Zum Inhalt springen

An Julius

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Karl Ludwig Methusalem Müller
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: An Julius
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1798, S. 259 – 262
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1798
Verlag: J. G. Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite



[259]

An Julius.


Grünen die Birken an des sanften Hügels
Leis sich neigendem Abhang, wo im Thale
Ueber Moosgestein der erzürnten Sprea Wogen sich stürzen?
Hauchet das Veilchen auf dem weichen Rasen

5
Schon den würzigen Duft, wo sanft umschimmert

Von der Blättchen bebendem Gold der Erlen Kronen sich neigen?
Hörest du schon wie in des Haynes Tempel
Sanft und liebend Aeodi’s Lied erschallet,
Und den seelenschmelzenden Ton die milde Echo erwiedert?

10
In dem smaragdnen Grün des jungen Saaten

In dem dunkleren Blau des klaren Himmels
Aus dem Spiegel stiller Gewässer lächelt freundlich die Liebe.

[260]

Aber du sitzest ernst im stillen Zimmer,
Wägst auf tönender Waage schwere Thaten,

15
Thaten, die dein liebendes Herz in ewge Dunkelheit hüllte;

Oder du steigest mit des Tiefsinns Fackel
An der leitenden Hand erfahrner Weisen
Nicht geschreckt von Furchtsamen in des Herzens schaurigen Abgrund,
Lauschest der Stimme, die im eignen Busen

20
Dir des Rechtes verkannte Sprüche deutet,

Und es schätzt dein kräftiges Wort der Freiheit heilige Regel.
Aber auch hier verlassen ihren Liebling
Nicht die Töchter Chronions, streuen lächelnd
Auf die ernste Rede der holden Dichtkunst goldene Blumen.

25
Blicke durchs Fenster! schau die Rosengluten

Dort am Saume der grünen Erd’ erblassen

[261]

Schon zu falbem Schimmer, es athmet Kühlung friedlich der Abend!
Auf und verlaß des Codex schwere Bände
Tauche unter den Geist ins junge Leben

30
Das dich rings ein wogendes Meer umflutet schaffender Kräfte,

Wohnet nicht hier des Herzens stille Ruhe,
Wo das weise Gesetz der Ordnung waltet,
In der Schönheit freyer Gestalt, ein Sinnbild menschlichen Adels?
Siehe wie dort im Blüthenschatten Amor

35
Mit den lieblichen Kindern Florens scherzet.

Ernster Jüngling! fürchte des kleinen Gottes glänzenden Bogen.
Fliehest du unmuthsvoll die losen Freuden
Und das kältende Eis der Etikette,
Nehme dich die große Natur an ihren wärmenden Busen!

[262]
40
Denke dann meiner, wenn voll stiller Andacht

Sich dein fühlendes Herz zu ihm erhebet,
Der den Frühling schenket der Erd und Liebe edleren Geistern!

K. L. M. MÜLLER.