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Ahrenshoop, Februar und März 1944

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: Ahrenshoop, Februar und März 1944
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Entstehungsdatum: 1944
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Tagebuchauszüge zum Thema Ahrenshoop, Februar und März 1944
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Einführung

Der Artikel Ahrenshoop, Februar und März 1944 zeigt die von Stefan Isensee im Rahmen seines Werkes „Ahrenshoop vor und im Krieg“ zusammengestellten Tagebuchauszüge von Februar und März 1944. Textauslassungen wurden mit [...] gekennzeichnet, eingefügte Erläuterungen von Stefan Isensee in eckigen Klammern kursiv [Erläuterung].

Tagebuchauszüge

[1]
Sonnabend, d. 5. Februar 1944.     

[...] [1]      Am Donnerstag abend waren wir bei Neumanns im Kurhaus eingeladen, wie jedes Jahr um diese Zeit. Es gab wie immer vorzügliches Essen, Brühe, Hasenbraten, Rotkohl. Leider ist dem Vater Neumann nun auch der Wein ausgegangen u. wir mußten uns mit Flaschenbier begnügen. Seit Beginn des Krieges, also seit fünf Jahren, habe ich kein Bier mehr getrunken. Was uns unter diesem Namen vorgesetzt wurde, war ein dünnes u. fades Gesöff, das sich höchst unangenehm auf die Blase schlug. – Ohne Alkohol ist, abgesehen vom Essen, solch ein Abend bei Neumanns eine reichlich langweilige Sache. [...]

[2]
Freitag, 3. März 1944.     

[2]      Gestern Abend Versammlung im Balt. Hf., vom Luftschutz einberufen in der üblichen unverschämten Art, indem vorher ein Lufzettel herumgeschickt wird, den jeder unterschreiben muß u. mit dem einem Strafe angedroht wird im Falle Nichterscheinens. Der Einberufer dieser Versammlungen ist zwar der Bürgermeister, in Wirklichkeit aber Prof. Reinmöller als Oberluftschutzbonze der Gemeinde. Bisher konnte ich mich von diesen Versammlungen immer drücken, gestern mußte ich selbst hingehen. Man hatte mir schon früher die Art dieser Vorträge dieses Mannes geschildert, aber was ich gestern hörte, überstieg alle Vorstellungen. Nachdem er anfangs ganz kurz die üblichen Verdunkelungsvorschriften nochmals vorgekaut hatte, ging er zur allgemeinen Politik über. Die Engländer nannte er ein ehrloses Volk, Halunken, Gangster usw. Er erklärte, daß er, falls ein engl. Flieger hier einmal notlanden müßte u. schwer verwundet wäre, – daß er einem solchen seinen ärztlichen Beistand versagen u. ihn verrecken lassen würde. Er begründete dann seine Ansicht über die ehrlosigkeit des engl. Volkes mit den politischen Argumenten, die man täglich im Rostocker Anzeiger liest. Nebenher beschimpfte er auch die Minister aus der sog. „System Zeit“ als Halunken u. Säufer u. dann erzählte er eigene Heldentaten aus dem ersten Weltkriege, die seine eigene edle Menschlichkeit in's Licht rückten, die aber für jeden Menschen, der selbst Soldat war u. etwas denken kann, als Lügen oder Schönfärberei erkennbar waren. Zum Schluß feierte er Sven Hedin. Das Ganze war eine Orgie von gemeiner Gesinnung u. von Haß. Der Kerl spielt sich da als Held auf, obwohl jeder weiß, daß er zuhause unterm Pantoffel seiner Haushälterin, steht u. nichts zu sagen hat. Es ist entsetzlich, wie solch ein Kerl die stumpfen Geister der Leute hier mit seiner Propaganda vergiftet. In seiner Dummheit sprach er auch von den Finnen, die ja von Goebbels Propaganda als ein besonders edles Heldenvolk hingestellt worden sind. Das mag ja gern stimmen; aber dieser Herr Prof. Reinmöller, dieser politische Analphabet, hat natürlich garkeine Ahnung davon, daß diese selben Finnen bereits seit Wochen in Stockholm mit den Russen über einen Waffenstillstand verhandeln u. daß diese Verhandlungen nun so weit gediehen sind, daß konkrete Vorschläge von russischer Seite vorliegen u. daß der finnische Reichstag sich mit denselben bereits befaßt hat. [...]

[3]
Mittwoch, 22. März 44.     

[...] [3] Finnland hat die russischen Waffenstillstandsbedingungen abgelehnt u. kämpft weiter. Wir werden sie gezwungen haben. Langsam fängt im Lande an, die Lebensmittel-Knappheit spürbar zu werden. Es gibt keine Kartoffeln u. kein Fett. Es wird bald schlimm werden. – Die Invasion von Westen her droht immer mehr, England hat ab 1. 4. 44. seine Süd- und Ostküste als Kriegsgebiet erklärt, also wird es dann wohl los gehen. Die Nervosität steigt. – [...]

[4]
Sonntag, 26. März 1944.     

[4]      Die Luftangriffe steigern sich weiter, obgleich man es kaum noch für möglich halten sollte. [...]

[4]      In Ungarn Massenverhaftungen von Juden, liberalen Politikern u. Journalisten. [...]

[4]      Pfr. Dr. Wachsmann aus Greifswald, Freund von Dr. Tetzlaff, ist hingerichtet worden. – [...]

[4]      Am Freitag Nachm. erstmalig die Bu. Stu. wieder geöffnet. [...]