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An einen Moralisten

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Textdaten
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Autor: Friedrich Schiller
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Titel: An einen Moralisten
Untertitel: Fragment.
aus: Anthologie auf das Jahr 1782, S. 78 – 81
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1782
Verlag: J. B. Metzler
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Erscheinungsort: Stuttgart
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[78]
An einen Moralisten.
Fragment.


Betagter Renegat der lächelnden Dione!
     Du lehrst, daß Lieben Tändeln sey,
Blikst von des Alters Winterwolkenthrone
     Und schmälest auf den goldnen May.

5
Erkennt Natur auch Schreibepultgeseze?

     Für eine warme Welt – taugt ein erfrorner Sinn?
Die Armuth ist, nach dem Aesop, der Schäze
     Verdächtige Verächterin.

Einst als du noch das Nymfenvolk bekriegtest,

10
     Ein Fürst des Karnevals den teutschen Wirbel flogst,

Ein Himmelreich in beiden Armen wiegtest,
     Und Nektarduft von Mädchenlippen zogst?

[79]

Ha Seladon! wenn damals aus den Achsen
     Gewichen wär so Erd als Sonnenball,

15
In Wirbelschwung mit Julien verwachsen,

     Du hättest überhört den Fall.

Und wenn nach manchen fehlgesprengten Minen
     Ihr eignes Blut, von wilder Lust geglüht,
Die stolze Tugend deiner Schönen

20
     Zulezt an deine Brust verrieth?


Wie? oder wenn romantisch im Gehölze
     Ein leiser Laut zu deinen Ohren drang,
Und in der Wellen silbernem Gewälze
     Ein Mädchen Sammetglieder schwang?

25
Wie schlug dein Herz! wie stürmete! wie kochte

     Aufrührerisch das scharfgejagte Blut!
Zukt jede Senn – und jeder Muskel pochte
     Wollüstig in die Flut!

[80]

Wenn dann gewahr des Diebs, der sie belauschte,

30
     Purpurisch angehaucht von jüngferlicher Schaam,

Ins blaue Bett die Schöne niederrauschte,
     Und hintennach mein strenger Zeno – schwamm.

Ja hintennach – und sey’s auch nur zu baden!
     Mit Rok und Kamisol und Strumpf –
–       –       –       –       –       –       –       –       –       –
–       –       –       –       –       –       –       –       –       –

35
Leis flöteten die lüsternen Najaden

     Der Grazien Triumf!

O denk zurük nach Deinen Rosentagen,
     Und lerne, die Philosophie
Schlägt um, wie unsre Pulse anders schlagen,

40
     Zu Göttern schafst du Menschen nie.


Wohl! wenn ins Eis des klügelnden Verstandes
     Das warme Blut ein bischen muntrer springt!
Laß den Bewohnern eines bessern Landes
     Was ewig nie dem Erdensohn gelingt.

[81]
45
Zwingt doch der thierische Gefährte

     Den gottgebornen Geist in Sklavenmauren ein –
Er wehrt mir, daß ich Engel werde;
     Ich will ihm folgen Mensch zu seyn.

M.