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An die Arbeiterinnen

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Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
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Titel: An die Arbeiterinnen
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Herausgeber: Die Gleichheit
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Erscheinungsdatum: 28. Dezember 1891
Verlag: J. H. W. Dietz
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Erscheinungsort: Stuttgart
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Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Probenummer von 1891
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An die Arbeiterinnen.

Nicht an die Männer nur, die schon seit langen
Bewegten Jahren unermüdlich schufen,
Ist laut der Ruf der neuen Zeit ergangen –
Sie will auch euch zu ihren Fahnen rufen;

5
Sie will auch euch inmitten eurer Frohne

Bewußt erziehn zum Forschen und zum Denken,
Sie wirbt um euch und würde euch zum Lohne
Ein großes, schönes, stolzes Hoffen schenken.

Zwingt doch auch euch die starre Noth, gleich jenen,

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Vom Morgen bis zur Nacht an die Maschinen,

Müßt doch auch ihr, wie sie mit Hirn und Sehnen
Um kargen Lohn bis zur Erschöpfung dienen!
Ihr müßt, wie sie, mögt ihr die Faust auch ballen,
Ins Joch den Nacken widerwillig schmiegen,

15
Ihr seid dem Elend, wie der Mann, verfallen,

Wenn eure Kräfte einst der Zeit erliegen.

Wohl fragt und forscht und grübelt ihr im Stillen
Und träumt von hohen und von edlen Dingen,
Doch der Erkenntniß nur, dem festen Willen

20
Wird die Erlösung dermaleinst gelingen,

Und im Gefolge nicht, nein, an der Seite
Der Männer alle, die im Kampfe liegen,
Sollt ihr in diesem ungeheuren Streite
Den hohen Preis erkämpfen und ersiegen!

25
Und wenn euch nichts in jene Reihen triebe,

Wenn jede Hoffnung ihr für euch begraben,
So thut es euren Kindern doch zu Liebe,
Damit sie’s besser einst und leichter haben!
Wer steht der Mutter näher, als die Kleinen,

30
Wen sähe lieber sie vor Noth geborgen?

Was thut ihr weher, als der Kinder Weinen,
Wenn sie zur Arbeit ruft der frühe Morgen?

Und Eines noch laßt euch zu Herzen gehen,
Wenn ihr nicht selber euch darauf besonnen:

35
Nicht eher siegen unsrer Zeit Ideen,

Bis auch die Frauen sie für sich gewonnen!
Und die Idee wird niemals überwunden,
Wie oft den Ansturm auch der Haß erneue,
Wenn sie den Weg ins Herz der Frau gefunden

40
Mit seiner Innigkeit und seiner Treue.


So wird auch unsre Arbeit nicht zu nichte,
Nehmt ihr entschieden Theil am heil’gen Streite –
Dess‘ bürgt dem Wissenden die Weltgeschichte,
Die unbestechliche, auf jeder Seite.

45
Ob du ein Mädchen bist mit ros’gen Wangen,

Ob eine Mutter du mit blassem Kinde:
Der Ruf der Mahnung ist an dich ergangen –
Wird er verwehen ungehört im Winde? R. L.