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ADB:Zeiss, Carl

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Artikel „Zeiß, Karl“ von Gustav Emil Lothholz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 5–7, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zeiss,_Carl&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:34 Uhr UTC)
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Zeiß: Dr. Karl Z., der dritte Bruder der beiden vorher genannten verdienten Männer; am 11. September 1816 erblickte er in Weimar das Licht der Welt. Ebenso wie die Brüder besuchte auch Karl Z. das Gymnasium seiner Vaterstadt bis zur Prima, dann trat er, da sich frühzeitig eine Anlage zu praktischer Thätigkeit gezeigt hatte, in die Lehre des Dr. Körner, der Universitätsmechanikus in Jena war. Nachdem er seine Lehrzeit rühmlich bestanden hatte, ging er auf einige Zeit zu seiner weiteren Ausbildung nach Stuttgart, aber schon im J. 1846 gründete Z. in Jena eine kleine Werkstatt für mechanische Arbeiten, in welcher er die Construction und Reparatur aller für die Universitätsinstitute erforderlichen naturwissenschaftlichen Apparate betrieb und legte damit den Grund zu der weltberühmten optischen Werkstätte, welche gegenwärtig 940 Arbeiter zählt. Der Absatz der Zeißischen Fabrikate, deren Preise sich höher stellten als die Producte aller übrigen deutschen Concurrenten, wuchs dergestalt, daß bereits im J. 1886 das zehntausendste Mikroscop fertig gestellt werden konnte. Was diese Ziffer für die Größe der Betriebsleistungen bedeutet, ermißt man erst voll und ganz, wenn man erwägt, daß zu jedem einzelnen Stativ noch eine größere Anzahl von optischen und mechanischen Nebenapparaten gehört, so daß der Werth eines vollständigen Mikroscops, je nach der optischen und mechanischen Ausstattung und je nach der Zahl der Zubehör- und Hülfsstücke, zwischen [6] 200 und 2000 Mark sich bewegt. Am Schluß des Jahres 1896 ist die Zahl der fertig gestellten Mikroscope bereits auf 27 000 gestiegen und vergrößert sich alljährlich um ca. 1700. Die Zahl der zum Großbetrieb des optischen Instituts nöthigen Arbeiter wurde immer größer, sodaß im September des Jahres 1898 940 Menschen in der Fabrik thätig waren. Sehr wichtig war es, daß der jugendliche Mechanikus seine Wirksamkeit mit der geistigen Atmosphäre der Universität in Beziehung setzen konnte. Unter den Professoren der thüringischen Hochschule war es besonders der geistvolle Jacob Schleiden, der das Interesse des immer lernbegierigen Z. auf die Optik überhaupt lenkte, die Arbeiten desselben fort und fort mit dem wärmsten Interesse begleitete, ihnen immer neue Anregungen und wichtige Förderung zu theil werden ließ. Noch in spätern Jahren hat Z. mit Stolz erzählt, wie der berühmte Naturforscher stundenlang in seiner kleinen Werkstatt gestanden, seine oder seiner Gehülfen Arbeit verfolgte, und mit dem Gefühl des wärmsten Dankes hat Z. in jeder Zeit es ausgesprochen, daß sein Emporkommen ganz wesentlich bedingt gewesen ist durch den Rückhalt, den die Empfehlung und die Anerkennung Schleiden’s ihm, dem unbekannten Anfänger damals geboten hat. Z. war bis dahin, wie Prof. Abbé, der seit dem Jahre 1875 dem Institute seine reichen Kenntnisse zur Verfügung stellte und Theilhaber der Fabrik wurde, am 50jährigen Gedenktage des Bestehens des Instituts über die Entwicklung desselben sagt, ein Neuling. Abgesehen von der persönlichen Liebenswürdigkeit des jungen Anfängers hatte der geistreiche Professor auch wissenschaftliche Interessen im Auge, wie Prof. Abbé wol mit Recht hervorhebt. Schleiden war Mitbegründer der Zellenlehre, die um die Mitte des Jahrhunderts das Studium der lebendigen Natur auf neue Ziele und in neue Wege lenkte. Um in dieser neuen Richtung erfolgreich thätig sein zu können, waren Hülfsmittel verfeinerter Beobachtung und Kunst unentbehrlich. In Schleiden und dessen Schülern hat die neue Richtung der Biologie in den folgenden Jahrzehnten dem Mikroscop eine immer wachsende Bedeutung für die wissenschaftliche Arbeit des Jahrhunderts gebracht. Wie Fraunhofer, der Münchner Glasschleifer durch seine Fernrohre die astronomische Wissenschaft wesentlich gefördert hat, so hat Z. durch die Zusammenstellung seiner Mikroscope sehr erfolgreich Naturwissenschaften und Medicin vorwärts gebracht. Und das, führt Prof. Abbé an, beleuchtet die tiefere Wechselbeziehung, die zwischen dem geistigen Leben der Jenenser Hochschule und der praktischen Arbeit von Karl Z. frühzeitig bestanden hat und die innere Abhängigkeit seiner Erfolge von den Impulsen aus diesem Kreise. Z. hat seinerseits, wie Prof. Abbé mit vollem Rechte sagt, der Wissenschaft reichlich wiedergegeben, was sie ihm dargeboten hat. So geschah es, daß die philosophische Facultät der Universität in Anerkennung seiner Verdienste ihm das Diplom eines Doctors der Philosophie überreichte. Die Stadt ehrte sein Andenken dadurch, daß sie einer Straße den Namen Karl Zeiß-Straße beilegte. Der Gründer der optischen Werkstatt hatte die große Freude, daß er den Aufschwung seines Instituts erlebte. Am 3. December 1888 starb, nachdem sich schon etwas früher die Schwächen des Alters eingestellt hatten, der hochverdieute Mann, tief betrauert von Allen, die ihn näher kannten. Für die Arbeiter seiner Fabrik sorgte er in umfassender Weise durch die Karl Zeiß-Stiftung, für die sich S. K. Hoheit der Großherzog von Sachsen Karl Alexander und die großherzogl. sächs. Regierung lebendig interessirten.

Man vergl.: Die Karl Zeißstiftung, ein Versuch der Fortbildung des großindustriellen Arbeitsrechts von Dr. Julius Pierstorff, o. Prof. d. Staatswissenschaften a. d. Univ. Jena (Sonderabdruck aus Schmoller’s Jahrbuch f. Gesetzgebung etc. XXI. 2. Leipzig 1897). – Besonders dankbar bin ich Hrn. Prof. Dr. Abbé, der die Güte hatte, mir das Manuscript seiner ausgezeichneten [7] Rede, die er zur Feier des 50jähr. Bestehens des Karl Zeißischen Instituts Dec. 1896 gehalten hat, auf einige Tage zu überlassen. Hoffentlich wird auch diese Kundgebung bald durch den Druck allgemein zugänglich.