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Am Beichtstuhl

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Textdaten
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Autor: Ernst Scherenberg
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Titel: Am Beichtstuhl
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 150–151
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
siehe auch Zur Notiznahme, Heft 24, S. 394
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Bearbeitungsstand
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[150]

 Am Beichtstuhl.

Im Dome ist’s, im Schutz der heil’gen Mauern;
Am Beichtstuhl hingesunken kniet ein Weib,
– Der Priester zürnt – und wie in Fieberschauern
Durchzuckt es schmerzensvoll den jungen Leib.

5
Du Aermste, sprich, was Schweres du verschuldet,

Daß dich der Eif’rer in den Bann gethan!
Hast eines Ketzers Liebe du geduldet?
Ergriff dich selbst des Ketzerglaubens Wahn?

Dem Beicht’ger nur gestand’st du dein Verbrechen;

10
Er stieß dich strafend in den „Sündenpfuhl“;

Unfehlbarkeit weiß Andrer Fehl zu rächen –
Schon schreitet starr der Priester aus dem Stuhl.

Umsonst erflehst Du seines Segens Spende,
Aus diesem Auge bricht kein Gnadenschein,

15
Umsonst ringst Du verzweifelnd Deine Hände –

Des Priesters Hand winkt nur ein kaltes Nein!

Genug, o Weib! Hör’ auf, Dich zu erniedern!
Wenn Pfaffenhaß ein Menschenglück zertrat:
Der Gott der Liebe wird Dein Fleh’n erwidern

20
Und sprießen läßt er der Vergeltung Saat.


– Auch du, mein Volk, jahrhundertlang im Staube
Hast du gekniet vor röm’scher Tyrannei;
Der Kirche ward dein bestes Theil zum Raube –
Mach’ endlich dich von ihrem Joche frei!

25
Steh’ auf und stürme mit des Geistes Speeren

Die Zwingburg Roms in raschem Siegeslauf!
Will man die alten Himmel uns verwehren,
So schließen wir uns neue Himmel auf.


Ernst Scherenberg.
[151]

Am Beichtstuhl.
Nach dem Oelgemälde von H. von Angeli.