An die Schriftstellerinnen
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An die Schriftstellerinnen. Nach le Brun.
Siehe, Göttinger Musenallmanach 1797. S. 131.
Die ihr, zur Liebe nur geboren,
Die süße Kunst, zu reizen wißt,
Euch zürnet Amor, wenn verloren
Durch Reimerey die Nacht euch ist;
Entflöht ihr treulos Cypris Hain?
Und wolltet eurer Nächte Stunden
Nur Pallas finstrer Eule weihn?
Begnügt euch mit den schönern Siegen,
Mehr ist ein Augenblick Vergnügen,
Als aller Ruhm der Nachwelt werth.
Die Rose, die im Blüthenschimmer
Kaum eines Tages Sonne lebt,
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Die ihre Stirn zu Wolken hebt.
Seht ihr, daß Cythereens Taube
Nach Herrschaft in den Lüften ringt,
Des Donnrers Adler nach, zum Raube
Laßt uns des Pindus Höhn, und sieget
Gleich Paphos schöner Königinn,
In süßen Tönen überflieget
Doch Wieland Lesbos Sängerinn.
Wird des Parnasses Roß gelenkt;
Es zähmet nicht die Hand der Schönen.
Die kühn es zu regieren denkt.
Die sanften Grazien entweichen
Drum wollet ihr den Musen gleichen:
Begeistert – aber schreibet nicht!
F. v. K.