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Alte Schrift

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Conrad Ferdinand Meyer
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Titel: Alte Schrift
Untertitel:
aus: Gedichte, Seite 100
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von H. Haessel
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
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Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
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[100]

Alte Schrift.

Jüngst verlockt’ es mich im Abendglimmen,
Zum Lombardenthurm emporzuklimmen,
Dem verschollnen Herrscher hier im Gaue,
Der die Ferne noch beherrscht, die blaue.

5
In den Trümmern bin ich lang geblieben:

Wandrernamen standen rings geschrieben
Hoch im Raum – der Boden war gewichen,
Lettern und Gebilde halb erblichen.

Einer dichtet ANNO MD:

10
„Gott hab’ ich in der Natur bewundert!“

„Gaudeamus!“ gräbt ein flotter Zecher
Um den keck entworfnen Riesenbecher.

Dort ein Herz von einem Pfeil durchschnitten:
„Hedewig“ steht auf des Bolzes Mitten;

15
Dicht daneben setzt ein Zeitgenosse

Gut lateinisch eine derbe Posse –

Dann zur Rast in des Castelles Schatten
Legten sich die Schüler auf die Matten,
Schlürften eines Humpens rothe Wellen

20
Und mir ist: ich trink’ mit den Gesellen.