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Allen Brustleidenden zur Warnung!

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Textdaten
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Titel: Allen Brustleidenden zur Warnung!
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 236
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[236] Allen Brustleidenden zur Warnung! Seit einiger Zeit sind an uns von vielen Unglücklichen, die an Lungenschwindsucht leiden, Anfragen gerichtet worden, ob uns oder unseren medicinischen Beiräthen Näheres über die „neuentdeckte sibirische Pflanze Homeriana“ bekannt sei, welche gegenwärtig in den Annoncen vieler Blätter als vorzügliches Heilmittel gegen die Lungentuberculose angepriesen wird. Die meisten dieser Anfragen haben wir brieflich im warnenden Sinne beantwortet, da sich aber dieselben in letzter Zeit massenhaft häuften, so glaubten wir, hier einer mit großem Aufwande und nicht ohne Geschick betriebenen Reclame, die auf die Unwissenheit und Leichtgläubigkeit der Kranken speculirt, gegenüber zu stehen, und hielten es für unsere Pflicht, in Bezug auf diese „neue“ Wunderpflanze eine öffentliche Warnung zu erlassen. Wir wußten, daß der im Kampfe gegen den Geheimmittelschwindel so sehr verdiente „Ortsgesundheitsrath der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe“ schon unterm 27. Januar d. J. folgende Bekanntmachung erlassen hat:

„Unter der Ueberschrift ‚Zur Heilung der Lungentuberculose‘ wird seit einiger Zeit durch Reclamen und Inserate in hiesigen und auswärtigen Blättern eine angeblich bisher unbekannte, nach ihrem Entdecker ‚Homeriana‘ genannte sibirische Pflanze als untrügliches Heilmittel gegen Schwindsucht den Leidenden empfohlen.

Bei der Untersuchung der Pflanze, die wir kommen ließen, erwies sich dieselbe als Polygonum aviculare, Vogelknöterich, welcher bekanntlich an Wegen, auf Aeckern und in Gärten bei uns in großer Menge wächst und die angepriesene Heilwirkung nicht im Entferntesten besitzt.

Die ‚Homeriana‘ ist von der sogenannten ‚Centralen Vertriebsstelle diätetisch-hygieinischer Erzeugnisse‘ des J. Kirchhöfer in Triest zu beziehen. Ein Paket von allerhöchstens 10 Pfennig Werth kostet 2 Mark. Wir warnen vor diesem Schwindel.“

Wir wandten uns daher an den genannten Ortsgesundheitsrath mit der Bitte, uns das ausführliche Resultat seiner Untersuchungen einsenden zu wollen, und erhielten von demselben eine zweite vom 21. März dieses Jahres datirte Bekanntmachung, in welcher trotz des haltlosen Einwandes des Kirchhöfer die Homeriana als Vogelknöterich erklärt wird und welches mit den Worten schließt:

„Um Vertrauen zu erwecken, giebt Kirchhöfer an, er habe die Homeriana dem Reichsgesundheitsamt zur Begutachtung vorgelegt; dies hat sich bestätigt, das Reichsgesundheitsamt lehnte jedoch die Begutachtung, wie vorauszusehen, ab. Als ärztliche Autorität, von welcher die Homeriana empfohlen sei, wurde in den Kirchhöfer’schen Reclamen Prof. Dr. Schnitzler in Wien angeführt. Dieser Arzt verwahrte sich jedoch alsbald gegen solchen Mißbrauch seines Namens, indem im Gegentheil nach den von ihm gemachten Beobachtungen mit der Homeriana, welche nichts anderes als der bekannte Vogelknöterich sei, keinerlei Resultate erzielt würden.

Eine Cur mit dem völlig nutz- und werthlosen ‚Heilmittel‘ dauert 60 Tage und kostet nicht weniger als 75 Franken. Nachdem wir die Pflanze wiederholt einer Prüfung durch Sachverständige unterworfen haben, müssen wir unser früheres Urtheil in vollem Maße aufrecht erhalten, daß die Reclamen des J. Kirchhöfer ein betrügerischer Schwindel sind.“