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Als die Not am größten war

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Maria Janitschek
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Titel: Als die Not am größten war
Untertitel:
aus: Gesammelte Gedichte
Herausgeber:
Auflage: 4. Auflage
Entstehungsdatum: 1892
Erscheinungsdatum: 1910
Verlag: Verlag Süddeutsche Illustrations-Centrale. Literarische Abt.
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: München
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Digitalisat Universität Chicago
Scans auf Commons
S. 104–105
Kurzbeschreibung:
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Bild
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Bearbeitungsstand
fertig
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[104] ALS DIE NOT AM GRÖSSTEN WAR

Apfelbäumchen ist Braut geworden.
Im weißen Blütenkleide
Feiner als indische Seide,
Von Maienglast umsponnen,

5
Steht es in der Sonnen,

Und spricht dem Lenz sein: Ja!

Apfelbäumchen ist Mutter geworden,
Rotbäckchen trägt’s in den Armen,
Mit Lebenssäften, warmen,

10
Hat es die Kindlein aufgenährt,

König Sommer hat ihnen Schutz gewährt.

Apfelbäumchen ist Witwe geworden.
Der Lenz, der schöne Lenz ist tot,
Die Kindlein sind fortgegangen.

15
Es droht der Sturm im Abendrot,

Die Aeste zittern und bangen.

Apfelbäumchen ist Bettlerin worden.
Dürr steht es da in der Einsamkeit,
Und beugt sein Haupt in stummem Leid

20
[105] Ganz bloß und allen Schmuckes bar.

Herbststürme zerrissen ihm das grüne Haar.

Da tönt eine Stimme zu ihm:
„So nackt und arm, von Frösten steif,
Bist du für meine Güte reif.

25
So kann ich in Wunder dich kleiden,

Am Ueberfluß deine Armut weiden.“

Und hoch aus dunkler Wolken Gefieder,
Gleitet ein silberner Mantel nieder,
Und hüllt das Dürftige sorglich ein.

30
Und in der Adern neuem Regen

Fühlt es des Schöpfers Frühlingssegen.