichtige Dienste geleistet hatte, nahm 1509, wenn nicht alles trügt, nur die Stellung eines Befehlshabers der deutschen Landsknechte, vielleicht sogar nur eines neben andern, ein[13]. Als solcher hatte er sich bei dem [352] Vormarsch und besonders bei der Belagerung Paduas durch Unerschrockenheit und Umsicht, wie auch von französischer Seite rühmend hervorgehoben wird, ausgezeichnet. Beim Rückzug fiel ihm die Deckung von Vicenza zu. Der Kaiser hatte die Stadt am 17. October passirt; als Gouverneur war jener wenig verlässliche Fracasso Sanseverino zurückgeblieben[14], der schon vor Padua durch ängstliche Rathschläge sich den Dank der Feinde verdient hatte. Dass er von Vicenza aus geheimes Einverständniss mit der Signorie suchte, ist durch ausdrückliche Zeugnisse ausser Zweifel[15]. Vielleicht haben wir in ihm die Persönlichkeit zu erkennen, vor der schon während der Belagerung von Padua der getreue Niclas von Firmian, damals noch Commandant von Vicenza, seinen kaiserlichen Herrn gewarnt hatte: die Venetianer wüssten alle Vorgänge im Heer durch eine Person, die viel um den Kaiser wäre[16].

Nicht weniger unzuverlässig waren die sieglosen Landsknechte, etwas über 4000 an der Zahl, die Rudolf nach und nach in die Stadt zu führen gewusst hatte. Es heisst, dass sie seit drei Monaten nur jeder einen Gulden Sold ausgezahlt erhalten hätten[17], wohl glaublich bei der Leere der kaiserlichen Cassen. Da die Einwohner, in der überwiegenden Mehrzahl sehnsüchtig nach Rückkehr der alten Herrschaft, durch die Anforderungen, die Anhalt an ihren Beutel machen musste, noch unwirscher wurden, ward beim Anmarsch eines venetianischen Heerestheiles die Lage der Kaiserlichen in der Stadt bald sehr unbehaglich. Dennoch wagten die Bürger nicht, die erwarteten Zeichen des Einverständnisses dem Feinde zu geben. Als jedoch der borgo de Pusterla überrumpelt worden war, fühlte durch das „unloyale“[18] Benehmen [353] der Massen und durch die Furcht vor Verrath der kaiserliche Führer sich bewogen, an Sicherung der ihm anvertrauten Truppen zu denken. Doch konnte er schon nicht mehr, wie er wollte. Anscheinend ohne sein Zuthun kam zwischen vicentinischen Abgesandten und den Venetianern ein Abkommen zu Stande, kraft dessen am 14. November die Eingeschlossenen mit Sack und Pack abziehen durften; doch nicht nach Verona, wie sie gemeint, sondern über Marostica nach Bassano. Anhalt’s würdige, feste Haltung bei dieser peinlichen Scene imponirte diesmal dem Feinde ebenso wie die Entschlossenheit, mit der beim Rückzug von Padua er die Artillerie gerettet, ihm die Bewunderung der Alliirten eingetragen hatte. Auch in Bassano war des Bleibens nicht für die Besiegten: sie gingen auf der Strasse über Valstagna bis Trient zurück. Hier blieb auch Anhalt, welcher noch im November in der Umgebung des Königs in Trient erwähnt wird und da wohl bis zum Jahresschluss verharrte[19].

Die Feinde drängten eifrig nach; kaum war aber das Auftreten Bewaffneter nöthig, um überall die Herstellung alter Verhältnisse herbeizuführen. Selbst die Feste Scala, sowie das Bergnest Covelo bei Primolano und damit die Möglichkeit, den Feind daheim, im Val Sugana, heimzusuchen, ward von den Venetianern gewonnen[20].

Die Leiter des französischen Heeres hatten die zur Deckung von Vicenza und Verona vom Kaiser empfohlene Einnahme von Legnano in dieser Jahreszeit für unmöglich erklärt. Ebenso hatte sich der Grandmaître dem Wunsch Maximilian’s versagt, mit gemeinsamen Kräften die Venetianer bei Vicenza anzugreifen[21]. Daher hatten nach dem Fall Vicenzas sich die venetianischen Proveditoren über St. Bonifacio Verona genähert in der Voraussetzung, [354] dass ohne sonderliche Anstrengung durch Erhebung der Einwohnerschaft die wichtige Stadt, die letzte, die der Kaiser in Italien behauptete, ihnen zufallen würde. Wie sich bald zeigte, waren sie zum Angriff auf das wichtige Bollwerk weder stark noch entschlossen genug.

Jene Erwartung liess sie im Stich. Wohl waren wie anderwärts die Gemüther der Veroneser in lebhafter Erregung. Aber wir wissen es aus venetianischem Mund, dass von den drei Parteien, in welche die Bevölkerung sich spaltete, der venetianischen, der deutschen und der französischen, die letztere die stärkste war[22].

Eine besonders verantwortungsreiche Aufgabe fiel unter solchen Umständen dem vom Kaiser zurückgelassenen Befehlshaber, dem wackern Georg von Neideck, Bischof von Trient, zu. Die Zahl der Truppen genügte nicht, um die zweifelhafte Bevölkerung angesichts eines etwaigen Angriffs mit stärkeren Kräften im Zaum zu halten; auch fehlte es von Anfang an an Geld, um die Soldaten bei guter Laune und strammer Disciplin zu erhalten. Max selber wusste seinen Getreuen nichts Besseres zu rathen, als den gefährlichen Schritt, (zur Befriedigung der Spanier bis zur Ankunft des ferrarischen Geldes) in Verona 20 000 Dukaten aufzunehmen[23]. Wenig später wird die Stärke der Besatzung angeschlagen auf 2000 kaiserliche Reiter und ebenso viele spanische, dazu 4000 deutsche Landsknechte[24], dann traten noch einige hundert französische Lanzen und spanische Infanterie hinzu. Unter solchen Verhältnissen handelte der Bischof wohl zweckmässig, wenn er die Stadtschlüssel den einheimischen Nobili vertrauensvoll überliess und sich darauf beschränkte, mit den deutschen Truppen die beherrschenden Befestigungen zu besetzen[25].

[355] Der Kaiser hatte damals, wie er behauptet[26], noch 4000 Mann im Val Sugana und ebensoviel in Friaul. Er war vollkommen ausser Stande, diese Truppen zu erhalten. Eine Leistung der Florentiner, Anleihen auf den Nachlass des verblichenen Cardinais von Brixen und Darlehen des getreuen Lichtenstein hielten seine Zahlungsfähigkeit in jenem Moment nothdürftig aufrecht. Zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse in Verona schoss der französische Grandmaître die Summe von 8000 écus vor, für die Valeggio ihm verpfändet werden musste[27].

Zu den deutschen Hauptleuten in Verona gehörten wohl von Anfang an Georg von Frundsberg und Franz von Colalto; erst 1510 erschien mit Verstärkung Rudolf von Anhalt[28].

So war der Kaiser Ende 1509 an Etsch und Alpen auf die Defensive angewiesen.

Noch wechselvoller als in der oberitalienischen Ebene gestalteten sich die Kriegsverhältnisse in den österreichischen Grenzländern an der Adria und am Karst. Hier war, wie oben erwähnt, zum obersten Hauptmann des „österreichischen“ Heeres (hervorgegangen aus der Bewilligung der Stände der beiden Erzherzogthümer, sowie Steiermarks, Kärnthens und Krains) der Herzog Erich von Braunschweig bestimmt; ein Kriegsmann, dem Kaiser durch treue Dienste und Opfer werth und den Landen selbst kein Fremdling mehr. Als im Frühjahre 1508 während des Venetianerkrieges in Friaul, Görz und Istrien es sich unmöglich zeigte, dem rasch und überlegen vordringenden Feind den Widerpart zu halten, da rief männiglich nach dem tapferen Herzog, der damals an der Spitze einer Heeresabtheilung zur Deckung des Pusterthales und zu Operationen auf das Thal von Cadore bestimmt war. Erich riss sich los, aber er fand nicht, wie er vorausgesetzt hatte, in Villach kriegsbereit das Aufgebot der niederösterreichischen Lande. So vermochte er nicht den feindlichen Eroberungen Halt zu gebieten, kaum war er im Stande, durch eine Flankenstellung [356] in Laibach das zumeist gefährdete Krain zu decken. Seiner ritterlichen Denkart, die manch’ verwandten Zug mit der seines kaiserlichen Gönners und Lehrherrn aufweist, entsprach diese Art der Kriegsführung keineswegs. Lebhaft und leicht aufbrausend mag er ein unbequemer Vorgesetzter gewesen sein, wie es denn (zur Erklärung des Verlaufs in Istrien) nicht verschwiegen werden darf, dass er bereits mit dem in Tirol ihm beigegebenen Kriegsrath Michel von Wolkenstein nicht sich vertragen konnte, und dass nur mit Zittern der kaiserliche Beamte, der ihm den Abschluss seiner damaligen Thätigkeit ankündigen sollte, zu dieser Mission sich auf den Weg machte[29]. Aber dabei war Erich ein hochgemuther Kriegsmann, der, wenn er andere nicht schonte, noch weniger an sich dachte und nur ohne Wanken der Ehre nachrang[30].

Aber er war nicht auf eine verwandte Gesinnung bei den Ständen der nächstbetheiligten Erblande gestossen. Da dachte jeder nur an sich, höchstens an die eigene Landesmark, aber durchaus nicht daran, dass doch Portenau, Görz, Triest und Mitterburg (Pisino) auch habsburgische Lande waren. Aus Steier hat damals (nicht ohne dass ein Theil der Schuld der am Hof üblichen Verschleppung der Geschäfte beigemessen werden müsste) nur Hans von Tschoppach eine winzige Schaar unter Erich’s Banner geführt. Die Kärthner wollten überhaupt keine Mannschaft ausser Landes lassen: in ihrer Angst sahen sie schon die streifenden Stradioten Venedigs über Monte-Croce oder über Canale und Flitsch im Lande selbst. In Krain machte Erich’s persönliches Erscheinen zwar den Adel willig, aber die Bauern hatten mangels wirklichen Kriegsvolkes keine Lust, sich todt schlagen zu lassen[31]. Es wird frommen, dieser Erfahrungen eingedenk zu sein bei dem Versuch, die Verhältnisse im nieder-österreichischen oder schlechtweg österreichischen Heer während der Liga von Cambray zu verstehen.

Es ist für unsere Zwecke nicht erforderlich, hier die Beschlüsse der Einzellandtage und Ausschüsse hinsichtlich der Kriegsrüstung [357] für 1509 nochmals scharf ins Auge zu fassen – die Beschränkung der Bewilligung auf kurze Zeit (vier Monate), so dass bei verschiedenen Antrittsterminen der Contingente die Steirer und Krainer Anfang September, die Oesterreicher und Kärnthner Anfang October abziehen durften[32], dabei die Clausel, dass vor dem persönlichen Eintreffen des Kaisers auf venetianischem Gebiet ein Eindringen der österreichischen Armee auf dasselbe nicht statthaft sein sollte, schränkte die Operationsfähigkeit hinsichtlich der Offensive auf ein Vierteljahr ein. Der oberste Hauptmann, Herzog Erich beklagt sich gegen Ende des Feldzuges, am 14. August, dass ihm 2500 Mann zu Fuss und etliche hundert zu Ross mehr, als gestellt, zugesagt gewesen seien. In demselben Bericht[33] schlägt er die Kosten der von den fünf Landen gestellten Rüstung auf über 300 000 Gulden an. Damit will doch nicht stimmen, dass er im Zusammenhang seiner beabsichtigten Operationen seine verfügbaren Streitkräfte auf nur 700 Pferde und 1500 Fussknechte berechnet. Bei einer viermonatlichen Feldzugsdauer könnten diese den Ständen nur auf wenig über ein Sechstel jener Summe zu stehen gekommen sein. Den Widerspruch, dass er in einem Brief vom 6. October seine Stärke noch viel niedriger schätzt, weiss ich vollends nicht mit Sicherheit zu erklären.

Als mit der Niederlage Venedigs am 14. Mai die unvergleichliche Gunst der Lage nicht nur die Wiedergewinnung aller Verluste des verflossenen Jahres, sondern auch eine leichte Offensive auf das Herz des gegnerischen Gebiets gestattete, war auch auf diesem Flügel der deutschen Aufstellung nichts fertig gewesen. Dennoch kehrten auch hier die Unterthanen rasch und grossentheils ohne Zwang unter das alte Scepter zurück. Wenn Venedig an einigen Punkten sich behaupten konnte, so lag das an dem Hader der Deutschen untereinander. Als der streitbare Bischof Christoph von Laibach in Gemeinschaft mit dem Landeshauptmann [358] von Krain die Steiermärker nach Görz beschied, um, wie er meinte, ohne Schwertstreich Friaul zu gewinnen, lehnte der Landeshauptmann Steiers, Hans v. Reichenburg, das mit dem Bemerken ab, er wolle nicht kommen, um jenem das Patriarchat mitzugewinnen[34].

Mittlerweile hatten sich die Venetianer aus der ersten Betäubung erholt und gingen keck und schonungslos auch hier wieder zum Angriff vor. Trotz aller Tapferkeit der Kaiserlichen, besonders des Grafen Christoph von Frangipan schlugen Görz und Istrien theilweise wieder um. Auch hier wiederholte sich das schon beobachtete Schauspiel, dass (dank einer auf Ueberraschung und Zufall gestellten Kriegsführung) dieselben Orte im wilden Kriegestanz aus einem Arm in den anderen und wieder zurück in den ersten geschleudert wurden.

Diese Lage fand Herzog Erich vor bei Uebernahme seines Commandos. Schlendrian und Unordnung in den Verbindungen mit dem kaiserlichen Hauptquartier, aus dem wochenlang auf tägliche Bestürmung (mit der Post sowohl als mittelst kühner Boten durch Feindesland) keine Antwort zu erhalten war; gegenseitiger Hader der Provinzen und ihrer Vertreter, Unfähigkeit und Unzuverässigkeit mancher Beamten hemmten sein Thun. Statt mit dem „Heer von Oesterreich“ der „italienischen Armee“, der kaiserlichen Idee gemäss, zur vereinten Offensive die Hand reichen zu können, stand er am 23. Juli noch am Isonzo und ist auch nicht wesentlich weiter westwärts vorgedrungen[35]. Wir sind gut genug unterrichtet, um sagen zu können, wie es gekommen ist, dass jene dem kühnen Degen hocherwünschte Idee des Aufmarsches durch feindliches Land nicht ausführbar war. Die Truppen, welche ihn beim Verlassen Friauls hätten aufnehmen müssen, die Landsknechte Anhalts und Welsers, hatten kein Lebenszeichen von sich gegeben, so dass er mit seinen geringen Streitkräften nicht voraussetzen konnte, durch die patriotisch erregte Bevölkerung, in der Flanke der feindlichen [359] Hauptaufstellung (Udine–Treviso–Padua) vorbeikommen zu können. Begreiflicherweise wünschten die provinziellen Autoritäten unter den Kriegsräthen am Karst, das innerösterreichische Landesaufgebot zu eigenem Schutz hübsch daheim zu behalten. „Ew. Maj. soll wahrlich glauben“ (schrieb Erich in jenem Bericht vom 14. August, dem wir dies wie das Folgende entnehmen) „wo die Finanzer und der Proviantmeister treulich und fleissig die Nothdurft des Feldes bedacht hätten, ich wollte Ew. Maj. mit Sieg zu Feltre oder Bassano gesucht haben.“ Der Grundschaden war, der Feldherr fand keinen rechten Gehorsam; wie er es in einem späteren Brief vom 6. October ausdrückt: „Es ziehen nicht alle gleich im Seile“[36]. Das hinderte die Befolgung der kaiserlichen Anweisung, war aber nicht minder ein schwerer Hemmschuh für alle Unternehmungen im Karstgebiet selber.

Aufs bitterste beklagte Erich sich am 14. August über die Selbstsucht der Krainer, besonders über den Bischof von Laibach, den Landeshauptmann Hans v. Auersberg, den Vitzthum Jörg von Eck, die zu Görz eine Art Nebenregiment aufgerichtet hätten. Die Schuld einzelner Verluste schrieb er geradezu der Besetzung wichtiger Posten mit ihren Verwandten und Creaturen zu. Eck sei unfähig Görz in rechte Verfassung zu setzen und sollte am besten nach Laibach in sein Amt zurück geschickt werden.

Dazu hätten die Krainer Landherren sich selbst und die Croaten, die beinahe wie in Feindesland hausten, sicher unter Dach und Fach gebracht und wohl versehen, während „Hunger, Mangel Proviants, Gebrechen an Geld und böse Versehung“ das Heer fast zur Selbstauflösung gebracht hätten. Ueber 1000 Mann seien aus Hunger abgezogen, welche in 13 Tagen kein Brod gesehen, 300 Pferde gefallen, 500 krank. Ebenso seien viele Kriegsleute krank, weil sie, Hoch wie Niedrig, kein Brod und nur wenig Wein gehabt und von unreifem Obst und trübem Wasser hätten leben müssen. Gar mancher sei vor Hunger vom Pferd gefallen und gestorben[37]. Wenn der Kaiser die Sachen nicht [360] anders hätte versehen wollen, hätte er den Herzog und so viele fromme Ritter und Knechte, den Kern aus seinen Landen, wohl verschonen mögen.

Von 30 000 Gulden, die ihm beim Vitzthum von Krain angewiesen, habe er nichts erhalten: keinen Pfennig für Kundschafter, kein Pferd vor eine Schlange. Der Bischof von Laibach als Proviantmeister habe seine Zusage nicht gehalten. Es gehe das Gerücht, er habe verboten, Proviant und Futter zuzuführen, deren doch in Cilli, Laibach und Oberlaibach mehrere tausend Star lägen. Wenigstens seien davon dem Feld in vier Wochen nur 9 Saumladungen zugeführt, den Krainern dagegen in sechs Tagen über 100 Säume. Auch seien alle Preise zu hoch angesetzt für das Kriegsvolk. Die Stimmung der unter freiem Himmel ohne Futter und Nothdurft lagernden Ritter und Knechte gegen die in „wohlgespeisten Häusern“[38] liegenden Krainer und Croaten sammt dem Bischof sei so erbittert, dass nur seine Dazwischenkunft etliche Male böse Händel verhütet habe.

Der Bischof von Laibach, dem von der Anklage etwas zu Ohren gekommen, parirte den erhobenen Vorwurf, dass mangelhafte Proviantzufuhr die Auflösung des Heeres verschuldet, mit der Behauptung, dass überflüssige Mengen an Wein, Getreide, Fleisch und Futter vorhanden und nachgewiesen gewesen wären, nämlich in Feindesland. Dem Landeshauptmann von Steier, Hans v. Reichenburg, und seinem Einfluss auf den Herzog mass er die Schuld bei, dass nie derselbe in Beschlag genommen worden. Er erhob gegen den Steiermärker laut die Klage, dass er des Kaisers Nutzen seinem Privathass gegen ihn, den Bischof, nachgestellt[39].

Mit solchen Truppen, solchen Officieren, waren freilich keine grossen Lorbeeren zu pflücken. An dem an sich nicht unberechtigten Bestreben der Krainer, zunächst die 1508 verlorenen Vorwerke ihres eigenen Landes zu sichern, fanden die offensiven [361] Gedanken des Kaisers und seines obersten Hauptmanns nicht nur diesmal eine unüberwindliche Schranke. Ein weiteres Hemmniss hatte sich nach Erich’s Anschauung Max selber geschaffen, indem er die entgegenkommende Stimmung der Friauler durch unzeitgemässe Beschlagnahme von Gütern zu Gunsten dritter Personen ins Gegentheil verwandelt hätte[40].

Dass endlich den Herzog Erich auch ein Theil der Schuld trifft, ist wahrscheinlich. Er scheint es verschmäht zu haben, seinen Befehlen durch persönliche Verständigung mit Häuptern des Adels eine sicherere Grundlage und willigeren Gehorsam zu verschaffen[41]. Die Zurückhaltung der Edelleute wirkte auf die Willfährigkeit der Bauern. Die aus Krain waren ohnedies wüthend, dass man sie dreimal im Jahre 1509 ohne Reisige auf die Schlachtbank geführt. Nicht nur liessen sie einmal vor Triest ihren Führer im Stich, sondern sie hätten ihn auch beinahe todt geschlagen. Es mag die Erbitterung gesteigert haben, dass der Herzog den aufgebotenen Bauern nicht „Lieferung“ dem Herkommen nach gethan, wodurch es auch unmöglich wurde, die armen Leute über fünf oder sechs Tage zusammen zu halten[42], da sie ihr Brod doch nur für einige Tage auf dem Rücken mitschleppen konnten.

So vermochte noch im October mit nicht 1000 Mann wirklicher Truppen der Herzog nicht mehr als ein paar Schlösser am Karst zu erobern. Mittlerweile hatten die Venetianer unter Benutzung ihres Uebergewichts zur See Fiume überfallen und in eine Einöde verwandelt, hielten von Muggia aus Triest, wo die Bürgerschaft nicht sonderlich treugesinnt, in unaufhörlicher Beunruhigung und machten sogar Miene, durch Wiedereroberung von Cormons Görz zu bedrohen.

[362] Herzog Erich drang in den Kaiser Mittel zu schaffen: „Jch weyss mich nyt lenger zu enthalten, dan alleyn meynen leyb, der soll dar bleyben so lange er wert.“

Wenig hoffnungsreich endete so das Kriegsjahr. Durfte man von dem kommenden günstigere Resultate voraussetzen?

Inwiefern die allgemeinen Verhältnisse der Mächte von 1509 auf 1510 eine Verschiebung erlitten, ist schon Eingangs theilweise angedeutet worden. Hier ist weiter in Erinnerung zu bringen, wie Papst Julius mehr und mehr sich Venedig näherte, wie sein Vorgang auch bedeutsam wurde für Spanien. – Der Krieg von 1510 war daher wesentlich ein solcher des Kaisers und Frankreichs gegen Venedig, welches bald den Papst und selbst die von ihm gewonnenen Schweizer als Bundesgenossen ansehen durfte. Maximilian, dem der Reichstag in Augsburg zwar eine kleine Hilfe bewilligt hatte, war nichtsdestoweniger ganz auf Frankreichs guten Willen angewiesen. Seine Stellung an der Etsch, besonders in Verona, hätte er ohne die Unterstützung Ludwig’s XII. gar nicht zu behaupten vermocht. Längst lagen zum Schutz der wichtigen Stadt neben einigem Fussvolk auch ein paar hundert französische Lanzen innerhalb ihrer Mauern. Aber auch das deutsche Kriegsvolk wurde in gewissem Sinne von Frankreich unterhalten. Von Februar bis Mai 1510 schossen die Franzosen zur Besoldung der Kaiserlichen erst 18 000, dann noch 32 000 Dukaten vor: erstere gegen Einräumung der Citadelle von Verona, letztere, für die ursprünglich das Castel-vecchio daselbst gefordert, schliesslich ohne dasselbe[43]. Aber im Juni war dann wieder Ebbe in den kaiserlichen Kassen. Max wünschte abermals 50 000 Dukaten vorgestreckt zu haben, für welche er alle gemeinsam zu machenden Eroberungen (auch Padua) verpfänden wollte. Aber Ludwig XII. bestand auf der Einräumung des Castel-vecchio und ganz Veronas bis zur Bezahlung des Darlehens. Da der Kaiser, gewarnt durch Ferdinand den Katholischen, dem hartnäckig seine Genehmigung versagte, [363] beschloss Ludwig nur den laufenden Monat (Juli) seine Truppen noch in Verbindung mit den kaiserlichen zum Besten der Ansprüche Maximilian’s operiren zu lassen[44].

Trotzdem waren diese französischen Darlehen nur ein Tropfen Wasser auf einen heissen Stein. Sie halfen höchstens über augenblickliche Verlegenheiten hinweg. Dringend bat Rudolf von Anhalt, den Max am 7. April 1510 zum obersten Hauptmann seiner Armee in Italien ernannt hatte[45], den Herzog von Braunschweig, bei der beabsichtigten Vereinigung beider kaiserliche Kriegsvölker, die nicht bezahlt wären, dahinten zu lassen und ihn damit nicht zu beladen; denn er wisse mit seinem eigenen Kriegsvolk der Bezahlung wegen nicht woraus[46].

Man muss verzichten zu bestimmen, wie stark die Feldarmee Anhalt’s war – abgerechnet die Besatzung von Verona. Am richtigsten dürfte die Reiterei auf 3000 Pferde, einschliesslich der französischen Lanzen, festzustellen sein. Das Fussvolk betrug nach kaiserlicher Mittheilung an Frankreich 7000; nach Guicciardini nur 3000 Mann[47]. Jedenfalls war, ohne kräftigen Beistand des französischen Grandmaître, Anhalt zu keinen grösseren Unternehmungen im Stande.

Von vornherein hatte ihm auch seine Vollmacht gemeinschaftliches Handeln mit den Franzosen zur Pflicht gemacht.

Erst spät im Jahre, im Mai, erhoben sich die Verbündeten, um gemeinsam den Venetianern zu entreissen, was des Kaisers sein sollte. Aber wenig entsprach die Action dem eingefleischten Verlangen desselben, den gehassten und verachteten Feind aus der Reihe der Lebendigen zu stossen.

Nachdem Vicenza wieder eingenommen und, dank der Vermittlung der Franzosen, eine verhältnissmässig gelinde Bestrafung [364] für sein Verhalten im verflossenen Jahre erfahren hatte, haben die Franzosen Legnano, wichtig als Stützpunkt für Verona, erobert und Namens des Kaisers besetzt. Dann vereinten sich die Heerestheile aufs neue und überschritten, Padua rechts liegen lassend, den Bacchiglione, so dass das französische Heer bis zur Brenta vordrang. Hier nahm es Stellung, um Anhalt zu decken vor einem Angriff von Padua her. Dieser aber machte sich an die Unterwerfung des nördlich von Vicenza gelegenen Gebiets. Citadella, Bassano, Marostica fielen in seine Hände. Es gelang ihm auch der verlassenen Bergnester Scala (Leiter) und Covelo bei Primolano sich zu bemächtigen, und dadurch für den Kaiser, dessen persönliches Erscheinen immer noch erwartet wurde, den Weg zu öffnen.

All’ das geschah unter zahlreichen Hinderungen und Reibungen, da der Grandmaître Chaumont anderen Gesichtspunkten öfters folgte als seine Verbündeten. Nachdem schon im Juni seine Unlust, für Max die Kastanien aus dem Feuer zu holen, hervorgetreten war, musste der Kaiser mit dem Umstand rechnen, dass bloss noch für den Juli das französische Heer als Ganzes ihm zur Verfügung stehen würde. –

Auch bei der „österreichischen“ Armee[48] war es durchaus nicht besser bestellt, als bei der in Italien. Noch immer war da Schmalhans der Säckelmeister. Ihr oberster Hauptmann, der Herzog von Braunschweig, welcher schon vorher bei einem Frankfurter Juden seine Juwelen hatte versetzen müssen, sah sich genöthigt, was er noch an Silberzeug und seine Frau an Schmuck besass, in Görz zu verpfänden, um die ungestümsten Forderungen der Knechte zu befriedigen. Dennoch hatte er sich ihnen mit Leib und Gut für Zahlung der Soldreste verbürgen müssen[49]. Zur Kriegsführung waren ihm vorläufig, bis die Ausschüsse der Stände der niederösterreichischen Lande in Augsburg mit dem Kaiser sich geeinigt, 28 000 Gulden angewiesen, nämlich aus den [365] Aemtern 4000; französisches Gold 8000; Urbarsteuer 16,000[50]. Davon war bis in den April nichts eingegangen. Da die urbarsteuerpflichtigen armen Leute auch Proviantfuhren thun sollten und bald bei dringender Gefahr auch zur Landwehr aufgeboten wurden, waren sie, nach kundigem Urtheil[51], völlig ausser Stand zu jener Leistung. Die Stände Steiermarks, Kärnthens und Krains strengten sich, wenigstens Erich gegenüber, durchaus nicht sonderlich an. Der Opfermuth Einzelner, wie der Brüder von Herberstein aus Steier, und die wenig zuverlässige Hilfe der nur durch Strenge zusammengetriebenen Bauernhaufen aus Krain konnten daran nichts ändern. Daher sah Erich sich zu einem eigenthümlichen Mittel veranlasst, um Geld flüssig zu machen und seine schwachen Streitkräfte für ein paar Monate zu erhöhen.

Um alle Umtriebe mit den Venetianern unmöglich zu machen, war längst jeder Verkehr mit welschen Landen für Kriegsdauer in Kärnthen und Krain untersagt. Bei häufiger Zuwiderhandlung war am 4. März ein neuer Befehl des Kaisers ergangen, wonach ohne seine eigenhändige Erlaubniss bei Strafe der Beschlagnahme weder Häute noch andere Güter in welsche Lande sollten aus- oder eingeführt werden dürfen[52].

Der bedrängte Herzog (der bereits die Rücksicht auf die Privilegien Steiermarks hatte ausser Acht lassen müssen, insofern zur Ernährung der Truppen in den ausgesogenen Gegenden die ungarische Getreideeinfuhr unentbehrlich schien)[53], hatte sich entschlossen, Ausnahmen von der Befolgung jenes kaiserlichen Strafbefehls zu gestatten. So ward z. B. in seinem Auftrag durch Jörg von Thurn mit etlichen Kaufleuten aus Laibach abgemacht, dass ihnen, gegen Stellung von 100 Husaren auf einen Monat, gestattet sein sollte, 500 Säume Häute sammt etwas Eisen und Nägel in die römische Mark und nach Spanisch-Apulien zu verladen und entsprechende Rückfracht einzuführen[54].

[366] Und bei diesen durch die ganze Anlage des Krieges verschuldeten Nöthen fand der Herzog, wie er auch jetzt klagte, nur wenig Gehorsam im Lande; auch nur wenig Leute, die Kaiserl. Maj. Sachen sich zu Herzen nähmen[55]. Zu letzteren gehörte nach seiner Meinung zweifelsohne nicht der Krainer Hans von Auersperg, der ihn selber in Augsburg beim Kaiser als Heerverderber angeschwärzt hatte. Der Herzog meinte, er wundere sich darüber nicht, denn wer selber nicht rein, wünsche, dass Jedermann befleckt sei. Die Intrigue in Augsburg wirkte natürlich schädlich zurück auf das ferne Grenzland, und es bedürfte gar nicht der Kunde von den blutigen Händeln zwischen beider Herren Dienern, ausgebrochen beim abendlichen Schoppen zu Laibach, um uns zu lehren, wohin die Dinge zu laufen drohten[56].

Erich verstand es doch, seine Autorität zu bewahren. Umgeben von überlegenen und regsamen Feinden, schlecht unterstützt von den Grossen im Land, bald aus Triest, bald aus Görz, bald aus Cormons, bald aus Pisino erschreckt durch die üble Zeitung vom Abfall meuterischer Knechte, denen selbst seine Person nicht heilig war, fand er in seiner Kraft und seinem Eifer die beste Stütze[57]. Seine Gemahlin Katharina theilte mit ihm die Beschwerden des Krieges. In Görz achtete sie sorgsamst auf alle Vorgänge, erliess, wenn es sein musste, Aufgebote Namens des abwesenden Gemahls, vermittelte den Briefwechsel mit dem Kaiser und hielt den Gatten, den die Thätigkeit der Feinde und die unzureichende Menge seiner Streitkräfte zwang, bald [367] dahin bald dorthin zu eilen, auf dem Laufenden[58]. Freilich konnte er seine besten Gedanken nicht ausführen. Der richtige Plan, das unentbehrliche und doch neben anderem durch den Wankelmuth seiner Bürger gefährdete Triest zu fesseln durch Einnahme Muggias, scheiterte an dem Mangel hinreichender Bedeckung für den Transport des Geschütztes aus Görz[59]. Aber er durfte doch erhobenen Hauptes alle Anschuldigungen abwehren in einem interessanten Bericht an den Kaiser. Vor Cividale hatte er den Feind nach Friaul zurückgeschlagen, dann in Istrien Pisino gerettet, Muggia zwar nicht nehmen können, weil bei dem Sturm 700 Bauern fortgelaufen, aber dafür vom Triest aus dem Feind 1500 Haupt Vieh weggetrieben. Der Nothschrei seiner Frau rief ihn nach Görz zurück, da die Venetianer stark zwischen Udine und Cividale aufs neue sich sammelten, in Görz ein Theil der Knechte zum Feind abgefallen war, und derselbe Wippelsbach (Vipulzano) genommen hatte. Erich warf ihn zurück und nahm das Schloss wieder. Kaum dieser Sorge ledig, musste er sich aufs neue auf Belagerungen einrichten. Mit Verlust von nur 50 Mann hatte er, wie er sich rühmte, 600 Feinde erlegt. Der Kaiser fand sich veranlasst, die letztere Notiz seiner Tochter wieder zu erzählen. Noch dachte er damals selber auf dem Kriegsschauplatz dem Feinde eine derbere Lection zu geben: „denn es genügt nicht, sie zu Hunderten todt zu schlagen, man muss das zu Tausenden besorgen“[60].

Dazu hätte er freilich andere Streitkräfte bedurft, als sie in Istrien und Friaul auch nach diesen Vorspielen vereinigt wurden. Die ganze Armee des Herzogs war noch im August nicht stärker als 4000 Mann, davon 2000 zu Pferde: die eine Hälfte im Sold des Kaisers, die andere in dem der 5 Lande[61]. [368] Zu erzählen, was nun auf diesem östlichsten Theil des Kriegstheaters weiter geschah, hätte kein allgemeines Interesse. Bald Vorstoss von der einen Seite, Wegnahme und Verwüstung von Städten und Ortschaften, Plünderung und Misshandlung der Bevölkerung, Wegtreibung des Viehs und Vernichtung der Saaten und Reben[62]; dann Gegenstoss seitens des Feindes, Rückprall des bisherigen Siegers, Zerstreuung der Mehrzahl seiner Streitkräfte aus Missmuth oder Mangel: so im ewigen Einerlei wiederholen sich die Vorgänge dieses kleinen Kriegs, ohne – was das Trostloseste ist – auf den Gang der Dinge einen wesentlichen Einfluss auszuüben. Wie von einem intermittirenden Fieber wurden die unglücklichen Einwohner von Istrien und Ost-Friaul geschüttelt. Welche Partei sich auch schliesslich hier behaupten mochte, ausserhalb der Festungsmauern konnte sie nur eine Wüstenei vorfinden. – Der Kaiser selbst legte anscheinend in jenem Sommer 1510 auf die Resultate dieses Grenzkrieges nicht den hauptsächlichsten Nachdruck. Die Herstellung der Besitzrechte Habsburgs an der Adria hoffte er indirect von einem Hauptschlag innerhalb der terra ferma. Es war sein Plan, eine Vereinigung des „italienischen“ und „österreichischen“ Heeres auf italienischem Boden zu bewirken. Ersteres sollte dabei, gedeckt durch die französische Armee, dem letzteren die Hand reichen, so dass dasselbe ungefährdet am Feind vorbei kommen könnte. Auf der Grundidee bestand er: für die Ausführung gab er nur Rathschläge, nicht Befehle[63].

In der Voraussetzung, dass die französische Heerleitung nach dem erwarteten Fall des Schlosses von Legnano darauf bestehen würde, einen Angriff auf Monselice (südwestlich von Padua) auszuführen, schlug der Kaiser vor, nach der Einnahme jenes Ortes Padua in der Richtung nach Bovolenta und Stra (an der Brenta) zu umgehen und von der Verbindung mit Venedig [369] abzuschneiden. Von da bis Noale (in der Mitte zwischen Padua und Treviso) vorrückend, sollte der französische Grandmaître Chaumont hier Posto fassen (um die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich zu ziehen), bis Anhalt nach Einnahme der Berglandschaft (nördlich von Vicenza) nach Sacile[64] vorrücken könnte, um dem aus Friaul herankommenden Heere des Kaisers den Weg zu öffnen. Die Franzosen könnten mittlerweile (bis zur Vereinigung der Heere) Padua oder Treviso angreifen.

Ehe diese Anweisung von Einfluss werden konnte, ward der Kaiser vergewissert, dass, auf Andringen Anhalts und seiner Kriegsräthe, Chaumont den Marsch nach Monselice aufgegeben und statt dessen sich zur Unterstützung des deutschen Angriffs auf Citadella entschlossen hätte. Max beeilte sich seinem Stellvertreter zu versichern, dass er diese Absicht durchaus, mehr als den Zug auf Monselice, gut heisse[65]. Es ist von Interesse seine Gesichtspunkte auch dieser Wendung gegenüber zu studiren.

Da ihm die Nachricht zugekommen, dass der Feind das Feld räume und sich auf stärkere Besetzung seiner festen Plätze beschränke, wies er Anhalt an, wenn irgend angängig, die Franzosen bis zur Ausrichtung des Krieges an seiner Seite festzuhalten. Dem Grandmaître war für diesen Fall die Stellung des obersten Feldhauptmanns über beide kaiserliche Heere zugedacht; ja falls er mit Zurücklassung einer Abtheilung abzöge, sollte sogar seinem Vertreter diese Ehre, um die Franzosen bei gutem Willen zu erhalten, zu Theil werden.

Auf alle Fälle sei der Grandmaître zu bewegen, wenigstens bis an die Livenza mitzuziehen, und Sacile[66] zu erobern. Bleibe derselbe länger, so möge er von Noale aus gegen das Herz der Feinde vorgehen, während Anhalt mit einem französischen Zusatz [370] Friaul einnehmen und das österreichische Heer zu sich bringen sollte. Wolle Chaumont aber nicht ausharren, so müsse er zur Zurücklassung von 500 Lanzen und 2000 zu Fuss bestimmt werden.

Für die Einnahme Friauls wird nun folgende Weisung ertheilt: Nach Eroberung und Besetzung Saciles sei ebenso mit Peuschlsdorf (Venzone am Tagliamento) zu verfahren, um die Clausen zu öffnen und dadurch die Zufuhr des in Kärnthen aufgespeicherten Proviants für das Heer zu ermöglichen. Andere Städte, wie Udine, seien nur der Mauern zu berauben und zur Contribution heranzuziehen, Cividale und Grradisca nur, wenn ohne Mühe einnehmbar, zu berücksichtigen. Denn es hiesse Zeit und Geld verlieren, wenn man sich in Belagerung der festen Plätze einliesse, in welche die Venetianer ihre Feldarmee vertheilt hätten. Man solle sich begnügen, ausserhalb jener die Gebirge und Uebergänge einzunehmen und aus den unbefestigten Orten „Frucht und Nutz“ zur Erhaltung des Heeres herbeizuschaffen. Dadurch würde man auf die Dauer die feindlichen Festungen aushungern. Zu Zufuhr und Nachschub würde man nach Ausführung dieses Plans beherrschen mittelst Görz den Isonzo, durch Peuschlsdorf (Venzone) den Tagliamento, durch Sacile die Livenza, durch Belluno u. s. w. die Piave, durch Bassano u. s. w. die Brenta und endlich durch Vicenza den Bacchiglione.

Nach Sicherung Friauls solle das Heer von Noale aus systematisch dem Feind Mittel zu seiner Unterhaltung entziehen[67]. Das werde eher als Belagerung einzelner Plätze dessen Niederwerfung zur Folge haben.

Eine weitere Ausführung zeigen obige Gedanken in einer Instruction vom 29. Juni, durch die Erich von Braunschweig zur Vereinigung mit Anhalt angewiesen wird[68]: Eine besondere Chiffre wird ihm dazu zur Verfügung gestellt und zugleich anempfohlen, durch geheime Unterhandlung die Unterwerfung Friauls vorzubereiten. Erich erhielt Vollmacht, die von den [371] Venetianern erhobenen Aufschläge um ein Drittel herabzusetzen, gute Justiz zum Schutz der theilweise zu entwaffnenden Einwohner sofort nach der Besetzung einzurichten und die Städte, besonders die mit Gewalt eingenommenen, der Mauern zu berauben.

Schliesslich ward Braunschweig ermächtigt, falls er, trotz aller Mühe, den Pass durch Friaul nicht öffnen könne, nach starker Besatzung von Görz durch die Flitscher Clause (also durch Kärnthen) nach Lienz und von da durchs Pusterthal zur Vereinigung abzumarschiren[69].

Aber es kam alles ganz anders, als der kaiserliche Strateg vorausgesetzt. Von Bassano musste Anhalt mit Chaumont zurück nach Vicenza, weil die Franzosen es doch für unerlässlich erachteten, Monselice zu erobern, angeblich weil von da aus so grosser Schaden am Proviant angerichtet würde[70]. Anhalt ist nicht mehr viel aus dem Vicentinischen herausgekommen. Den ganzen Juli und die erste Hälfte des August suchte er die wenig willfährigen Führer der Verbündeten zu bestimmen, ihm in der einen oder anderen Weise das Ueberschreiten der Livenza zu ermöglichen. Bald glaubte er dem in Görz gespannt harrenden Kameraden seinen Abmarsch fest ankündigen zu dürfen, bald traten neue Schwankungen ein[71].

Anfangs wollte man dem beargwöhnten Kaiser keine weiteren Opfer bringen, dann, als unter bedrohlichen Aspecten der Weltlage seit Ende Juli ein engerer Zusammenschluss Ludwig’s und Maximilian’s sich anbahnte, zwang der Angriff des Papstes auf den Herzog von Ferrara, die Bedrohung Mailands durch die von demselben gewonnenen Schweizer die französische Heeresleitung an die Sicherung des eigenen Besitzes zu denken. Mochte selbst „beim Hals“ der König von Frankreich seinem Generalissimus [372] gebieten, mit dem ganzen Volk beim kaiserlichen Heer zu verharren[72], so vermochte doch selbst ein anscheinend so scharfer Befehl nicht, die auf Grund der eigenen Verantwortlichkeit getroffene Entschliessung des Grandmaître zu corrigiren.

Obwohl Anhalt wieder am 6. August bestimmt darauf rechnete, demnächst an der Livenza einzutreffen, hat er diese Absicht doch auch in der Folge nicht auszuführen vermocht, sondern stand am 26. August in Soave auf dem Rückzug nach Verona, welches um jeden Preis gerettet werden musste.

Die Aufgabe des Herzogs von Braunschweig war während dieser Zeit unerquicklich durch Ungewissheit über seine Bestimmung, unbefriedigend durch den nur zu begründeten Zweifel, ob er in der Lage sein würde, derselben in befohlener Form nachzuleben. Die Ebbe seiner Kriegskasse war immer bedenklicher geworden, täglich gab es wegen Mangels der Bezahlung Ueberläufer, täglich wurden selbst die Hauptleute, die ihre Mannschaft nicht mehr zusammenzuhalten wussten, schwieriger. Die Zeit des steirischen und kärnthnischen Aufgebots näherte sich der Ablaufsfrist; die Landtage, die auf kaiserlichen Wunsch eine Verlängerung beschliessen sollten, waren noch gar nicht versammelt. Nur 5000 Gulden waren dem Feldherrn zur Mobilisirung seiner Truppen zugestellt worden, diese, sowie 4000 Dukaten, bestimmt zur Anwerbung croatischer Husaren (auf deren Leistungsfähigkeit Max grosses Zutrauen setzte) hatten zur Deckung allerdringlichster Ausgaben verwendet werden müssen. 21 000 Gulden galten als mindestens noch erforderlich, um das „österreichische“ Heer nach irgend einer Richtung in Bewegung setzen zu können.

Am 6. August erst hatte, durch Unpünktlichkeit der Postboten, Erich ein Schreiben Anhalt’s vom 30. Juli erhalten, das nur den Marsch durchs Pusterthal offen liess. Ein Kriegsrath beschloss über Villach nach Toblach mit den, die Besatzungen abgerechnet, verfügbaren Truppen aufzubrechen. Erich musste, um die unzufriedenen Krieger in Bewegung zu bringen, ihnen in Toblach Bezahlung versprechen. Zwar hatte er dringendst den Kaiser um Geld ersucht, wusste aber nicht, wie es damit [373] stehen würde. Ein paar hundert Gulden hatte er entliehen auf Schloss Görz, tausend schoss ohne Zinsen Georg v. Herberstein gegen eine seiner Frau günstige Aussicht vor. Am 11. August meldete Erich sich reisefertig; er wollte den Truppen voraneilend den Kaiser aufsuchen, um mit demselben endgültig über Beseitigung verschiedener Mängel zu verhandeln. Die zurückbleibende Besatzung der Orte Görz, Cormons, Tolmein, Triest, Duino, Mitterburg, Adlersberg und dreier kleinerer bestand – abgesehen vom Aufgebot – aus 949 Soldböhmen und 6 deutschen Knechten, dazu 452 Reitern. Was hatte bewogen werden können, mit Erich nach Tirol aufzubrechen, waren, nach dem erhaltenen Etat, 1242 Pferde, darunter die Croaten, nebst dem steirischen und kärthnerischen Aufgebot, sowie 949 deutsche Fussknechte, also wenig über 2000 Mann. Der Herzog meldete jedoch, dass auch von diesen in Toblach wenige bleiben oder gar weiter marschiren würden, wenn kein Geld käme.

Am 14. August war dies kleine Heer bis Tarvis am Canale in Kärnthen vorgerückt, als Erich Briefe Anhalt’s aus der vorangegangenen Woche erhielt, die wieder eine Handreichung an der Livenza in Aussicht stellten. Auch abgesehen von der Zweifelhaftigkeit der Sache (Anhalt hatte am 9. August dem Kaiser ausgesprochen, er sei bei diesem Vorgehen bei dem wankelmüthigen Gemüth der Franzosen des göttlichen Segens sehr bedürftig) war ein Herumwerfen der Colonnen unmöglich, einmal des Proviants halber, dann weil Toblach als verheissener Zahlungsplatz für die Soldaten eine zu grosse Anziehungskraft hatte. Erich entschloss sich daher zu der Auskunft, auf Bescheid des Kaisers zu warten. Dieser drang freilich, indem er sich den Besuch des Braunschweigers verbat, auf schleunige Verbindung mit Anhalt; aber kostbare Zeit war inzwischen verloren gegangen. Erich, der in Brunecken eine Zusammenkunft mit Paul v. Lichtenstein gehabt, war nämlich wieder nach Villach zurückgeeilt. Wohl trieb ihn die Sorge um seine erkrankte Gemahlin, die man in jenen Tagen schon mit den Sterbesacramenten versehen hatte, hauptsächlich aber der Landtag und die leidige Geldnoth. Mittlerweile war es im Pusterthal zu fast offenem Zerwürfniss zwischen der Civil- und Militärgewalt gekommen. Nicht genug, dass die verwilderten Schaaren Braunschweig’s ansteckende Krankheiten ins Land eingeschleppt haben sollten, ward ihnen, die unbezahlt [374] und darbend, vorgeworfen, dass sie sich an der Habe der unglücklichen Bauern vergriffen hätten. Besonders die Croaten waren arge Räuber von Fleisch, Brod, Heu und Streu, unter dem falschen Vorgeben, Erich habe ihnen das gestattet. Die Stimmung der Bedrängten liess blutige Vergeltung befürchten. Der vorsichtige Lichtenstein tadelte scharf, dass Erich seinem Volk von Lienz bis Toblach Stelldichein gegeben habe, da doch der Kaiser des Volks nicht im Land, sondern gegen den Feind benöthigt sei. Sehr wahre Worte, aber was konnte der durch kaiserlichen Befehl auf diese Bahn gewiesene unglückliche General dafür, dass sein hungerndes Kriegsvolk Selbsthilfe übte, ja endlich, da keine Abhilfe eintrat, aufbrach und den Kriegsschauplatz verliess. Hatte er doch dies Ende seit Langem vorausgesagt; er konnte es nicht mehr wenden, als er jetzt aus der Nähe von St. Veit, vom Krankenlager seiner Gemahlin weg, herbeieilte. Am 2. September war er in Sillian, um zu retten, was noch zu retten war. Die croatischen Husaren sowie das steirische und kärnthnische Aufgebot, also fast seine gesammte Reiterei, hatte er abziehen sehen müssen, als er mit einem Theil seines Fussvolks und seinem militärischen Staat, etwa 50 Pferden, am 5. September in Brisen einritt. Nur die einspännigen Knechte des Kaisers und einige Stradioten hatten, unter Lichtensteins Vermittlung, den Weg nach Verona eingeschlagen.

Dadurch waren von selbst die weitergehenden Pläne des Kaisers durchschnitten, der jetzt noch gern durch Anhalt und Braunschweig Conegliano erobert und als Stützpunkt gegen Treviso verwendet gesehen hätte. Ja, noch als das wachsende Uebergewicht des Feindes Anhalt zwang, sich auf Verona zurückzuziehen, hatte Max am 25. August vorgeschlagen, die Vertheidigung zu leiten mit allen deutschen Reisigen, allen Spaniern unter dem Herzog von Termola und der Hälfte der deutschen Landsknechte, aber die andere Hälfte derselben und alle burgundischen und lombardischen Mannschaften sammt Erich’s Heerestheil dem letzteren zu unterstellen. Mit diesem Corps sollte Erich gegen die Päpstlichen unter französischer Fahne und in französischer Besoldung fechten. All’ das zur Erleichterung der Kosten für die kaiserliche Kasse[73].

[375] Aber der Abmarsch der Croaten und der steirischen und kärnthnischen Reisigen enthob den tapferen Welfen dieser Rolle. So blieb auch dieser „Anschlag“ wie die vorangegangenen, eine Seifenblase. Umsonst mahnte Max seinen obersten Hauptmann in Italien, nicht zu feiern, sondern wenigstens durch eine „Streife“ auf Padua, dem Feind Abbruch zu thun. Anhalt empfing das Gesetz des Krieges bereits vom Gegner. Bald sah sich die kleine, tapfere Schaar der Kaiserlichen in Verona eng umschlossen. Max selber war eben über den Arlberg der schweizerischen Grenze zugezogen[74], in der Hoffnung, die Eidgenossen dem Papst wieder abwendig zu machen; Herzog Erich musste sich wegen der gegen seine Befehle von seinen Leuten gegen das arme Volk geübten „unfuer“ vor der tiroler Landschaft rechtfertigen, mit den kaiserlichen Behörden streiten und sich schmerzlich mit Undank für seine Aufopferung belohnt sehen; da starb nach kurzem Kränkeln in dem belagerten Verona am 7. September der Herzog von Anhalt[75].

Dringend verlangte jetzt der Statthalter von Verona, der Bischof von Trient, Erich’s Ankunft, da die Feinde alle Tage die umschlossene Stadt berannten.

Der Braunschweiger, der angesichts seines unverschuldeten Missgeschicks und in Anbetracht seiner ohnehin zu Martini ablaufenden Bestallung eben in Gefahr geschwebt, ungnädig bei Seite geschoben zu werden, entschloss sich (nach Berathung mit Paul von Lichtenstein) mit schwerem Herzen, weil ohne Befehl, in Verona sein Bestes zu thun. Sein Brief, in dem er dem Kaiser dies meldet, lässt durchblicken, dass er neue Verhandlungen über Verlängerung seiner Dienstzeit erwartete[76].

Aber schon war es nicht mehr so leicht, zu den bedrängten Landsleuten zu gelangen, besonders da Erich kaum über eine Handvoll Leute gebot, und die Berner Clause bald so eng vom Feind geschlossen war, dass nicht einmal Boten durchschlüpfen [376] konnten. Mit 100 Mann war da nichts anzufangen, während doch die immer ungeduldigeren Hilferufe aus Verona es bedenklich machten, die Ansammlung des zur Rettung aufgebotenen tiroler Landvolks abzuwarten.

Von einem unterwegs ausgebrochenen Ruhranfall geschwächt, entschloss er sich in Roveredo Halt zu machen, um die Mittel zum Ersatz zu organisiren[77].

Ihn beschäftigte da der Gedanke, mit Hilfe der Franzosen über den Gardasee nach Peschiera und von da nach Verona zu gelangen.

Aber es war dem tapfern Degen nicht beschieden, an der Vertheidigung jener Stadt durch den Bischof von Trient und seiner Helfer theil zu nehmen. Ehe der Plan zur Reife gelangte, war die Lage ganz verändert. Mangel an Entschlossenheit bei der venetianischen Leitung, Ungunst der Witterung, die Kunde von dem sich vorbereitenden Entsatz, die gute Haltung der Besatzung, gaben Veranlassung, dass die Feinde nach fünftägiger Beschiessung ohne Ruhm den Abzug nahmen[78]. Das tiroler Aufgebot durfte nun daheim bleiben. Erich von Braunschweig aber eilte auf wiederholte Einladung des Statthalters nach Verona, um am Kriegsrath und den von ihm zu beschliessenden Unternehmungen sich zu betheiligen[79]. Ganz unerwartet waren freilich die Fährlichkeiten, welchen er sich daselbst ausgesetzt sah.

Man hatte den Gedanken aufgeben müssen, mit unbezahlten Truppen dem weichenden Feind zu folgen. In träger Musse blieben Deutsche und Spanier in Verona. Die unglückliche Stadt war dem Ruin nahe. Ihre Bewohner, deren Aecker und Gärten gleich denen der ganzen Landschaft durch unausgesetzes Fouragiren verödet waren, hatten ihre letzte schwache Hoffnung gesetzt auf den Ausmarsch der Kriegsbesatzung nach Aufhebung der Einschliessung. Da ersterer unterblieb, sahen sie sich durch [377] die darbende Soldatesca völlig ausgebeutet. Massenhaft verliessen sie die Stadt. In vierzehn Tagen, berichteten der Herzog und der Bischof von Trient dem Kaiser[80], würden wohl nur noch wenige Bürger da sein.

Dieser Zustand löste begreiflicherweise den Rest von Disciplin auf, die, wie öfters während dieser Jahre geklagt wird, im kaiserlichen Heer ohnedies nicht sehr fest gewesen sein soll. Um wenigstens den gerechtesten Vorwand zum Murren den unzufriedenen Landsknechten zu benehmen, wendeten sich Braunschweig, Trient und die beigeordneten Kriegsräthe an den französischen Grandmaître mit dem Ersuchen einer Anleihe von 25 000 Kronen. Dieser wäre erbötig gewesen, einen Monatssold für 4000 Mann vorzuschiessen, gegen Ausantwortung des Castel-vecchio. Darauf durften die deutschen Befehlshaber nicht eingehen; die hervorragendsten unter ihnen, Erich, Trient, Gonzaga und Frundsberg entliehen aber von dem Franzosen auf ihre Kleinodien 6000 Gulden, mit denen sie hofften, die Unzufriedenen wenigstens noch acht Tage hinzuhalten. Aber schon am 27. September hielten die meuterischen deutschen Landsknechte – sie zeichneten sich auch hier vor den gleichfalls unbezahlten Reisigen und den Geschützmannschaften aus – Gemeine. Sie heischten, dass die Führer sich ihnen für 24 000 Gulden verschreiben sollten. Acht Tage wollten sie mit der Auszahlung Geduld haben, wenn man jedem sofort einen Gulden und einen Dickpfennig gäbe. Nach Ablauf der Frist würden sie dann des Kaisers Geschütz in sicheren Gewahrsam bringen und selber anderswo, doch nicht gegen den Kaiser, ihr Bestes suchen.

Als man nun versuchte, den unumgänglichsten Forderungen gerecht zu werden, und als zu dem Behuf Herzog Erich eine Musterung der Knechte abhielt, da drangen an Tausend schreiend auf ihn ein, behauptend, dass man einen ihrer Wortführer gefangen gesetzt. Schon senkten die Wüthenden ihre Spiesse gegen den Befehlshaber, ihrer drei schlugen die Büchsen auf ihn an, als Erich auf Bitten einiger Treugesinnten sich entschloss, dem Sturm auszuweichen und in St. Peter’s Schloss zu fliehen. Doch dadurch sei er, wie er schreibt, erst vom Teufel auf seine Mutter [378] gekommen. Aller Bande ledig, warfen sich die Knechte auf den unglücklichen Profossen, verwundeten ihn und stachen seine Diener todt. Die Gefangenen wurden befreit, die Ketten ins Wasser geworfen. So schwebte den Tag über die Stadt in steter Sorge vor Plünderung, während Erich in St. Peter’s-Schloss, Trient im Castel-vecchio belagert wurden. Nachdem der ärgste Tumult vorüber, weigerten sich die Meuterer zwar hartnäckig, die Uebelthäter auszuliefern, doch liessen sie sich bereit finden, sich von Erich – für dessen Person musste erst Sicherheit gestellt werden – mustern zu lassen. Die Knechte erhielten auf Abschlag je einen Gulden von dem auf die Kleinodien entliehenen Geld. Die Musterung hatte eine schlimme Ordnung ergeben; sollte er, schrieb Erich, wieder mustern, so müsste er noch einen Kopf in der Kiste haben.

Als Retter nahte sich am 29. der Grandmaître, der, auf dem Marsch zum Herzog von Ferrara, sich der Stadt bis auf eine Meile näherte, um die Unruhe zu stillen. Auf dringende Bitte liess er eine französische Besatzung in der Stadt und versprach in acht Tagen das zur Besoldung nöthige Geld zu schaffen[81].

Während der tapfere Herzog so beinahe sein Grab auf fremder Erde von der Hand der kaiserlichen Kriegsleute gefunden hätte, hatte er auf seine Eingabe an den Kaiser noch immer keine Antwort erhalten. Endlich am 6. October kam ihm eine Ordre vom 6. September zu: sie enthielt nur den Befehl, Görz, auf das Erich Vorschüsse gethan, an zwei kaiserliche Bevollmächtigte auszuantworten.

Da riss dem Welfen endlich die Geduld. Der Abtretung entzog er sich nicht, drang aber auf Ersatz seiner Auslagen und Erstattung seiner verschiedenen Darlehen. Zugleich erklärte er, er könne hier die Kosten seiner Unterhaltung nicht mehr aufbringen, kränkele und sei zu Hause nöthig. Er habe daher beschlossen, sich über einen Monat[82] von Verona zum Kaiser und [379] von da nach Hause zu erheben. Denn es sei ihm unmöglich, Sr. Maj. dermassen länger zu dienen.

Am 5. November hat Erich Verona verlassen; in Trient erfuhr er, dass der Herzog von Termola mit seinen spanischen Lanzen, die immer einen zuverlässigen Rückhalt geboten hatten, auf Befehl seines Königs gleichfalls abgezogen sei[83].

Beinahe hätte den Reichsfürsten sein soldatisches Herz nochmals nach Verona geführt. Während die Venetianer durch eine Bewegung gegen den wichtigen Covelo-Pass die Aufmerksamkeit abzulenken suchten, bereiteten sie einen neuen Angriff auf Verona vor, wo die Besatzung noch immer schwierig war. Erich, der mit seinen 50 Reitern eben, wenngleich vergebens, versucht hatte, die Besatzung des Kofels mit Proviant zu versehen, war auf Trient’s Wunsch (er solle ihm Hilfe schicken, damit man doch in dieser Noth merke, dass man in Deutschland nicht vergessen sei) bereit, wieder nach Verona zu eilen, falls das Regiment in Innsbruck so für seinen Unterhalt sorge, dass er sich dort eine Zeitlang „ohne Spott“ enthalten könnte. Diese Absicht muss um so höher angeschlagen werden, als er vom Kaiser noch immer ohne Antwort war und nicht wusste, ob er in Gnade oder Ungnade stehe[84]. Aber nur von Triest aus vermochte er eine Handvoll Leute in die bedrohte Stadt zu werfen. Das ergangene Aufgebot hatte nur geringe Resultate, da es vom guten Willen der Tiroler abhing, ob sie ausserhalb der Grafschaft dienen wollten[85]. So machte denn Erich, der in Tirol nichts wie „Schimpf und Spott“ zu erfahren meinte, gern von der endlich eintreffenden Ordre des Kaisers[86], die ihm einen gnädigen Abschied gewährte und mit kleinem Gefolge zu sich berief, Gebrauch. Er hatte noch gezögert, um an der Spitze des Landesaufgebots den stärker bedrohten Kofel zu retten. [380] Denn es würde ihm nicht geziemen, von den Feinden zu rücken. Aber als der Kofel am 28. November gefallen war, die strenge Kälte aber in dieser Höhenlage dem Feind jede weitere Bedrohung der Leiter von selbst verbot, erklärte auch Erich seine Mission, die er nur dem Kaiser zu gut so weit ausgedehnt, für beendigt[87].



Anmerkungen

  1. Das Geschichtchen über den Verzicht Maximilians auf die alte Feindschaft, wie es, nach Guicciardini, Storia d’Italia (Venedig 1610) 225 b, der Verfasser (Dubos) der Histoire de la ligue faite à Cambray I, 10 und 92 zurechtgestutzt hat, ist nicht glaubwürdig.
  2. So berechnet Max einmal selber die Länge des Grenzlaufes. Le Glay, Négociations diplom. I, S. 300.
  3. Adler: Die Organisation der Centralverwaltung unter K. Maximilian 266 ff., wonach die Stände das Kriegsrecht des Landesherrn an ihre Zustimmung banden.
  4. Dimitz, Geschichte von Krain II, 16.
  5. Mercurie von Gattinara an die Regentin Margarethe, die ihren Vater dazu bestimmen sollte. Blois 29. October 1509. Le Glay, Négociat. diplom. I, 266. Vergl. 273 und des Kaisers Ablehnung 298.
  6. Le Glay a. a. O. 281. Betr. Areniti ebendas. 272; 302 vergl. 336. – Chronique de Bayart, in Choix de chroniques par Buchon IX, 45. u. 47.
  7. Er behauptete am 8. December, von Fürsten und Reichsständen gewissermassen die feste Zusage von 12 000 Mann zu haben. Le Glay a. a. O. S. 299.
  8. Le Glay 284; 300.
  9. Ebendas. 337, Meldung de Burgo’s aus Melun am 5. April 1510.
  10. In einem Rückblick vom März 1510, Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz II, S. 791. Vergl. Schönherr, Der Krieg Kaiser Maximilian’s mit Venedig 1509, im Organ der militärwissenschaftlichen Vereine, Wien 1876; XIII. Band. Letztere Darstellung reicht übrigens nur bis zum Abbruch der Belagerung von Padua. Der Name „nostre-armée d’Italie“ von Max gebraucht, Le Glay, Corresp. I, S. 333.
  11. Bericht Erich’s von Braunschweig an den Kaiser, Görz 14. August 1509, Geh. Haus- Hof- und Staatsarchiv zu Wien, Ueber Erich’s Bescheidung zum Kaiser s. Schönherr 98 mit der Berichtigung Huber’s Geschichte Oesterreichs III, 380.
  12. S. G. Stier, Herzog Rudolf der Tapfere in Italien, in Mittheilungen des Vereins für anhaltische Geschichte III (1881), 65.
  13. So an der Spitze von 6000 Landsknechten führt ihn zuerst der wohlgesinnte Biograph Bayart’s ein a. a. O. 44. Bei der Uebergabe Vicenzas wird er von einem Augenzeugen als capitanio zeneral di le fanterie imperatorie bezeichnet. Sanuto IX, 320. Doch wird bei demselben Autor vorher (aber auch nach dem Abzug von Padua) Lunardo Felzer (Welzer) capitanio generale de le fanterie… a Costoza genannt S. 267. Möglich ist, dass nach der Trennung der Heerestheile thatsächlich auch die Stellung Anhalts erst sich geändert hat.
  14. Le Glay, négoc. dipl. I, 269; Sanuto IX, 267 f. Hinsichtlich Paduas Mocenigo bei Graevius V, p. 4, S. 38.
  15. Sanuto 3. November S. 290: etiam con Frachasso è pratica etc.; vergl. 282, wonach er sich zum Vermittler mit Max angeboten; Mocenigo (Graevius thesaur. antiquit. Italiae V, p. 4, S. 39): Vincentia in fidem recepta est, praesertim opera Severinatis Fracassi, qui Dux hostium intus erat et eam rem summa ope curaverat.
  16. Vicenza 5. September 1509, Statthalt. Arch. zu Innsbruck.
  17. Sanuto 290, s. 283.
  18. So drückt sich der Kaiser selbst aus in einem sicher auf Vicenza zu beziehenden Brief (aus Stein bei Calliano) vom 25. Nov., Le Glay, Corresp. I, S. 214. Das Detail nach den officiellen Berichten bei Sanuto IX, 316 bis 320, vergl. 311.
  19. Irrig ist die oft nachgeschriebene Angabe von Beckmann, Historie des Fürstenthums Anhalt V, 129, dass Anhalt nach Verona gelangt sei u. s. w., obwohl sie sich wahrscheinlich stützt auf die chroniques de Bayart 55. Ganz Unbrauchbares berichtet der späte Kirchmair, Fontes rer. austr. I, 431. Die im Text gewählte Auffassung beruht auf genauen Angaben Sanuto’s IX, 329, 337, 348, 444, mit dem auch Bembus lib. IX, 379 sich in Uebereinstimmung befindet.
  20. Die Lage dieser Punkte zeigen z. B. Mocenigo 40 und Bembus IX, 386.
  21. Le Glay, Négociat. dipl. I, 269, s. 265 und lettres de Louis XII., I. Bd., S. 213.
  22. Sanuto 325, vergl. 333 fazendo il suo fondamento su francesi, beides officielle Meldungen der Proveditoren vor Verona. Betreffend die getäuschte Erwartung 345.
  23. Max an den Bischof v. Trient, Schloss Stein a. d. Etsch, 22. Nov. 1509. Der Bischof meint in seiner Antwort vom 23., die Stadt sei wohl versehen, die Feinde würden wohl bald wieder abziehen. Innsbr. Arch.
  24. Instruction Maxens vom 9. Dec, Le Glay, Négoc. dipl. I, 298.
  25. Sanuto 333. Mit den Franzosen soll es darüber gleich jetzt Differenzen gegeben haben 342 f. Doch wird man solche, wie andere, Berichte aus dem venetianischen Lager über Vorgänge im Innern mit einiger Zurückhaltung anzunehmen haben.
  26. Le Glay, Négoc. dipl. I, 299, Z. 10, wo ein Komma nach „pugnatorum“ zu setzen ist. – Die Geldzahlung von Florenz ebendas. 273. Vergl. Reisner, Frundsberg Bl. 8; Sinnacher, Beitrage z. G. v. Säben und Brixen VII, 120; Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen des (österreichischen) Kaiserhauses I, 2. Abth., S. 49 Regest Nr. 275.
  27. Le Glay, Négoc. dipl. I, 306.
  28. Reisner a. a. O. Bl. 8 b; vergl. oben S. 353 Anm. 1.
  29. Blasius Hölzl an Serntein, Hewenfels 31. März 1508, und Lengfeld in Windischmark 17. Juli, Wien. Arch.
  30. Göbler, Chronica der Kriegshändel… durch Erich, Herzog zu Braunschweig… im J. 1508 Blatt 52 vergl. 15 b.
  31. Göbler a. a. O. 64 b, 65, 79; Chmel, Urkunden, Briefe etc. S. 297.
  32. Erich’s Bericht an den Kaiser vom 14. August 1509. Geh. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien. Im allgemeinen Dimitz a. a. O. 12; Schönherr a. a. O. 8; Huber a. a. O. 377.
  33. Vom 14. August. Vergl. den Brief vom 6. Oct. bei Chmel 323. Herberstein (Selbstbiographie, in Fontes rer. austriac. Script. I, 73) nennt die Leistung der fünf Lande „eine ansehnliche Rüstung, dergleichen zuvor und hernach nit ist gesehen worden“. Er dient damals selbst unter Hans v. Reichenburg.
  34. Christoph von Laibach an den Kaiser. 3. Oct., Chmel 322.
  35. Seine Aufforderung an Gradisca ist von diesem Tag, Sanuto VIII, 577. Sein Angriff auf Udine und Cividale war resultatlos. Max an Margarethe am 23. August, Le Glay, Corresp. I, 183. Dass nicht er (wie übrigens schon Mocenigo 19 irrig angibt) Feltre und Belluno erobert hat, hat auch Huber 380 gesehen.
  36. Chmel 325.
  37. Herberstein’s Erzählung a. a. O. stimmt zu diesem Bericht. Was er über seine persönliche Unversehrtheit sagt, bestätigt die erprobte Regel von der Ueberlegenheit moralischer über bloss physische Kraft.
  38. Aus diesem Ausdruck erhellt, dass die Krainer in Görz und Istrien die Besatzungen der festen Plätze gestellt hatten. Offenbar veranlasste die Vorsorge für diese wenigstens zum Theil die von Herzog Erich gerügte ungleiche Verproviantirung der einzelnen Heerestheile.
  39. Chmel 321. Der Kaiser seinerseits sprach Erich von aller Schuld an dem erfolglosen Feldzug frei, 1509 Stein, 20. November, Wien. Arch. Hinsichtlich Kärnthens s. auch Schönherr 105.
  40. In dem Bericht vom 14. August 1509.
  41. Das erwähnt, als früher versäumt und dringend nothwendig, der Verweser von Krain, Paul Rasp, in einem Briefe an Erich, Laibach 24. Februar 1510. (Staatsarch. zu Hannover, s. S. 364 Anm. 1.)
  42. Rasp in dem eben citirten Brief. Sicher galt damals schon der kaiserliche Befehl, wonach die Proviantmeister nur gegen baares Geld Proviant hergeben sollten. Die Nothwendigkeit schleuniger Aufhebung desselben betonen noch, Laibach am 4. April 1510, Jörg v. Eck und Paul Rasp, Hannöv. Arch. Der Befehl konnte sich wohl eigentlich nur auf die Landsknechte beziehen, in deren Sold die Verpflegung eingerechnet war.
  43. Berichte des Florentiner Orators aus dem französischen Mailand vom 21. Februar; 25. April; 10. Mai 1510 (Excerpte Erdmannsdörfer’s aus dem florent. Staatsarchiv). Vergl. Guicciardini, storia d’Italia VIII. Buch, S. 240 b (Venetia 1610). Die wirkliche Zahlung auch der zweiten Rate von 32 000 Dukaten bestätigt durch A. de Burgo, Lettres de Louis XII., I, S. 230.
  44. Le Glay, Négociat. dipl. I, 353, vergl. 348 f. und 354.
  45. Beckmann a. a. O. V, 130.
  46. 1510 zu Santi-Cruci am 9. Juli. Hann. Arch.
  47. A. de Burgo an Margarethe, Le Glay, Négoc. dipl. I, 348 berichtet Maxens Angabe. Doch hatte derselbe zwei Monate früher nach derselben Autorität 9000 zu Fuss aufgezählt, Lettres de Louis I, 228. – Vergl. Guicciardini Bl. 244 b. Reisner, Frundsberg hat, eingerechnet die Besatzung Veronas, gar 15 000 Mann im Ganzen. Daher kann es unbedingt nur unter Einschluss der französischen Armee gemeint sein, wenn Max am 14. Mai die Gesammtstärke gegen Venedig auf 34 000 Mann etwa anschlug, Le Glay, Corresp. I, 264.
  48. Wo im Folgenden nichts Anderes angegeben ist, sind die Actenstücke entnommen aus dem hannöver. Staatsarchiv, Calenberg. Briefarchiv, Des. 16 Milit. Nr. 159 (Herzog Erich’s Handlungen im venetianischen Krieg 1510 bis 1514).
  49. Erich an den Kaiser, Görz 22. März; Briefe seines Gesandten aus Augsburg vom 10. März u. s. w.
  50. Herzogl. Instruction für H. Grünhauer an den Kaiser.
  51. Jörg v. Eck, Vitztum und Paul Rasp, Verweser zu Krain an Erich, Laibach 4. April.
  52. Augsburg 4. Marz an den Vitztum von Krain.
  53. Erich an Caspar von Khienberg, Verweser in Steiermark. Görz 24. Marz, mit Berufung auf einen früheren Befehl vom 31. Januar aus Villlach.
  54. Jörg von Thurn an Erich, in der Katsche (Castua) Mittich’s in Ostern; Antonin Lauten, Ant. Vitzin und Genossen an Erich, Laibach 9. April u. s. w. Aehnliche Geschäfte scheinen auch sonst gemacht zu sein.
  55. Erich an den Kaiser, Auf dem Schellenberg, 8. März.
  56. Erich an den Kaiser, Görz 22. März. Zwei Briefe, der eine mehr militärische, der andere mehr persönliche Rechtfertigung versuchend. Derselbe an denselben am 23. März verlangt Recht wegen seines von den Auerspergischen umgebrachten Dieners, anderenfalls müsse er Gewalt mit Gewalt vertreiben.
  57. Hierüber finden sich detaillirte Nachrichten in der Correspondenz Erich’s mit seiner Gemahlin, mit Hans von Dürr, Hauptmann von Pisino (Mitterburg) u. s. w. Interessant ist, dass sogar die croatischen Officiere an letzterem Ort mit Wegziehen drohen. (A. Wlasitz u. a. an Erich, Mitterburg 25. April.)
  58. Briefwechsel Erich’s mit der Herzogin Katharina, besonders im Monat März; Erich an Max 15. März.
  59. F. v. Witzleben, Niclas von Turn u. a. an Erich, Görz 5. März. Erich versuchte es trotzdem, den „Tabor“ zu stürmen. (Militärischer Brief vom 22. März an den Kaiser.) Der Plan betr. Muggias hatte Erich schon 1509 vorgeschwebt. Chmel 324.
  60. Le Glay, Correspond. I, S. 254 am 6. April.
  61. Bischof von Laibach an Rudolf von Anhalt am 21. Juli. Vergl. Le Glay, Négoc. dipl. I, 348. Ein genauerer Etat ist in den Feldacten enthalten vom 11. August, als Erich’s Abmarsch bevorstand.
  62. Interessant ist höchstens, dass desshalb die Besatzungen der Befestigungen zum guten Theil aus Reiterei zusammengesetzt wurden, um die Arbeiter in den Weinbergen zu schützen. Hans v. Dürr an Erich, Mitterburg 31. Juli.
  63. Non per deliberatione, ma per modo di discorso et consiglio, Max an den Grandmaître, Augsburg 9. Juni. (Ins Italienische übersetzte Beilage einer Depesche Pandolfini’s an Florenz; Excerpte aus dem Florent. Staatsarch.) Ebenso am 28. Juni an Anhalt (Hannöv. Arch.) „allein Ratsweis“.
  64. An der Livenza. Das sopra la Piave des kaiserlichen Schreibens vom 9. Juni (s. vorhergehende Anm.) muss ein Versehen sein. Ein Widerhall dieses Vorschlags an den französischen Generalissimus ist, was aus Blois am 6. Juli A. de Burgo an Margarethe berichtet, wo als Zweck der Stellung der Franzosen zwischen Padua und Treviso das „far spalle alle gente cesaree“ angegeben ist. Le Glay, Négociat. dipl. I, S. 349.
  65. Max an Anhalt, Augsburg 28. Juni. Hannöv. Staatsarchiv.
  66. „Tschitscheyl“, wie es in dem Brief vom 28. heisst, kann nur Sacile sein. Denn Beihilfe zu dessen Eroberung hatte Max in der That, wie er hier erwähnt, am 9. Juni vom Grandmaître erbeten. Die Namensform findet sich auch in einem Schriftstück des Jahres 1511 bei Chmel 332.
  67. Dem Grandmaître hatte Max am 9. Juni vorgeschlagen, alles Getreide, auch das unreife, abzuschneiden, um es nicht in Feindes Hände fallen zu lassen.
  68. Augsburg 29. Juni. Von gleichem Datum eine Vollmacht für den Herzog und die Kriegscommissäre (Hannöv. Staatsarchiv).
  69. Max an Anhalt, Augsburg 10. Juli. In diesem Fall hatte Anhalt bei Noale Stellung zu nehmen und durch Entsendung einer Abtheilung Braunschweigs Anzug etwa über das Kreuz bei Innichen und durch das Thal Cadore zu erleichtern.
  70. Max an Erich von Braunschweig, Weilheim 22. Juli
  71. Ueber die Wandlungen der französischen Politik in jenem Sinne habe ich jüngst gehandelt in der Festschrift der Greifswalder philosophischen Facultät zum 14. Mai 1888: „Kaiser Maximilian’s I. Absichten auf das Papstthum“ S. 12 ff.
  72. P. v. Lichtenstein an Erich von Braunschweig, Brunecken 12. August. Dies wie alles Folgende wieder nach den Papieren des hannöver. Staatsarchivs.
  73. Max an Rudolf von Anhalt und an Erich von Braunschweig, Berneck 25. August. Etwas modificirt an Georg von Trient, Statthalter in Verona, und Anhalt, Schloss Wisperg 31. August.
  74. Max an Erich, zum Klösterlein am Arlsberg 5. September.
  75. Georg von Trient an Erich, Verona 7. September. Also nicht am 8., wie Beckmann u. a. angeben.
  76. Erich an Max, Brixen 10. September, hat gestern die Todesnachricht erhalten. Den Schluss der Clause berichtet der Hauptmann derselben an Erich am 21. September.
  77. Erich an Trient, Nafis (La Nave zwischen Neumarkt und Lafis im Etschthal), 17. September. Einer der Kriegsräthe, Georg von Lichtenstein, hatte ihn vor dem Versuch des Durchbruchs gewarnt! Von seiner Erkrankung schreibt Erich, Neumarkt am 16. Hinsichtlich der Route über Peschiera, s. den Brief an Lichtenstein, Roveredo 19. Sept. u. s. w.
  78. Georg von Trient an Erich, Verona 21. Sept.
  79. Am 25. Sept. schrieb er aus Verona an den Kaiser.
  80. Verona 27. September. Diesem Brief und weiteren vom 29. Sept. und 8. October folgt die Darstellung.
  81. In der That hat er am 8. October einen halben Monatssold mit 12 108 Gulden dargeliehen. Die Knechte blieben ausser Rand und Band und drohten fortwährend mit ihrem Auszug. Der Grandmaître handelte auf directen Befehl seines Königs, da die Verhandlungen in Blois glatt verliefen. Matthäus Lang an Herzog Erich, Blois 3. November 1510.
  82. Erich an den Kaiser, Verona 6. Oct. Am 27. Oct. hatte er noch keine Antwort. In der Instruction für einen jetzt entsendeten Bevollmächtigten erklärte er auf seine Pflicht, dass er (bis zu der angegebenen Frist ausharrend) Ross und Harnisch Lebens halber werde versetzen müssen. Am 9. Nov. wird er auch zur Abtretung Tolmeins aufgefordert.
  83. Erich an Max, Trient 10. November.
  84. Erich an das Regiment, Trient 20. November.
  85. L. v. Völs, Landeshauptmann an der Etsch an Erich. Prefels 18. November.
  86. Max an Erich. Breisach 14. November. Erich an den Bischof von Trient. Trient 20. November.
  87. Erich an das Regiment zu Innsbruck, Trient 2. Dec. Abschied von dem Aufgebot, Telvana, 9. December. – Zur Lage von Kofel (Covelo) und Leiter (Scala) vergl. S. 353 Anm. 2.