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A Gschichtle vom guata Philipp Neri

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Textdaten
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Autor: Michel Buck
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Titel: A Gschichtle vom guata Philipp Neri
Untertitel:
aus: Bagenga’. Gedichte in oberschwäbischer Mundart. S. 202–212
Herausgeber: Friedrich Pressel
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: bis 1888
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Robert Lutz
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Erscheinungsort: Stuttgart
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[202]

A Gschichtle vom guata Philipp Neri.[1]

Ihr Leut, jetz, wenn ar losa want:
Vôar altem ischt im Oberland
Der Heiland au môl gwandlat
Mit seine Jünger Winterszeit,

5
Dô haunt so grobi Bouraleut

Dia dreizeah’ übel bhandlat.

Nô Beatläut[2] gauhnt se dur a'n Ôat
Und wandlet hungrig dur da Kôat,
Se möchtet übernachta.

10
Koi’ Wiatshous ischt it dinna gsei’

Und d Boura launts au neana’ nei’,
Des ischt jô zum Verschmachta.

[203] Jetz wo sie voar am Fleacka da’
Zum letschta Häusle kommet na’,

15
Sait Petras: „Soll i klopfa?

Wenns dô it noh a Herbearg geit,
Nôch sind mer frei uff d Gassa keit'[3]
Von deani grobi Tropfa.“

Em Heiland gôht dear Jomer nô,

20
Ear winkt em Petras froindli: „jô“,

Ear thät gean d Jüngar speisa
Und trückna uffam Ofabank.
Doch ob Sant Petras kriagt da Rank,
Des wead se glei gauh’ weisa.

25
Ear klopft, dô guckt a’n alter Ma’

Dur s Fei’schter rous dia Jünger a’
Und sait: „Was isch s Begeahra
So spôt noh in der Ôbedzeit,
Wos niana’ nix maih z jeasset geit?

30
Was want er mi dô scheara?


I bi’n a’n armer alter Ma',
Wo schier koi’ Gois verhalta ka’,
Suscht bhielt i ui jô geara.
[204] Gauhnt lieber zua die Boura nei’,

35
Dött könnt noh eabbas glôibat[4] sei’.

Zwôr s könnt au dött nix weara.“

Der Petras sait: „Dött sind mer gsei’,
Ma’ lôht üs aber neana nei’,
Doch sei en des verziga.

40
Gant üs nu’s Dach, mer want koi’ Koscht

Aß nu’ a bitzle Brot und Moscht,
Mer want uff d Bühne liega.“

Druff na’ dô sait der Ma’, der alt:
„So kommet rei’, i muaß ui halt

45
Jetz gauh’ in d Stuba streua.

Wôrum? i hau’n a gotzigs Bett,
Wenns uja Moischtar neamma wött,
Nôch thät mis wäger freua.“

Ear rieglat s Häusle wôlli[5] ouf,

50
Dô tritt er ei’, der Jüngerhouf,

Und stellt se um da’n Ofa.
Der Alt sait: „Machets ui kommod
Und schneidet au a Räu’ftle Brot
Vom Beck von Aderezhofa.[6]

55
[205] I koch ui glei en schwaza Brei,

Iahr wissets wohl, s ischt bald verbei,
Sobald ern hairet pfluttra.[7]
Dött stôht a Krousa[8] Biaramoscht,
I mach a seall, und füar da Froscht

60
Stôht dött a Brennts,[9] a Guttra.“[10]


Dia Jünger greifet bschoidli zua,
Se wäret liaber in der Ruah,
Und trücknet iahri Gwänder
Und henkets rum um d Ofastang,

65
Denn ällz ischt pflatschnaß, kuz und lang,

Seis Mantel oder Lender.[11]

Nu’ mittlerzeit isch kochat gsei’,
Ma’ bringt dia gloschtig[12] Pfanna rei’,
Der Heiland thut se bsanga.[13]

70
Und wia se haunt dô beatet ghett,

Nôch sieht ma’ d Jünger dô und dött
Mit Braut ins Muas nei’ langa.

Und nô em Jeassa haunt se dankt
Und nô die truckni Mäntel glangt,

75
Sind uff da Boda gleaga,

[206] Und seall der Heiland leit uff d Streu,
Ma’ hairt von koim koi’ Wöatli maih,
Nu’ dussa noh da Reaga.

Am Moanzi[14] kocht der froindli Alt

80
Glei wieder Muas, ear hôt suscht halt

Nix weiter ghett zum Kocha,
Und sait: „Jeatz neammet so fürliab,
Gauhnt gmach, as ischt jetz nimma trüab,
Denn s Weattar ischt jetz brocha.“

85
Sant Petras sait: „Mer gauhnt glei fott,

D Gaschtiering, Ma’, vergealt ui Gott,
Mer könnet ui it zähla;[15]
Doch wenn er jeabbas wäu’scha want,
Des haunt er, truile,[16] in der Hand,

90
Er däaffet nu’ grad wähla.“


„Hm!“ sait der Alt, „was wött i gschwind?
Zum aischta, daß mer bis ans End
Mei’ Bom vol Biara hangat;
Zum andra sei mer weiter bstimmt,

95
Daß wear au’ghoissa uffen klimmt,

Wia feschtgleimt anam bhangat;

[207] Zum dritta, daß a jeder Ma’,
Wo in mein Stuahl beim Ofa da’
Au’ghoissa sitzt, sei banna

100
Und hocka muaß, so lang i will.

I moi’, dô wäu’sch i doch it z vill,
Des sei it drübert danna.“

Sant Petras sait: „So soll as sei’,“
Und geit nôch noh da Seaga drei’,

105
„Bhüagott! mer müasset weiter.“

Der Alt, dear folgat froindli ous
Und zoigt da Weag dur s Eschle[17] nous,
Wia weiter, wia verschneiter!

Was gschieht? Der Alt thuat Biara ra,

110
Dô schreit der Taud ins Gätle na:

„So? thuat ma’ Biara schüttla?“
„Pressiarts a so?“ sait druff der Alt,
„Du kommscht mer noh a wengli z bald!
Wia? lôht se nix maih mittla?[18]

115
Gang, kloub[19] mer liabar d Biara’n ouf!“

Der Taud klimmt zonnig zuanam nouf,
„I will der Biara klouba!
[208] Gib acht, i beutla[20] diar da Schopf
Und reiß dern ra mit zannt em Zopf

120
Und zannt der Zipfelhouba!“


Der Philipp juckt[21] in d Rätich na,
Der Taud will wôlli rutscha ra,
Dô bleibt er aber bhanga,
Und wia’n er zockt[22] und wia’n er thuat,

125
As hilft en nix bei äller Wuat,

Ear ischt und bleibt jeatz gfanga.

Ear beattlat: „Philipp, laß mi gauh’!
Du woischt jô, wia’n i Arbet hau’.
Was thuar i denn dô hoba?

130
Woisch, wenn der Taud it mäht und wetzt,

Ischt d Wealt in Bäldi übersetzt,
Des wur au neamad loba.“

Mei’ Philipp sait: „Des ischt a Gfôhr!
Du kanscht füar gradous hundert Jôhr

135
Dei’ Freiat wieder kaufa,

Und kommsch mer voar it maih ins Hous,
So ischt der Handel a’sa’[23] ous,
Nôch laß di wieder laufa.“

[209] Der Taud ischt frauh und gôhts so ei’:

140
„I muaß pressant in Fleacka nei’,“

Drei Boura muaß i holla!“
Em Philipp thuats koi’ bitzle ahnd;
Weils voli hundert Jährla sand,
So lachat ar en Scholla.[24]

145
Doch d Zeit verrinnt so nô und nô,

Der Taud stôht oi’smôls wieder dô
Und sait: „Jetz muascht maschiara!“
Der Philipp moint: „Pressiarts so gschwind?
I schreib nu’ noh mei' Teschtament,

150
Nôch ka’ ma’s jô rischkiara.“


Der Taud sait: „Nu’, so mach voara’,
Du füahrsch mi desmôl nimma’ a’,
Schreib doch it so vel Böga!“
Sitz au'verdanks in Seassal nei’,

155
Dô muaß er dinna bannat sei’

Und ka’ se nimma rega.

Ear schreit: „Was du a Schlinkel bischt!
Jetz hôsch mi wieder so vertwischt,
I bitt di, Philipp Neri,

160
[210] Gang, laß mi ussam Seassal gauh’,

I gi de alt Dilatiau’,[25]
Nô aber hôt as Höri.[26]

Der Philipp lacht: „Meintweaga, jô!“
Der Taud lauft seiner Arbet nô

165
Und hôt a Zeit, a hearba.

Doch voar der Alt reacht nôchi denkt,
Kommt schau’ der Taud derhear und winkt,
Ischt wieder Zeit zum Stearba.

„Jeatz desmôl gang i geara mit,“

170
Sait Philipp, „füahr mi zaischt, i bitt,

Ins Feagfuir zua de Litza![27]
I möcht nô meiner Alta seah’,
Sie ischt so bais im Leaba gwea’,
Dui muaß gwis ghörig schwitza.“

175
Dô kommet se voar s Höllathôar,

Dô stôht der Tuifel grad dervoar
Und sait: „So bringscht en Brôta?“
„Noi’ wäger,“ sait der Taud druff na’,
„As ischt a’n altar, braver Ma’,

180
Dô hôsch as it verrôta.““


[211] „So?“ sait der Tuifel, „halt nu’ still!
Jetz, wenn er mit mer pascha[28] will,
I wött sei’ Alti setza.“
Der Philipp denkt: „Hm! wôgs a môl,

185
Was sollet dô dia Höllastrôhl

Dei’ Alti maih verkrätza?“

Ear wirft da haischta Pasch und gwinnt.
Des hôt da Duixel sakrisch brennt:
„„S gilt noh zwua Saila!““ schreit er.

190
Der Philipp wirft und gwinnt dia zwua

Und nôch noh neu’. „Halt! jetz isch gnua!“
Schreit dô der Tuifel läuter

Und bröllat grad aß wia a Kuah
Und fährt in d Höll und rieglat zua

195
Und lôht se nimma blicka.

Der Taud füahrt Philipp mit em Gwinnscht
Zum Himmel, sait: „Bischt it der mindscht,
S wead diar dô au noh glücka.“

Sant Petras guckt beim Fei’schter rous
und schreit: „Was geits? wear will ins Hous?“

200
Und thuat se grauß verstauna,

[212] Wia’n ear da Lipp sieht dussa stauh’,
Und denkt: „Was will mei’ Alter gauh’
Mit deani zwölf Persauna?“

„„I möcht halt nu’ in Himmel nei’,

205
De andre zwölfe, dia sind mei’,

I hau’ dia Saila gwonna.“
Sant Petras sait: „Des sind mer z vill,
Und zua dem, was in Himmel will,
Sieht it so halbverbronna.“

210
„Ai!“ sait philipp, „denket dra’:

S haunt dreizeah’ au beim alta Ma’
Zuar Naut a Plätzle funda;
Drum neammets heu’t it gar so gnô
Und launt die andre hinta nô,

215
Se sind schau’ ghörig gschunda.


As ischt mei’ Weib, mei’ Gvatterma’,
Nôch Deißlabour[29] und Julia’,
Kuz, Saila, weiß wia Semmel.“
„Nu’, nu’, sait Petras, „nu’ mei’thalb,

220
Nôch nimm i d Kuah mit sannt em Kalb.

So kommet rei’ in Himmel!“



  1. Stifter einer heil. Verbrüderung zu Rom 1548.
  2. Nach dem Aveläuten.
  3. Geworfen.
  4. Vom Essen übrig geblieben.
  5. Hurtig.
  6. Aderzhofen im Oberamt Riedlingen.
  7. Brodeln.
  8. Krug.
  9. Branntwein.
  10. Flasche.
  11. Jacke.
  12. Glimmende.
  13. Besegnen.
  14. Morgen.
  15. Zahlen.
  16. Meiner Treu.
  17. Kleine Zelg.
  18. Unterhandeln.
  19. Lies auf.
  20. Schüttle.
  21. Springt.
  22. Zerrt.
  23. Alsdann.
  24. Schochen.
  25. Frist.
  26. Ende.
  27. Spottname für Weiber.
  28. Würfeln.
  29. Matthias.