Allerheiligen im Schnee
Grüß dich Gott, du Pracht in Trümmern,
Schlanke Säule, kühnes Thor!
Wie die schönen Glieder schimmern
Aus dem Winterkleid hervor!
Göttlich ist der Schönheit Reine –
Andacht faßt mich, da ich steh’
Vor dem Hochamt deiner Steine,
Allerheiligen im Schnee.
Sieghaft predigst du das Leben;
Deiner dunklen Tannen Zier
Und des Epheus grüne Reben
Sind dein offenes Brevier;
Mitten in Zerstörungsschauern,
Wintertod und Winterweh
Schmückt das Leben deine Mauern,
Allerheiligen im Schnee.
Und lebendig im Geranke
Ragst du selbst, verstörter Bau,
Denn der Schönheit Gottgedanke
Wohnt im Steine morsch und grau;
Ob gestürzt der Flammen Wüthen
Dich von deines Glanzes Höh’ –
Dein Gedächtniß wird er hüten,
Allerheiligen im Schnee.
Nicht mit frommen Litaneien
Naht dir mehr der Beter Schaar,
Doch dem Geist, dem göttlich freien,
Bist du jetzo noch Altar;
Und entbehrst du Glockentöne,
Orgelklang und Kyrie –
Heilig macht dich deine Schöne,
Allerheiligen im Schnee.