An meine Mutter (Michel Berend)
Gelobt sei der Herr, daß ich Deine Hand
Mit heißen Thränen darf nässen –
Ich habe Dich wieder, o Mutterherz,
Und nun will ich Alles vergessen.
Die Liebe vergaß das Lieben –
O Mutter, von Allem, was ich besaß,
Bist Du, nur Du mir geblieben.
Du hast Dein Wohl, Dein Hoffen, Dein Weh
Du hast – da mir nicht zu helfen war,
Gebetet für mich und geweinet.
Du hast Dich in meiner Freude gefreut,
Und die Wunden, die mir geschlagen,
Doch ohne gleich mir zu klagen! –
– Vergieb mir, Herr, daß ich so oft
Vergiftet habe ihr Leben,
Vergieb, daß sie es getragen hat,
Sieh’, Mutter, nach manchem langen Jahr
Kehr’ ich Dir wieder auf’s Neue,
Nur Deines von allen Herzen ich fand
Voll der alten Liebe und Treue.
An diesem Herzen nieder,
Und was mir draußen verloren ging,
Hier find’ ich Alles wieder.
WS: Dieser Beitrag erschien bereits in der Gartenlaube des Jahrgangs 1856.