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ADB:Zurlauben, Beat Fidel

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Artikel „Zurlauben, Beat Fidel“ von Hans Herzog in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 507–510, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zurlauben,_Beat_Fidel&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:54 Uhr UTC)
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Zurlauben: Beat Fidel Z., geboren in Zug am 3. August 1720 (der 4. August ist der Tauftag), † daselbst am 13. März 1799 (Großneffe des Abtes Placidus Z., s. u.). Den ersten Unterricht im Lateinischen empfing der Knabe in seiner Vaterstadt und besuchte sodann die Schule in Radolfzell am Untersee. Nach dem frühen Tode seiner Eltern (Beat Ludwig Z. und Anna Burz von Seethal) wurde er im März 1730 von seinem Onkel, dem damaligen Hauptmann in französischen Diensten Franz Placidus Z., nach Mantes, westlich von Paris verbracht, von wo aus er im folgenden Jahre als der erste und in der Folge auch als der einzige Schweizer in das vom Cardinal Mazarin gestiftete [508] Collège Mazarin oder Collège des quatre nations in Paris eintreten durfte. In dieser trefflich geleiteten Erziehungsanstalt verblieb Z. noch zwei volle Jahre nach seinem am 7. December 1735 erfolgten Eintritt in die in französischen Diensten stehende Generalcompagnie der Schweizer, deren Commandant Eugen Peter v. Surbeck von Solothurn ihn hauptsächlich für die antike Münzen- und Medaillenkunde zu interessiren verstand. Der als Lehrer der classischen Sprachen wie als Geschichtschreiber des Alterthums gleich berühmte Charles Rollin wußte Z. zum Studium und zur Darstellung der Schweizergeschichte anzuspornen, deren Pflege sich Beat Fidel zur Lebensaufgabe machte. Schon im April 1740 konnte er seinem Lehrer seine erste größere Arbeit, den „Abrégé de l’histoire générale des Suisses et de leurs alliés“ zur Prüfung unterbreiten, welcher Abriß in den nächsten Jahren zu einer eigentlichen „Histoire Helvetique des Suisses et leurs alliez“ ausgearbeitet wurde. Aus diesen ungedruckt gebliebenen, ungemein fleißigen Arbeiten schöpfte Z. schon 1740 die Anregung, eine Geschichte der Schweizertruppen in Frankreich zu verfassen. Derselben widmete er seine ganze ihm neben dem praktischen Militärdienste zur Verfügung stehende freie Zeit, in welchem er damals seine Truppen von Paris aus vier Mal nach Flandern (1742, 1745, 1746 und 1748) und ein Mal an den Rhein (1743) zu führen hatte. Die 1751–1753 in acht Octavbänden erschienene „Histoire militaire des Suisses“ war für den so jugendlichen Verfasser eine um so anerkennenswerthere Leistung, als er insbesondere auf Seite seines höchsten ihm vorgesetzten Generalobersten der Schweizer, des Prinzen de Dombes, eine Reihe von Schwierigkeiten in der Benützung und Verwerthung von Archivalien zu überwinden hatte. Ist auch das auf umfangreichem Quellenstudium beruhende Werk von einzelnen Fehlern und Ungleichheiten nicht frei, so ist es doch durch spätere Bearbeitungen desselben Gegenstandes in keiner Weise ersetzt worden und hat es auch heute noch als Quelle Bedeutung. Als eine Ergänzung zur Histoire militaire veröffentlichte Z. den „Code militaire des Suisses“ in vier Bänden (1755–1764) und die „Bibliothèque militaire, politique et historique“ in drei Bänden (1760), welche auch speciell historische Arbeiten des Herausgebers enthält, die der infolge glücklicher Lösung einer numismatischen Preisaufgabe 1749 aufgenommene Associé étranger honoraire in der von ihm mit einer Reihe von Vorträgen bedachten Akademie der Inschriften vorgelesen hatte. Z. gedachte dem Hauptwerke seiner Jugend eine weitere Ergänzung durch ein auf breitester urkundlicher Grundlage aufgebautes Adelslexikon der Schweiz („Nobiliaire Suisse“) anzuschließen, in welchem vorzüglich diejenigen Familien, welche in französischen Diensten gestanden hatten oder noch standen, in einzelnen Monographien mit ausführlichen Stammbäumen und Urkundenbeigaben behandelt werden sollten. Vom schweizerischen Adel und von den ihm persönlich nahestehenden militärischen und geistlichen Kreisen auf das wirksamste mit Beiträgen von Urkunden und Genealogien unterstützt, brachte Z. in wenigen Jahren die umfangreichste schweizerische Sammlung von Urkundencopien des 18. Jahrhunderts zusammen, die er in liberalster Weise seinen Correspondenten und den sich dafür interessirenden gelehrten und geistlichen Körperschaften zur Verfügung stellte. Die kaum übersehbare Fülle des ihm zugeflossenen urkundlichen Materiales sowie eine neue längere Inanspruchnahme durch Kriegsdienst in der Pfalz und Hessen (1760) und in Westfalen und Hessen (1762) schoben die Ausarbeitung des geplanten Werkes immer weiter hinaus, so daß dasselbe schließlich als Ganzes überhaupt nicht vollendet, sondern nur in einzelnen kleinern und größern historischen und genealogischen Arbeiten, in eigenen und fremden Schriften veröffentlicht wurde. Auch die Hoffnung, wenigstens die wichtigsten der von ihm gesammelten schweizerischen Urkunden in einem mit aller Sorgfalt bearbeiteten Diplomatar zu vereinigen, [509] erwies sich als eine trügerische; in der Folge fanden die einzelnen Stücke dieser einheitlich behandelten Urkundensammlung Unterkunft in den Werken J. Daniel Schöpflin’s, Martin Gerbert’s, Mauritius Hochenbaum van der Meer’s, Trudpert Neugart’s, Ph. André Grandidier’s und Georg Wilh. Zapf’s. Ist somit diese Hauptarbeit Zurlauben’s, welche zweifellos die hervorragendste aller Arbeiten geworden wäre, nicht unter die Presse gekommen, so konnte doch wenigstens ein Theil der gesammelten Materialien für das letzte Werk in großem Stile, die „Tableaux topographiques de la Suisse“ (3 Bde. fol. 1780–1786; 12 Bde. in 4°) verwendet werden. Das Erscheinen dieser vom Generalpächter La Borde herausgegebenen reich illustrirten topographischen Gemälde traf mit Zurlauben’s Abschied aus der französischen Armee mit dem Range eines Generallieutenants und seiner Uebersiedlung nach Zug (1780) zusammen. In dem genannten Prachtwerke versuchte Z. insbesondere die eigene persönliche Anschauung der Schweiz, welche er von Paris aus im Urlaub so oft als möglich bereist hatte, zu verwerthen und seine Schilderung mit den ihm zur Verfügung stehenden reichen historischen Notizen zu durchweben. In seinem litterarischen Werthe reicht dieses letzte große Werk Zurlauben’s nicht an das heute noch nicht ersetzte Jugendwerk heran, wie denn überhaupt Zurlauben’s Bedeutung in der zweiten Hälfte seines Lebens nicht auf seine litterarische Thätigkeit, sondern vielmehr auf die kaum im einzelnen zu verfolgende allseitige persönliche Anregung und Unterstützung historischer und litterarischer Arbeiten des In- und Auslandes gegründet ist. Wie er früher die französischen Benedictiner bei ihren Sammlungen für die „Gallia christiana“ unterstützt hatte, so wandte sich nun sein ganzes Interesse dem von den ihm befreundeten St. Blasianer Benedictinern an die Hand genommenen großen Sammelwerke der „Germania sacra“ zu, welchem er seine eigenen handschriftlichen Sammlungen zur völlig freien Verfügung stellte und der er auch eine Reihe von Mitarbeitern zuführte (u. a. Ph. André Grandidier, L. G. de Bréquigny, Steph. Alex. Würdtwein, Gottlieb Eman. Haller, Felix Ant. Balthasar). An der Fortführung und Vollendung der beiden Monumentalwerke der schweizergeschichtlichen Studien des 18. Jahrhunderts, des Lexicons J. J. Leu’s und des dazugehörigen, von J. J. Holzhalb herausgegebenen Supplementes, sowie an Gottlieb Emanuel Haller’s Bibliothek der Schweizer-Geschichte hatte Z. von jeher den lebhaftesten Antheil genommen. Seine minutiöse Kenntniß der schweizerischen Geschichte und seine unbestrittene Autorität in genealogischen und heraldischen Fragen machten Zurlauben’s Namen völlig populär und für eine Reihe schweizerischer und französischer Familien stellte er Genealogien und größere biographische Familiengeschichten zusammen. Leider darf seine Schwäche, die ihn einerseits zu sehr gewagten genealogischen Hypothesen und anderseits zu directen Fälschungen von einzelnen Urkunden und Chroniken führte, nicht verschwiegen werden. Hatte er überhaupt eine etwas starke Neigung seine Mitmenschen hinter das Licht zu führen und sich auf ihre Kosten zu belustigen, so blieben ihm dafür schwere Erfahrungen in seinem Liebes- und Eheleben nicht erspart. Auch in der Sucht sich in seiner Heimath und in der Urschweiz eine politische Rolle im Dienste Frankreichs erzwingen zu wollen, ist der überaus gelehrte aber als Privatmann unpraktische und linkische Historiker nur von Niederlage zu Niederlage geschritten. In den Stürmen der Revolution büßte Z. einen großen Theil seines Vermögens ein; dennoch blieb sein gastliches und stattliches Haus vor der Stadt Zug ein Zielpunkt aller einheimischen und fremden Gelehrten, welche die Schweiz bereisten und ein Sammelpunkt für eine bunte Reihe französischer Emigranten. Die Noth drängte Z. seine prächtige, insbesondere in schweizerischer und französischer Geschichte und Litteratur reich ausgestattete Bibliothek und Handschriftensammlung 1795 an [510] das Kloster St. Blasien auf die Zeit seines Ablebens zu verkaufen. Nach dem vier Jahre später erfolgten Tode des Besitzers, mit welchem das Geschlecht der Zurlauben erlosch, kaufte die helvetische Regierung die Bibliothek Zurlauben’s nach langen Unterhandlungen vom Kloster St. Blasien 1802 an, um sie dann schon im nächsten Jahre an den neugegründeten Kanton Aargau abzutreten, für dessen Kantonsbibliothek sie den Grundstock und Ausgangspunkt gebildet hat.

Vgl. Heinrich Kurz im Katalog der Aargauischen Kantonsbibliothek (8°, Aarau 1857), Bd. I, Vorwort S. 5–20, wo S. 13–19 ein Verzeichniß der wichtigern gedruckten und ungedruckten Arbeiten B. F. Z.’s aufgeführt ist.