April in Californien
Es erweckt der April im deutschen Land
In Jedem des Aergers Gewalten.
Ein falscher Geselle wird er genannt
Von den Jungen sowohl wie den Alten;
Falsch ist er und bleibt er – es hilft ihm nichts!
Gewiß verdroß ihn das ew’ge Geschelt,
Als wär’ er voll Laster und Sünden.
Drum kam er herüber zur Neuen Welt,
Und eilte durch Berge, Wüsten und Plan,
Bis er schaute den westlichen Ocean.
Mir schien’s, als wär’ er der wonnige Mai,
Der Juni, mit leuchtenden Blicken,
Bunt schimmernde Blumen pflücken,
Als er lächelnd grüßte Sonómas Thal
Und Napa mit goldigem Sonnenstrahl.
Die Fluren kleidet’ er all’ in Smaragd
Mit orangenglühender Blumenpracht
Die von Eichen umsäumten Gefilde.
Auf die Berge legt’ er mit Künstlerhand
Von Ultramarin ein festlich Gewand.
Von den Zweigen die rosigen Blüthen,
Und Fuchsien prangten und bunter Mohn;
Aus den Büschen am Boden glühten,
Als wären’s Karfunkeln mit rothem Strahl,
Auf den Feldern standen in endlosen Reih’n
Die Rebenstöcke und tranken
Mit Lust den strahlenden Sonnenschein.
Es schwoll der Saft in den Ranken
Auf’s neu’ uns zu spenden der Sonne Gluth.
Die Lerchen sangen aus blauer Luft
Ihr Lied in die blühenden Lande,
Die Sträucher athmeten wonnigen Duft
Und deutsche Männer, mit frohem Gesang,
Die zechten beim tönenden Gläserklang.
Diesen Becher mit feurigem Napawein,
Ihn will ich heute zu Ehren
In durstigen Zügen leeren.
Hoch sei er gepriesen, der lachende Fant,
Der Liebling vom Californialand!
- ↑ Wir entnehmen dieses Gedicht, in dessen frischem Duft und Glanz die Naturschönheit des Goldlandes sich widerspiegelt, dem soeben erscheinenden Buche: „Balladen und Neue Gedichte von Theodor Kirchhoff (in San Francisco)“ (Altona, Schlüter’sche Buchhandlung – und New-York, E. Steiger u. Comp.). – Unseren Lesern ist der Name des Dichters kein fremder; sie kennen ihn als einen Mitarbeiter der „Gartenlaube“, der seit achtzehn Jahren sie durch treffliche Belehrungen und Schilderungen über amerikanisches Leben erfreut hat; sie werden, wie dem Schriftsteller, auch dem Dichter ihre Theilnahme, und gewiß zu ihrer eigenen Genugthuung zuwenden.