Am Sterbebett der Natur
Ich wand’le durch den herbstlich öden Wald;
Hoch über mir die Krähenschwärme krächzen.
Von Westen bläst der Sturmwind feucht und kalt.
Und in den Wipfeln geht ein wimmernd Aechzen.
Es raschelt in der Eiche dürrem Laub;
Den welken Schmuck, ihn will sie noch bewahren.
Was längst des Frosts und der Verwesung Raub,
Noch läßt es nicht die Uebertreue fahren.
Halboffnen Aug’s nur ist der Tag erwacht;
Kein Sonnenstrahl will seine Wange färben. –
Natur, Natur, wie wehrst du dich mit Macht
Im letzten Lebenszucken vor dem Sterben!
Ich hör’ es, wie du leise stöhnst und weinst
Auf deinem Todtenbett von Blätterfetzen.
Schlaf ruhig ein! Erwachen wirst du einst
Zu neuer Pracht nach ew’gen Weltgesetzen.
Du hast gegrünt, geblüht und Frucht gebracht;
Du hast getrunken heiße Sonnenküsse –
Wild fegt der Wind. Ich habe still bedacht.
Wie doch so schwer sich sterben lassen müsse.
Gebetet hab’ ich, daß mir Gott einmal
Mit diesem Trost das letzte Leid versüße,
Daß ich nicht sterbe ohne Sonnenstrahl
Und ohne treuer Liebe Scheidegrüße.