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Abermahls ein medicinischer Charlatan in Franken

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Textdaten
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Autor: F. K. [Anonym]
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Titel: Abermahls ein medicinischer Charlatan in Franken
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 4, S. 728–737
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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III.
Abermahls ein medicinischer Charlatan in Franken.
Der Potanikus Vogel und Sieur Johann Abell[1] haben kaum ihre Buden abgebrochen; so kommt der approbirte und examinirte Botanikus und Medicinä Prakticus, Johann Konrad Hofmann, seß- und wohnhaft in dem Hochstifte Bamberg[2] zu Markschorgast, auch Lehenbarer Unterthan in den Hochfürstl. Brandenburg-Bayreuthischen Landen, und setzt einige| Gegenden Frankens in Contribution. Welch ein Tausendkünstler der Ehrenmann sey, ist aus dem stattl. ausgetheilten Zettel zu ersehen. Dieser verdient hier um so mehr seine Stelle, weil der Botanikus Hofmann die Backen noch voller zu haben scheint, als weiland Potanikus Vogel, der wenigstens den lieben Zuschauern keine Orcana auftischte.
LECTORI SALVTEM IN DOMINO.

 Es wird einem hochgeehrten Publikum bekannt gemacht, daß allhier angekommen der approbirte und examinirte Botanicus und Medicinä Practicus, Johann Konrad Hofmann, seß- und wohnhaft in dem Hochstifte Bamberg zu Markschorgast, auch Lehnbarer Unterthan in den Hochfürstl. Brandenburg-Bayreuthischen Landen, welcher seine Kunst und Wissenschaft mit größtem Beyfall sowohl bey hohen als niedern Standes-Personen prakticiret, wovon seine bey sich habende Attestate, genugsames Zeugniß geben.

 Welche Personen nun mit äußerlichen Umständen belästiget, sie mögen Namen haben wie sie wollen, z. E. fistulose krebsmäßige Umstände, Salz- und Leibsflüsse, Staaren- und Augenblindheiten, Gehörlosigkeiten, Gewächse etc. müssen sich bey ihm persönlich melden; auch besitzt er die Wissenschaft| die Leibsschäden auf ganz besondere Art, ohne, als auch mit dem Schnitt zu kuriren.

 Er verfertiget auch durch eigene Hand ganz komode und auf besondere Art Bantage oder Bruchbänder, für beyderley Geschlecht, daß der Schaden nicht mehr ausfallen kann, welche er in Carchau in Ungarn erlernet, wo die Bantage für den stärksten Mann nicht mehr als 8 Loth wieget, und wie eine Degenkuppel zu tragen ist.

 Besitzet er die Wissenschaft den sogenannten Nestel- und Bandelwurm radicaliter samt dem Kopf ohne Schmerzen, in Zeit von 6 Stunden abzuführen, und fodert keine Bezahlung bis nach vollendeter Kur.

 Nicht minder kuriret er auf die neueste Methode ohne Bechpflaster und Schmerzen den s. v. Erbgrind, es sey bey kleinen oder erwachsenen Personen, und zwar also, daß solche nach vollendeter Kur ein schönes Haar, und gesunden Haarboden bekommen.

 Er verfertiget auch ein mineralisches Blech sammt dem dazu gehörigen Balsam, für Personen, welche mit Sood- oder Monathälsen behaftet sind, er heilet solche ohne etwas einzunehmen: doch muß er die Person selbst sehen, weil nicht alle zu kuriren sind.

 Weil auch das weibliche Geschlecht besonders vielen Krankheiten unterworfen ist und durch ihre Schamhaftigkeit solche lang, ja wohl gar hinterhalten,| den an sich habenden Fehler keinem Arzte offeriren, und dadurch ihre Gesundheit, ja oft das Leben vor der Zeit aufopfern: so wird jenen Personen bekannt gemacht, welche sich vor mir schämen, können zu meiner Frau Compagnistin kommen, oder so es innerlich ist ihren s. v. Urin bringen oder schicken, daraus wird sie ihnen sagen, was sie für Umstände an sich haben, und mit möglichster Hülfe und gutem Rath an die Hand gehen, indem sie bey dieser Kunst erzogen worden; und hat auch schon sehr viele Proben unter göttlichem Beystande nicht nur in hiesiger Gegend, sondern auch in weit entfernten Landschaften an Tage gelegt.

 Ferners führet er den weitberühmten Balsamum Salomonis, welcher nicht allein innerlich, sondern auch äußerlich zu gebrauchen: denn so jemand mit Reißen-Grimmen und Schmerzen des Leibs, Kolik, Dissenterie, Durchlauf, weiß und rother Ruhr geplaget wäre, der nehme 25 Tropfen auf weißem Zucker. Äußerlich dienet dieser Balsam für alle alte faule fistulose, wie auch krebsmäßige Wunden nur solche damit getupfet, und ein feuchtes Flecklein übergelegt, so wird man in kurzem die Probe davon haben.

 Auch hat er einen vornehmen Spiritum Cephalicum oder Haupt- und Fluß-Geist, für Augen und Ohren, wie auch Kopfschmerzen, und schwaches Gedächtniß, und bringet den verlohrnen Geruch| wieder, nur etliche Tropfen geschnupfet, und den Würbel des Haupts damit befeuchtet, es ist auch als ein Ohnmachts Präservativ hoch zu halten.

 Auch ist bey ihm zu haben ein magnetisches Pflaster für Seitenstechen, Ruckenschmerzen, Kreuzwehe, mikrenen und Kopfschmerzen, eine Hand übergriffen, oder einen Fuß übertretten; ferner ist es eine Blutstillung, wo es ohne Cauterisiren ohnmöglich scheinet gestillet zu werden.

 Diejenigen, so mit innerlichen Krankheiten geplaget sind, und wissen selbst nicht was ihnen fehlet, die belieben ihren s. v. Urin zu schicken: so wird er sagen, wo der Zustand herkomme, ob er komme von der Lunge, Leber, Magen, Milz, oder kleinen intestinis, auch ob zu helfen sey oder nicht, nur den nächsten für fernere Unkosten zu warnen.


Gebrauch des Paquets.
 1) Führet er bey sich eine Kräuter-Laxier, welche in 7 Pillen bestehet, nicht schwerer als 7 Pfefferkörner. Die Laxier, wird nicht wie andere in Thee oder Suppenbrühe eingenommen, sondern des Abends vor dem Schlafengehen in einem Löffel voll kalten Wein oder Bier, man darf auch Wein oder Bier nach Belieben darauf trinken; morgens fangen sie ganz gelind an zu laxieren, eine erwachsene Person nimmt sie alle 7: so sie aber schwacher Natur, so nimmt sie nur 4, die| mittelmäßige 5; wenn sie Morgens ihren Effect nicht gethan, so nimmt man die übrigen darauf, Ein Kind von 1 oder 2 Jahren nimmt 1, von 3 bis 4 nimmt 2, u. s. w. Sie reinigen den Magen, machen einen leichten Athem, führen ab alle schwarz- und verlegene Galle, und Mattigkeit der Glieder, reinigen bey Frauens-Personen die Mutter, und treiben bey Erwachsenen sowohl als Kindern todte und lebendige Würme ab. Sie können wegen ihrer subtilen Wirkung sicher von Hohen als Niedern gebraucht werden, weil sie nicht die geringsten Schmerzen verursachen, lassen sich auch viele Jahre an einen trockenen Ort aufhalten. Wann jemand kein Liebhaber von Pillen ist: so kann man bey ihm Kräuter-Säfte, Chocolade, Mutter- und Blut reinigende Laxiere haben.

 2) Hat er einen Tabelet für rothe dunkle Augen, wie auch für Beißen und Brennen derselben, man legt ihn in so viel Wasser, als man für 2 Kr. Brandwein bekommt, läßt ihn eine halbe Stunde darin liegen, alsdann heraus gethan, mit dem Wasser des Tags 2 oder 3 mahl die Augen gewaschen, ein Flecklein zu Nachts angefeuchtet, und übergelegt.

 3) Führet er den ächten Kräuter-Balsam für alle gehauene, gestochene, und gebrande Wunden.

 4) Ein Haupt- und Fluß Pulver, für Sausen und Brausen der Ohren, Schwindel, Schnupfen, Kathar, stärket die Gedächtniß.

|  5) Ein Trisonet für den blöden Magen, Wind, Blähung, bey Weibspersonen für Mutterschmerzen.

 6) Führet er eine Composition der vornehmsten Kräuter, es können Kranke, wie auch Gesunde, sich solcher bedienen, sie reinigen die Brust, verdünnen das Geblüt, dienen für Verstopfung der Milz, vertreiben Melancholie und Schwermuth.

 Er hat auch ein sonderbares Orkanum für allerhand Umstände der Zähne, als Schmerzen, Fäulung, Scorbut, Bluten, Wackeln und Höhle derselben.

Der ich bin des geneigten Lesers
Bereitwilliger Joh. Konrad Hofmann,
Botanicus und Medicinä Prakticus.


 Sollte man glauben, daß aus einem gelernten Jäger, (das soll Hofmann seyn) ein solcher Wunderdoctor werden könnte! Und doch ists so. Seinen Verdiensten scheint aber im Fürstlich Wirzburgischen nicht Gerechtigkeit zu widerfahren. Das Spectakeln ist ihm, so wie allen seines Gelichters, in Fürstl. Orten gelegt. Doch finden sich mitten in diesem Lande ausherrische Ortschaften genug, wo man ihn aufnimmt. Der Zulauf ist ungemein groß. In der Mitte des Mays ohngefähr, residirte Sr. Excellenz zu Theilheim. Doch zweifle ich, ob er| dort Erlaubnis bekommen hat, seine Siebensachen auszukramen. Er mußte sich wenigstens bald nach andern Orten umsehen; und wandte sich deshalb, wie es scheint, per Expressum an einen Ordens-Geistlichen in dem Kloster H. * *. Die Antwort des Hochwürdigen Herrn, der besser gethan haben würde, wenn er seinem Landsmann ein gescheuteres Metier zu ergreifen, gerathen hätte, ist mir auf eine sonderliche Weise in die Hand gekommen. Sie lautet wörtlich also:
„Lieber Herr Landsmann!
 Von Ortschaften, in denen man wohl marchandiren könne, hab ich folgende überdacht, die ich dann daher zehle. I. Geubach, wo das Gräfliche Schloß Schönborn ist, in welches, wie ich gestern gehört, die ganze Herrschaft bald kommen wird; allda könne es auch wegen den Komödien wohl angelegt seyn.[3] Der Ort liegt 2 Stund von Theilheim. II. Zeulitzheim| ist auch ein von Geubach eine Stund entlegener Ort, und dem Grafen von Schönborn zugehörig, allda mag es auch gut seyn. III. Oberndorf, welches ganz lutherisch, und nach Schweinfurt gehört. Allda kann nie ein Mensch etwas einwenden.[4] IV. Herlheim, ist von Geubach 1. Stund entlegen, und den Herren von Kl. Ebrach zugehörig. V. Fahr, ein starker Ort, und gehört in das Stift Haug zu Wirzburg. VI. Brixenstatt ist ganz lutherisch. Hie ist alles mögliche zu treiben.[5] VII. Bimbach, denen Herren von Fuchs zugehörig. VIII. Mark Astheim, welches den Cartheussern allda zugehörig. IX. Castell und Rüdenhausen, zwey herrliche Grafschaften, allwo sie gewis ihre Verrichtungen und Kunst anbringen können, ohne daß man Ihnen eine Hindernisse wird machen.[6]
.
 Zu *** können Sie an Herrn Amtmann mein schön Compliment machen. Zu Geubach im Wirthshause. Sonst kenne| ich sehr wenige in benannten Ortschaften. Nach Markschorgast und Bamberg werde ich ehestens schreiben, ich empfehle mich, der Mensch eilet, ich bin mit Verehrung Ihro
H. den 12. May Landsmann
1792. X. Z. * * *

 Aufschrift.

Tit. Herrn Herrn Hofmann etc. berühmtesten Operateur derzeit zu Theilheim.“


 Trotz dieser herrlichen Aussichten muß der Wundermann dennoch seinen Conto nicht gefunden haben. Er soll, wenn die Sage gegründet ist, ziemlich geneigt seyn, seinen talentvollen Hanswurst (dem Gerücht nach, einen Mann von Stand) in Gnaden zu entlassen, der Quacksalberey gute Nacht zu geben und als Jäger irgendwo in Dienste zu kommen suchen. Der Himmel gebe – zum Besten der Volksclasse – zum Wollen das Vollbringen!

F. K. 



  1. Journ. v. u. f. Frank. 2. Band 5tes Heft S. 590. f. f.
  2. Abell ist ebenfalls Bambergischer Unterthan, zu Unterleutern im Amte Baunach seß- und Wohnhaft.
  3. Es scheint, der Herr Pater rechnet auf den Zuspruch der gnädigen Herrschaften, und da wird Er sich stark verrechnet haben. Der Geschmack, Hochwürdiger Herr, ist verschieden.
  4. Als der Magistrat von Schweinfurt!
  5. Was muß sich der Herr Pater für Begriffe von einem ganz lutherischen Ort machen!
  6. Wirklich?? Wie gewis der geistliche Rathgeber doch seiner Sache ist!