Apokalypse des Baruch (griechisch)
Die griechische Baruch-Apokalypse wurde (frühestens) im 2. Jahrhundert n. Chr. verfasst und hat ihren Ursprung in der jüdischen Diaspora außerhalb Palästinas[WS 1]. Die Kapitel- und Verszählung der hier dargebotenen Ausgabe von Rießler ist fast identisch mit der heute maßgeblichen Ausgabe von Wolfgang Hage[WS 2].
über die auf Gottes Befehle geschauten Geheimnisse.
Gib deinen Segen, Herr! –
und über Jerusalems Gefangenschaft weinte,
damals, als auch Abimelech
in Agrippas Landgut durch Gottes Hand errettet ward.
wo das Allerheiligste war.
weil es von Gott dem König Nabuchodonosor verstattet ward,
Zerstörung über seine Stadt zu bringen.
Weswegen hast du deinen Weinberg angezündet
und ihn verwüstet?
Weswegen tatst du dies?
Weswegen, Herr, gabst du uns nicht in andere Zucht,
gabst vielmehr solchem Heidenvolk uns hin,
daß sie, uns schmähend, sagen können:
„Wo bleibt ihr Gott?“
erblick ich einen von des Herren Engel,
wie er herbeikommt und mir sagt:
Gib acht, o Mensch, liebwerter Mann,
sorg dich nicht um Jerusalems Errettung!
Denn dieses spricht der Herr, Gott, der Allmächtige.
daß ich dir alle Dinge Gottes künde und erkläre.
und drang in Gottes, des Herrn, Ohren.
Ich schwieg.
Da sagt zu mir der Engel:
Hör auf, zum Zorne Gott zu reizen!
Dann zeig ich dir noch andere Geheimnisse,
die größer sind als diese.
So wahr der Herr, Gott, lebt!
Wenn du mir’s zeigen willst
und ich von dir etwas vernehme,
red ich nicht weiter mehr.
Am Tage des Gerichts mög Gott mich weiter richten,
wenn ich noch etwas rede!
Wohlan! So zeig ich dir die göttlichen Geheimnisse.
und brachte mich dahin,
wo fest der Himmel sitzt,
und wo ein Fluß dahinfließt,
den niemand zu durchschreiten wagt,
wo nicht der fernste Windhauch ist
von allen gottgeschaffenen Winden.
und führte mich zum ersten Himmel
und wies mir ein gewaltig großes Tor.
Er sprach zu mir:
Wir wollen es betreten.
Da gingen wir hinein gleichwie auf Flügeln,
an dreißig Tagereisen weit.
Da waren viele Menschen drauf,
Gesichter wie die Rinder
und Hörner wie die Hirsche
und Füße wie die Ziegen
und Hüften wie die Lämmer.
Künd mir, ich bitte dich,
wie groß des Himmels Dicke ist,
worin wir wanderten,
wie groß sein Abstand,
wie groß die Ebene!
Ich möcht es auch den Menschenkindern sagen.
Die Pforte, die du siehst,
das ist die Himmelspforte;
sie ist so dick,
so weit es von der Erde bis zum Himmel ist.
Die Ebene ist so lang,
so weit es von dem Norden bis zum Süden ist.
Dann sprach zu mir der Kräfte Engel:
Wohlan! Ich zeige dir noch größere Geheimnisse.
was das für Menschen sind!
Das sind, die einst den Turm des Gotteskampfes bauten;
sie hat der Herr vertrieben.
und brachte mich in einen zweiten Himmel.
Er zeigte mir auch dort ein Tor,
dem ersten ähnlich.
Er sprach: Wir wollen es betreten!
von Flügeln hoch emporgehoben,
von etwa sechzig Tagen eine Strecke.
die voll von Menschen war,
und diese glichen Hunden
und hatten Hirschfüße.
Ich bitt dich, Herr:
Sag mir, was das für Leute sind!
Die sind’s, die zu dem Turmbau rieten.
Die Leute, die du siehst,
sie trieben einstens eine große Menge, Mann und Weib,
hinaus zum Ziegelstreichen.
Darunter war ein ziegelstreichend Weib,
das in der Stunde des Gebärens nicht hinweggehen durfte,
und so gebar es, ziegelstreichend.
Sie trug ihr Kind in einem Linnentuch
und mußte weiter Ziegel streichen.
und ändert ihre Sprachen;
schon hatten sie am Turm bis zu 363 Ellen gebaut.
und sich bemüht, den Himmel anzubohren;
sie sagten:
Wir wollen sehen, ob der Himmel tönern ist,
ob ehern oder eisern!
Da ließ er’s ihnen nicht mehr länger zu.
Mit Blindheit schlug er sie,
mit Sprachverwirrung
und brachte sie in diese Lage,
worin du sie jetzt siehst.
Sieh, Herr!
Du zeigest Großes mir und Wunderbares.
Nun zeig mir alles um des Herren willen!
Wohlan! Wir wollen gehen!
Da ging ich mit dem Engel
von jenem Orte fort
so 185 Tagereisen weit.
und eine Schlange an 200 Plethren lang.
sie sah gar finster und abscheulich aus.
Ich sprach:
Was ist das für ein Drache?
Was für ein Ungeheuer dort,
rund um ihn her?
Das ist der Drache,
der jener Männer Leiber frißt,
die schlecht ihr Leben zugebracht;
von diesen nährt er sich.
die jenem ziemlich ähnlich ist;
sie trinkt vom Meer auch eine Elle,
und dieses nimmt nicht ab.
Wie geht das zu?
Der Engel sprach:
Hör zu!
Es schuf der Herr Gott 360 Ströme;
die ersten sind davon Alphias, Abyrus und Gerikus.
Ich sprach:
Zeig bitte mir,
was für ein Baum den Adam einst verführt!
Der Engel sprach:
Das ist der Weinstock, den der Engel Sammael gepflanzt,
worüber Gott, der Herr, so zornig ward.
Und er verfluchte ihn und sein Gewächs,
verbot dem Adam deshalb dran zu rühren.
Darum verführte ihn der Teufel
aus Neid durch seinen Weinstock. –
Der Weinstock war an solchem Unheil Schuld
und ward von Gott dem Fluche unterworfen;
er ward des Erstgeschaffenen Untergang.
Wie darf er immer noch so viel verwendet werden?
Du fragst mit Recht.
Es brachte Gott die Sintflut auf die Erde
und tilgte alles Fleisch
und auch die 4 090 000 Riesen.
Das Wasser stand um fünfzehn Ellen höher,
als je die höchsten Berge waren.
Da drang das Wasser auch ins Paradies,
zerstörte jede Blüte.
Des Weinstocks Rebe aber riß es ganz heraus
und spülte sie hinweg.
und Noe ging aus seiner Arche.
Und da begann er, ein paar Pflanzen anzupflanzen.
und hob sie auf
und sprach bei sich:
Was ist denn das?
Da trat ich zu ihm hin und sagte,
was diese zu bedeuten habe.
Darf ich sie pflanzen oder nicht,
da Adam dadurch ins Verderben kam?
Ich möchte nicht durch sie
dem Zorne Gottes selbst verfallen.
Nach diesen Worten betet er,
es möge Gott ihm offenbaren,
was er mit ihr jetzt machen sollte.
rief er mit vielem Flehen und Weinen:
Ich rufe, Herr, dich an,
daß du mir offenbarest,
was ich mit dieser Pflanze machen soll. –
und dieser sprach zu ihm:
Steh, Noe, auf
und pflanz die Rebe!
Denn also spricht der Herr:
Es wandelt sich das Bittere dran in Süßigkeit,
der Fluch daran in Segen;
denn, was von ihr gewonnen wird,
das wird zum Blute Gottes
und wie durch sie das menschliche Geschlecht verurteilt ward,
also erlangt es wiederum durch Jesus Christus, den Emmanuel,
in ihm den Ruf nach oben,
den Eingang in das Paradies. –
Wie Adam durch dies Holz verurteilt
und Gottes Herrlichkeit entkleidet ward,
so auch die jetzigen Menschen,
wenn sie den Wein, der davon rührt,
im Übermaß genießen;
denn dann begehen sie eine Sünde,
noch schlimmer als die Sünde Adams,
und sie entfernen sich gar weit von Gottes Herrlichkeit
und überliefern sich dem ewigen Feuer.
Denn die den Wein im Übermaße trinken,
begehen Folgendes:
Der Bruder hat kein Mitleid mit dem Bruder,
der Vater nicht mit seinem Sohn,
die Kinder nicht mit ihren Eltern.
Es kommt vom Weintrunk alles Schlimme,
wie Totschlag, Ehebruch und Buhlerei
und Meineid, Diebstähle und Ähnliches.
Nichts Gutes kommt durch ihn zustand.
Ich lege, Herr, dir eine Frage vor:
der Drache trinke aus dem Meere eine Elle.
So sag mir auch,
wie groß sein Bauch!
Es ist die Unterwelt sein Bauch.
Soweit 300 Männer eine Silberkugel schleudern können,
so groß ist auch sein Bauch.
Komm nun,
daß ich dir Größeres, als bisher, zeige!
und brachte mich dorthin,
von wo die Sonne sich erhebt.
worunter Feuer loderte,
und auf dem Wagen saß ein Mann,
der eine Feuerkrone trug.
Den Wagen zogen vierzig Engel.
Und sieh, ein Vogel, an neun Ellen groß,
lief vor der Sonne her, im Kreis herum.
Was ist das für ein Vogel?
Er sprach zu mir:
Das ist der Weltenwächter.
Wiefern ist dies der Weltenwächter?
Belehr mich drüber!
Es läuft der Vogel neben der Sonne her;
er breitet seine Flügel dabei aus
und fängt so ihre Strahlen auf,
die feuerähnlich sind.
dann bliebe nicht das menschliche Geschlecht am Leben,
noch sonst ein andres Lebewesen.
Doch Gott hat diesen Vogel dazu angestellt.
da sah ich auf den rechten Flügel
gewaltig große Buchstaben,
so groß wie eine Tenne
mit Raum für fast 4000 Scheffel.
Es waren goldene Buchstaben.
Lies sie!
Ich las
und also hießen sie:
„Mich bringt die Erde nicht hervor
und nicht der Himmel.
Mich schaffen nur die Feuerflügel.“
Was ist das für ein Vogel?
Was ist sein Name?
Es ist sein Name Phönix.
Was frißt er denn?
Er sprach zu mir:
Des Himmels Manna und den Tau der Erde.
Gibt auch der Vogel Kot von sich?
Er sprach zu mir:
Er gibt auch einen Wurm als Kot von sich;
der Kot des Wurmes aber wird der Zimt,
den Könige und Fürsten brauchen.
Wart aber noch!
Und wie er so mit mir noch sprach,
gab’s etwas, einem Donnerschlage gleich;
der Ort erbebte, wo wir standen.
Da fragte ich den Engel:
Mein Herr!
Was ist das für ein Schall?
Da sprach zu mir der Engel:
Es schließen eben jetzt die Engel
die 365 Himmelstore auf;
jetzt scheidet sich das Licht von Finsternis.
Lichtspender! Spend der Welt das Licht!
da sprach ich, Herr!
Was ist das für ein Rauschen?
Dies Rauschen weckt die Hähne auf der Erde aus dem Schlaf.
Gleichwie die Menschen aus dem Mund,
so macht der Hahn mit seiner eignen Sprache
den andern Wesen in der Welt sich leicht verständlich.
Denn wenn die Sonne von den Engeln wird zurechtgemacht,
dann kräht der Hahn.
Und wo begibt die Sonne sich an ihre Tagesarbeit,
nachdem der Hahn gekräht?
Baruch, hör mir zu!
All das, was ich dir zeigte,
ist in dem ersten und dem zweiten Himmel.
Im dritten Himmel läuft die Sonne hin
und spendet Licht der Erde.
Harr aus!
Dann wirst du Gottes Herrlichkeit erblicken.
seh ich den Vogel.
Er zeigte sich von vorn;
dann wuchs er nach und nach
und schließlich ward er völlig sichtbar.
mit ihr die Engel, die sie zogen,
mit einer Krone auf dem Haupt,
ein Anblick, den wir mit den Augen nicht ertragen konnten.
da breitet auch der Phönix seine Flügel aus.
Beim Anblick solcher Herrlichkeit
ward ich durch große Angst erschöpft;
ich floh hinweg
und barg mich in des Engels Flügeln.
Hab, Baruch, keine Furcht
Harr vielmehr aus!
Dann siehst du auch,
wie sie zur Ruhe gehen.
und führte mich gen Westen.
Und als die Zeit des Untergehens kam,
erblick ich abermals geradeaus vor mir den Vogel.
Und wie er kam,
erblickt ich auch die Engel,
wie sie die Krone ihr vom Haupte nahmen.
mit eingezogenen Flügeln da.
Weshalb, Herr, nahmen sie der Sonne
die Krone von dem Haupt?
Weswegen ist der Vogel so erschöpft?
Durchlief die Sonne ihren Tag,
dann nehmen ihre Krone vier der Engel in Empfang
und tragen diese in den Himmel,
sie zu erneuern,
weil sie und ihre Strahlen auf der Erde unrein wurden.
So wird sie übrigens an jedem Tag erneuert.
Da sprach ich, Baruch:
Herr!
Weswegen werden ihre Strahlen auf der Erde unrein?
Weil sie der Menschen Frevel und Vergehn mitansehen muß,
wie Buhlereien, Ehebrüche,
Diebstähle, Räubereien
und Götzendienst, Betrunkenheit
und Totschlag, Streitereien
und Eifersucht, Verdächtigungen
und Murren, Ohrenbläserei,
Wahrsagerei und Zauberei und Ähnliches,
was Gott nicht wohlgefällt.
Dadurch wird sie befleckt;
deswegen muß sie stets erneuert werden.
daß so der Vogel in Erschöpfung fällt?
Er hält die Sonnenstrahlen ab
und so wird er durch Feuer und die Hitze
den ganzen Tag recht mitgenommen.
die Sonnenstrahlen ringsum zudecken,
dann könnte keine Seele mehr am Leben bleiben.
kam schon die Nacht;
zugleich damit kam auch des Mondes Wagen
mitsamt den Sternen.
Herr!
Zeig, bitte, mir,
wie dieser aufgeht
und wo er hingeht
und wie er wandelt!
Wart eine Weile!
Dann schaust du ihn in Bälde.
Am andern Morgen schaute ich auch ihn,
in einer Weibsgestalt,
auf einem Räderwagen sitzen.
Und vor ihm waren an dem Wagen Rinder
und Lämmer
und eine große Anzahl Engel.
Was sind denn das für Rinder und für Lämmer?
Er sprach zu mir:
Dies sind auch Engel.
Wie kommt’s, daß er bald zu-, bald abnimmt?
Hör, Baruch!
Er, den du siehst,
war schön gezeichnet von dem Herrn, wie keiner sonst.
hielt er sich in der Nähe Sammaels,
als dieser sich der Schlange als Gewand bediente.
Er aber hielt sich nicht versteckt,
nahm vielmehr zu,
und Gott ergrimmte über ihn
und drückte ihn zusammen
und kürzte seine Tage ab.
Wie kommt’s, daß er nicht allzeit leuchtet,
nur in der Nacht?
Der Engel sprach:
So hör mir zu!
Wie angesichts des Königs nicht die Hofleute
die Meinung offen äußern dürfen,
so können auch die Sterne und der Mond
nicht vor der Sonne glänzen.
Es hängen zwar die Sterne immer da;
doch sind sie von der Sonne stets verdeckt,
und von der Sonnenhitze wird der Mond verzehrt,
bleibt er auch unverletzt.
Dann nahm er mich
und brachte mich in einen vierten Himmel.
und mitten drinnen einen Teich voll Wasser.
doch glichen sie nicht denen auf der Erde.
Dagegen sah ich einen Kranich
und große Rinder,
und alle waren größer, als die auf der Erde.
Was ist das doch für eine Ebene?
Was für ein Teich?
Und was für eine Masse Vögel rundherum?
Hör auf mich, Baruch!
Die Ebene, die den Teich umschließt,
und alles wunderbare drin,
das ist der Ort, wohin die Seelen der Gerechten gehen,
wenn sie zusammenkommen,
in Chören hier zu leben.
das das Gewölk empfängt
und das es auf die Erde regnen läßt,
wovon die Früchte wachsen.
Was sind denn das für Vögel?
Er sprach zu mir:
Die sind’s, die immerfort dem Herrn lobsingen.
Wie können da die Menschen sagen,
das Regenwasser stamme aus dem Meer?
Das Regenwasser stammt vom Meer
und auch von den Gewässern auf der Erde.
Das aber, das die Früchte treibt,
stammt nur von diesen.
daß selbst der sogenannte Himmelstau aus diesen stammt!
und brachte mich in einen fünften Himmel.
Ich sagte: Herr!
Wird diese Pforte nicht geöffnet,
daß wir hineingehen könnten?
Der Engel sprach zu mir:
Wir können nicht hineingehen,
bevor nicht Michael,
des Himmelreiches Schlüsselwahrer, kommt.
Wart nur!
Dann schaust du Gottes Herrlichkeit.
gleich wie ein Donner.
Ich sagte: Herr!
Was ist das für ein Lärm?
Soeben steigt der Engelfürst Michael hinab,
um das Gebet der Menschen in Empfang zu nehmen.
Die Pforten sollen offen stehen!
Man öffnete,
und da entstand ein Knarren wie ein Donnerschall.
Da ging der Engel, der mir beigegeben, ihm entgegen
und kniete vor ihm nieder mit den Worten:
Gegrüßt seist du, mein Erzengel
und Führer unserer ganzen Abteilung!
Du, unser Bruder, sei gegrüßt,
der du die Offenbarungen erklärest denen,
die ihre Lebenszeit gar gut verbringen!
Da sah ich, wie der Engelführer Michael
dort eine ganz gewaltig große Schale hielt,
und ihre Tiefe war so groß,
wie von dem Himmel bis zur Erde,
und ihre Breite, wie vom Norden bis zum Süden.
Ich sagte: Herr!
Was ist das, was der Erzengel Michael in Händen hält?
In diese Schale kommen alle die Verdienste der Gerechten,
sowie die guten Werke, die sie tun;
sie werden vor den Himmelsgott gebracht.
Da kamen Engel her mit Blumenkörbchen.
Sie gaben sie dem Michael.
Herr!
Wer sind doch diese;
was bringen sie hieher?
Dies sind die Engel, die bei den Gerechten sind.
und warf sie in die Schale.
Die Blumen sind die Tugenden der Frommen.
die nicht gefüllt.
Sie kamen ganz betrübt herbei
und wagten nicht, heranzukommen,
weil sie nicht vollzählig die Siegespreise hatten.
So kommt auch ihr herbei, ihr Engel!
Tragt her, was hier ihr mitgebracht!
und auch der Engel, der bei mir,
weil sie nicht volle Schalen hatten.
sie jammerten und weinten
und sagten unter Furcht und Zittern:
Schau, wie wir tief betrübt sind, Herr,
dieweil wir schlechten Menschen zugewiesen sind!
Wir wollen sie deshalb verlassen.
Ihr könnt sie nicht verlassen;
sonst möcht der Feind am End die Oberhand gewinnen.
Doch saget mir, um was ihr bittet!
Wir bitten dich, Michael, unsern Engelfürst:
Ruf uns von ihnen weg!
nicht länger aushalten;
nichts Gutes gibt’s bei ihnen,
nur jede Ungerechtigkeit und Habsucht.
Wir sahn sie niemals – in die Kirche gehen,
noch zu den geistlichen Vätern –
zu irgendeinem guten Werk.
Vielmehr, wo nur ein Mord geschieht,
da sind sie mitten drunter
und wo es Buhlereien, Ehebrüche, Diebstähle,
Verdächtigungen, Meineid, Neid, Betrunkenheit
und Streitigkeiten, Eifersucht
und Murren, Ohrenbläserei
und Götzendienst, Wahrsagerei und ähnliches sich findet
da sind sie auch dabei als die,
die solcherlei und noch viel Schlimmeres verüben.
Deswegen bitten wir,
daß wir von ihnen fortgehen dürfen.
So wartet,
bis ich vom Herrn erfahre,
was jetzt geschehen soll!
geschlossen wurden da die Pforten.
Hierauf erhob sich ein Getöse wie ein Donner.
Was ist doch das für ein Geräusch?
Er sprach zu mir:
Gerade jetzt bringt Michael
die Tugenden der Menschen hin vor Gott.
da ward das Tor geöffnet.
Er hatte Öl bei sich.
füllt er sie mit dem Öl und spricht:
Tragt dieses fort!
Gebt hundertfältigen Lohn jetzt unsern Freunden
und denen, die die guten Werke mühvoll taten!
Gut ernten, die gut säen.
die ihre Körbchen halbleer brachten:
So kommt auch ihr herbei!
Empfangt den Lohn nach dem, was ihr gebracht!
Gebt ihn den Menschenkindern! –
wie auch zu denen mit halbleeren:
Geht hin und segnet unsere Freunde!
Und sagt zu ihnen:
So spricht der Herr:
In wenigem seid ihr getreu;
so setz ich über vieles euch.
Geht ein zu eures Herren Freude! –
und sprach zu denen, die ihm nichts gebracht:
So spricht der Herr:
Macht doch kein trauriges Gesicht!
Weint nicht!
Doch laßt die Menschenkinder auch nicht fahren!
geht hin und macht sie eifersüchtig!
Reizt und erbittert sie gegen ein Nichtvolk,
ein unverständig Volk!
und junge Heuschrecken und Mehltau
und alte Heuschrecken und heftigen Hagel samt den Blitzen!
Zerschneidet mit dem Schwert sie in der Mitte
und tötet sie mit Pest,
mit Geistern ihre Kinder!
und taten nicht, was ich geboten,
und lebten nicht danach.
Sie zeigten sich vielmehr
als meiner Vorschriften Verächter,
mißhandelten die Priester,
die ihnen meine Worte kündeten.
da wurde schon das Tor geschlossen.
So machten wir uns auf den Rückweg.
und brachte mich an jenen Ort zurück,
wo ich zuerst gewesen.
da brachte ich Gott einen Lobpreis dar,
weil er mich solcher Ehr gewürdigt.
ihr, meine Brüder, Gott verherrlichen,
wenn ihr auch eine solche Offenbarung
empfangen habt,
damit auch Er euch jetzt und immerdar,
in alle Ewigkeit verherrliche! Amen.
Erläuterungen
Das griechisch und slavisch erhaltene Werk schildert Baruchs Reisen durch die sieben Himmel. Die slavische Übersetzung stellt im allgemeinen einen Auszug aus dem umfangreichen griechischen Buche dar. Das Ganze geht auf eine jüdische Grundschrift zurück; sie mag wegen ihrer ausführlichen Engellehre auf essenische Kreise zurückgehen. Später kamen christliche Zusätze hinzu. (Br. Violet, Die Apokalypsen des Esra u. des Baruch 1924 E. Kautzsch II 1900, 446 ff R. Charles, Pseudepigr. II 1913, 527).
- [Präskript:] 2 Der Fluß Gel ist wahrscheinlich der Kidronbach. Gel mag auf hebräisches gal „Quelle“ zurückgehen. Abimelech fiel nach Paralip. Jer. in Schlaf während Jerusalems Zerstörung und entging so der Gefangenschaft. Agrippas Landgut mögen die sog. Salomonischen Gärten sein (Jos. Ant. VIII 7, 3). 3 „Die schönen Pforten“ s. Jos. B. J. V 5, 3 Apg 3, 2.
- 1: 3 „liebwerter Mann“ ebenso Dan 10, 11 f (Theodot.). 8 „Engel der Kräfte“ s. 2 Thess. 1, 7.
- 2: 1 Der Ozeanfluß. 5 Phamael verderbt aus Phannel.
- 4: 3 200 Plethren sind ungefähr 1½ Stunden lang. 9–15 Christlicher Zusatz. 17 Essenisch s. Philo De vita cont. II 471 „Als Getränke dient ihnen fließendes Wasser“.
- 6: 2 wörtl. „wie neun Berge groß“. 10 Phönix, vielleicht aus dem ägypt. Bennu = Vogel entstanden. Dieser war ein Sinnbild der aufgehenden Sonne. Phönix und bennu bedeuten auch „Palmbaum“. 12 Sonst entwickelt sich der Wurm zu einem neuen Phönix. Warnung vor Luxus, essenischer Zug. 16 Bei den Griechen[1270] gehörte der Hahn als Sonnenvogel dem Helios und Apollo.
- 7: 6 Sonne und Phönix.
- 9: 1 Sonne und Phönix. 7 Der slavische Text sagt „Als die Schlange den Adam und die Eva verführte, ... wurden die Engel und die Kräfte erschüttert; der Mond aber lachte. Deshalb .. verdunkelte Gott sein Licht, ... von Anfang an war es nicht so; er war leuchtender als die Sonne und hatte die Dauer eines Tages“. Ähnlich rabbinische Traditionen. Eine alte Keilinschrift sagt, der Durchmesser des Mondes sei 100 gegen 60 der Sonne.
- 10: 1 wörtlich „den dritten Himmel“. 2 Der acherontische See (Apok Mos 37). 7 Die Seelen der Gerechten. 9 Das salzige Meerwasser würde den Pflanzen schaden.
- 11: 3 „Geräusch“ vom Öffnen der Himmelspforten (Apok Adams. 4 Im vierten Himmel stand nach rabbin. Überlieferung der Altar, worauf Michael die Gebete opferte. 8 s. Apok. 5, 8 „Goldene Rauchgefäße sind die Gebete der Heiligen“.
- 13: 4 Christlicher Zusatz.
- 14: 4 Christlicher Zusatz s. Mth 25, 21.
- 16: 1 Der slavische Text hat hier ein Mehr. 2 Dt 32, 21 Rom 10, 19. 4 Ein Mehr im slav. Text.
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch folgende Artikel aus Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft zu dem hier dargebotenen Text: