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Aufforderung zum Kampf

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Textdaten
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Autor: H. L–n
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Titel: Aufforderung zum Kampf
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 147–148
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[136]

Aufforderung zum Kampfe.
Originalzeichnung von Fr. Specht.

[147] Aufforderung zum Kampf. (Mit Illustration S. 136 u. 137.). Affe zu sein, ist von jeher von unzähligen Menschen als ein humoristischer Beruf betrachtet worden. Fast jeder stellt sich unwillkürlich den Affen als unausgesetzt lustiges Thier vor, allem Ernste abhold, und der alte Fibelvers: „Der Affe sehr possirlich ist, zumal wenn er vom Apfel frißt“ spricht die Ueberzeugung von Millionen gewissenhaft aus. Es ist dies kein Wunder, denn mögen wir junge, wie dies meistens der Fall ist, oder alte, große oder kleine Affen sehen, fast ohne Ausnahme machen sie einen komischen, zum Lachen reizenden Eindruck und veranlassen unbewußt den Schluß, ihr inneres Wesen müsse dem äußeren Anschein entsprechen. Daher könnte man auch ohne die Unterschrift unter dem Spechtschen großen Affenbilde die hier lebendig geschilderte Scene wohl für eine lustige Affenbegegnung halten; aber es wäre dies ein Irrthum, wie auch die vorerwähnte Meinung im wesentlichen irrthümlich ist.

Die Affen, wie die Zoologen behaupten unsere ehrenwerthen Herren Vettern, bilden hinsichtlich ihres inneren Wesens keineswegs durch dessen etwaige unausgesetzte Lustigkeit eine Ausnahme von der Regel. Diese Regel ist, daß alle höher veranlagten Geschöpfe in der Jugend heiter sind, mit den Jahren aber ernster werden. Die Sorge, die dazu kommt, beschleunigt und verstärkt diese Aenderung, verursacht sie aber nicht, denn sonst müßten alle Menschen, denen sorglose Verhältnisse in die Wiege gelegt wurden, stets urvergnügt durchs Leben wandern. So ist es aber auch mit dem Affen. Schon Busch sagt ist seinem naturgeschichtlichen Alphabet: „Im Ameishaufen wimmelt es, der Aff’ frißt nie Verschimmeltes.“ Damit ist schon schlagend ausgedrückt, daß der Affe sehr wohl ernsten, begründeten Erwägungen zugänglich ist und ihnen angemessen handelt, sobald sein Alter ihn dazu befähigt. Wie die Menschenknospe, wenn sie, von Vater und Mutter gepflegt, ein Kinderleben führen darf, ein heiteres, höchstens von schnöden Schulsorgen beeinträchtigtes Dasein genießt, so geht es auch der Affenknospe, allerdings in erweitertem Grade, denn Schulsorgen kennt diese nicht. Von der Mutterliebe behütet, darf sie ein unbegrenzt heiteres Leben führen, denn wenn auch der Affenvater, mag er, wie die Paviane, als Sultan oder Mormone oder als sich bescheidender Gatte leben, seinen Sprößlingen gegenüber meistens von dem Gefühl absoluter Wurstigkeit (um diesen durch den Reichskanzler parlamentarisch gewordenen Ausdruck zu gebrauchen) beseelt ist, so wird dies von der Affenmutter reichlich ersetzt, denn auch bei ihr geht Mutterliebe über alles, selbst über den Verstand. Wird aber die Affenknospe zur Blüthe und Frucht, dann tritt die Heiterkeit zurück, Hunger und Liebe werden auch dem älteren Affen die ernsten Veranlassungen zu seinem Thun, und wenn er uns dann noch komisch und vermeintlich lustig erscheint, so ist dies der Fall, weil eben die Affengestalt, und zwar bei den sogen. menschenähnlichen Affen am meisten, eine Karikatur des Menschen ist und uns daher alle Affenbewegungen lächerlich und lustig erscheinen.

[148] So macht auch das Spechtsche Bild, wo zwei Schimpansenfamilien aufeinander losgehen, gleichviel ob aus Futterneid, persönlicher Feindschaft oder dergleichen, zunächst einen lustigen Eindruck, obgleich ein genauerer Blick, z. B. auf den im Vordergrund nach Gorilla-Art sich auf die Brust schlagenden Schimpansenvater den Ernst der Scene wohl erkennen läßt. Wie der Kampf ausfallen, ob es überhaupt dazu kommen wird, ist fraglich und der Vermuthung des Beschauers überlassen. Möglich, daß auch hier gilt, was jene Potsdamer Aepfelfrau Friedrich dem Großen antwortete, als er sie nach beendigtem siebenjährigen Kriege fragte, ob sie sich nicht auch über den geschlossenen Frieden freue: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“ H. L–n.