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Auf der Elephantenjagd

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Textdaten
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Titel: Auf der Elephantenjagd
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 291–292
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[291]
Auf der Elephantenjagd.

Es war im April, als ich mich von Dulana aus mit meinem Bruder zur Elephantenjagd aufmachte. Wir nahmen mehrere erfahrene Treiber, Moorleute aus der Gegend mit, welche von Arabern stammend, die Cingalesen weit an Verstand übertreffen.

Nicht weit von dem Dorfe stießen wir auf einen See von drei Meilen Umfang, und in diesem erblickten wir alsbald 13 alte Elephanten. Die meisten standen allein, die beiden größten bildeten jedoch ein Paar und die Moorleute sagten uns, sie wären immer zusammen und der Schrecken der Umgegend. Sie erzählten uns auch eine Menge Geschichten von ihrer Wildheit, auf die wir aber nicht hörten.

Auf einem Boot fuhren wir über das Wasser nach dem entgegengesetzten Ufer, wo wir eine Menge ganz frischer Elephantenspuren fanden. Wir folgten einigen, nicht lange darauf verrieth uns jedoch das Knattern der Zweige, und sobald die Elephanten uns witterten, flohen sie davon. Ich feuerte nach einem, ihn zu isoliren, dies gelang mir jedoch nicht. Die Flucht ging fort und unsere Treiber hinter drein, lärmend und unsere Gewehre abfeuernd. Auf jeden Schuß ertönten laute Rufe, und zwischen ihnen das Trompeten eines Elephanten. Rasch eilten wir zur Stelle und sahen in einer offenen Waldstelle unsere Treiber in bestem Kampfe mit einem alten Spitzbuben von Elephanten. Er griff sie mit voller Wuth an, aber kaum hatte er sich gegen den Einen gewandt, als ein anderer der beweglichen Burschen von hinten auf ihn feuerte und ihn anschrie. Wenn er sich dann umwandte, wurde er wieder von der andern Seite angegriffen. Als wir ankamen, wandte er sich gegen meinen Bruder, der gerade vor ihm stand und ihn sofort niederstreckte.

Das Feuern hatte eine Heerde aus dem Walde aufgestört, welche darauf über einen nahen Fluß schwamm, der so angeschwollen war, daß wir nicht hinüber konnten. Wir wandten uns deßhalb wieder dem See zu, in welchem die vorher von uns gesehenen beiden Elephanten noch standen, und wir beschlossen uns an sie zu machen. Sie standen bis an den Bauch im Wasser und badeten sich, eine viertel Meile vom Ufer. Wie sollten wir dahin gelangen? Mir fiel ein, daß man sie zum Rückzüge auf demselben Wege nöthigen müsse, den die übrigen Elephanten genommen hatten, und daß man ihnen dann am Eingang des Waldes entgegentreten könne. Ich schickte deßhalb einen Moormann mit einer Büchse nach einer schmalen Landzunge, die sich in den See erstreckte, und von dort aus hörten wir ihn nicht lange darauf ein paar Mal auf die Elephanten feuern. Sie wurden stutzig, spitzten die Ohren, warfen die Rüssel in die Luft und machten sich, nachdem sie ihres Feindes inne geworden, durch das Wasser nach dem Ufer auf den Weg.

Wir sahen dies mit Befriedigung, die Treiber aber jauchzten vor Vergnügen. Augenblicklich rannten sie das Ufer entlang, von Wurzel zu Wurzel springend und über den Morast setzend, der einen Fuß tief war. Sie konnten dies wohl, mir aber, der ich zu meinen zwölf Steinen Gewicht noch die 16pfündige Büchse trug, wurde dies ungleich schwerer und ich blieb häufig im Koth stecken. Vergebens rief ich ihnen zu, sie sollten langsam vorgehen, sie waren so aufgeregt, daß sie nicht hörten, und mit allen Gewehren, bis auf die vier Unzen-Büchse, davon liefen, deren Gewicht den Träger zwang, zurückzubleiben. Noch mehr als dies Davonlaufen mit den Gewehren ärgerte mich die Aussicht, daß die Burschen durch ihre Vorschnelligkeit die Jagd verderben würden.

Wir gingen so gut vorwärts, als es anging, und kamen endlich an eine kleine Wiesenfläche mit dichtem Gebüsch. Der offene Platz war 20 bis 30 Fuß groß, ringsumher war dichtes undurchdringliches Dorngebüsch. Von den Treibern war nichts zu sehen. „Sie müssen auf falscher Fährte sein,“ rief ich aus, „ich bin überzeugt, die Elephanten müssen hier in der Nähe hineingegangen sein.“

Kaum hatte ich das gesagt, so hörte ich ein paar Fuß von mir ein Rascheln, das Gebüsch beugte sich aus einander und ich sah den wüthenden Kopf eines Elephanten, der auf mich loskam.

Ich hatte nur noch Zeit den Hahn zu spannen und zu feuern, obwohl ich wußte, daß es vergebens war, weil er den Rüssel erhoben hatte. Auch meines Bruders Schuß hatte keine Wirkung. Ich sprang zur Seite, um zu fliehen, aber meine Füße verwickelten sich in das hohe Gras und ich stürzte nieder, einen Fuß vor dem Elephanten. In dieser furchtbaren Spannung erwartete ich jeden Augenblick das Krachen meiner Knochen zu hören, wenn er seinen colossalen Fuß auf mich setzte. Es war ein Atom von Zeit, da hörte ich das Krachen einer Büchse, mein Bruder hatte seine letzte Kugel entsendet, ich fühlte eine schwammige Masse an meinen Fersen, rollte mich einige Schritte vorwärts und kam wieder auf meine Füße. Der letzte Schuß hatte ihn getroffen, als er gerade auf mich losging, und das Ende seines Rüssels war auf meine Fersen gefallen. Er war aber noch nicht todt, sondern schlug nach mir mit dem Rüssel, als ich an ihm vorbeiging, ihm mit der vier Unzen-Büchse den Rest zu geben.

Eben wollte ich losdrücken, als ich hinten ein Geräusch und gleich darauf den wilden Schrei eines Elephanten hörte. Das furchtbare Thier bahnte sich den Weg zu mir und im nächsten Augenblick stand sein Fuß dicht neben dem meinen. Er ging aber an mir vorbei und wollte meinen Bruder angreifen, der keinen Schuß mehr hatte. So blieb mir nichts übrig, als den Inhalt meiner Büchse in seinen Rachen zu leeren. Ich mußte fürchten, daß er auf mich fallen und mich zerdrücken würde, es mußte jedoch gewagt werden.

Nachdem ich abgeschossen, sprang ich rasch zur Seite – der Elephant stürzte nicht, war aber tödtlich verwundet, die Kugel hatte seine Kiefer verletzt und es floß viel Blut aus der Wunde. Er stutzte, raffte aber darauf seine ganze Kraft zu einem neuen Angriff zusammen. Mein Bruder entwich ihm und er folgte ihm durch das Moor. Wir luden die Büchsen und hörten gleich darauf die Schüsse unserer Treiber. Sie hatten den verwundeten Elephanten durchbrechen sehen und ihm eine Ladung nachgesandt, als er sich dem Flusse zuwandte. Sie hielten ihn für verloren und glaubten, er sei am andern Ufer in’s Gebüsch gelaufen. Dort fanden wir ihn in der That nach einigen Tagen, als der Fluß gesunken war und uns gestattete, dahin zu dringen.

So war uns die Jagd dreier großer Elephanten geglückt, aber unter viel zu großen Gefahren. Später verfuhr ich sorgsamer und sicherer. Mit nur zwei Büchsenträgern lauerte ich am Ende des Morastes zur Aesungszeit auf die Elephanten, wenn sie aus dem Walde heraustraten. Dann konnte ich mich unentdeckt ihnen nahen und sie erlegen.

Einem Elephanten auf offenem Felde zu entrinnen, ist äußerst schwierig. So kam vor einigen Jahren der Major Haddock [292] in Ceylon zu Tode. Er hatte einen alten „Spitzbuben“ angegriffen und nicht zum Stehen gebracht, obwohl er zwei Kugeln auf ihn abgeschossen hatte. Rasch entfloh er und trat hinter einen Baum, in der Hoffnung, der Elephant würde an ihm vorbeilaufen. Unglücklicher Weise sah er jedoch nicht hinter sich, ehe er umwandte, und der Elephant ging nur um den Baum herum, griff ihn dort an und stampfte ihn zu Todte. Aehnliche Opfer gab es mehrere.

Einmal gerieth auch ich in sehr dringende Lebensgefahr und verdankte meine Rettung nur dem Zufall. Wir waren in der Umgegend auf eine Heerde Elephanten gestoßen, und hatten einen nach dem andern erlegt. Ein Junges, das erst 3½ Fuß hoch war, packte ich mit den Händen und ließ es in Sicherheit bringen, ohne daß die Alte es gewagt hätte, auf dessen Klagen herbeizukommen. Erst ganz spät gegen Abend kam sie plötzlich mit hoch geschwungenem Rüssel zurück und gerade auf mich zu. Flucht war bei dem hohen Grase unmöglich. Ich hatte nur eine Büchse geladen und konnte die Elephantin nicht von vorn fassen, weil der Rüssel ihre Stirn deckte. Ich fühlte mich verwirrt und hatte nur den einen Gedanken, zu warten, bis sie ganz nahe sei und den Rüssel senkte.

Sie kam wie ein Pferd in Carriere daher gerannt, und in wenigen Augenblicken war sie dicht bei mir, den Rüssel immer noch hoch erhoben. So wie sie den Rüssel drei Fuß von mir entfernt senkte, feuerte ich, aber in demselben Augenblicke flog ich auch wie ein Ball durch die Luft. Nach dem Feuern war ich links fortgesprungen, ihr Rüssel hatte mich aber gepackt und zehn Schritte weit fortgeschleudert. Dann stand sie still und fing an, nach mir im Gras zu suchen. Ich hörte sie näher und näher kommen und wußte, daß meine einzige Rettung darin bestand, verborgen zu bleiben. Ich blieb deßhalb ganz ruhig liegen und hielt den Athem an. Mein Glück war, daß bei dem nahen Feuern der Schuß das Thier halb geblendet hatte, so daß es den scharfen Gebrauch seiner Sinne nicht mehr besaß. Ich hörte das Gras rings um mich herum aufwühlen, mich selbst fand sie aber nicht, und zuletzt verschwand sie ganz und gar.

Ich glaubte zuerst, mir wären sämmtliche Knochen zerbrochen, so heftig war der Schlag gewesen. Ich kroch auf Händen und Füßen vor, fand jedoch alsbald zu meiner Freude, daß kein Knochen gebrochen war, denn ich konnte sogar aufrecht stehen, aber mit Mühe schleppte ich mich nach dem Wasser, wo ich meinen Schenkel badete, der alsbald dick aufschwoll.

Meine Büchse wurde nicht weit von der Stelle gefunden, wo ich gelegen hatte. Die Elephantin hatte darauf getreten und sie trägt noch jetzt die Spuren dieses Trittes. Nach wenig Minuten konnte ich mich nicht mehr bewegen, und mußte nach den Pferden und meinem Zelte schicken. Das Blut gerann an der Stelle, an welcher der Schlag getroffen hatte, und ich hatte noch mehrere Tage lang Umschläge zu machen und zu heilen, bis ich mich ohne Schmerzen wieder zu Pferde bewegen und meine Jagd fortsetzen konnte.

Das Fleisch der Elephanten wird in Ceylon nicht gegessen und man überläßt die Leiber der getödteten der natürlichen Zerstörung, welche merkwürdig schnell vor sich geht. In wenig Tagen ist der Cadaver voll Würmer und Fliegen, welche an ihm zehren, und nach drei Wochen findet man gewöhnlich nur noch das trockne Knochengerippe. –