ADB:Worbs, Johann Gottlob
Fabri auch mit Geschichte befaßte. Nach Beendigung seiner Studien 1784 übernahm er bei dem genannten Pastor Scheibner eine Hauslehrerstelle und erhielt im Januar 1787 das Pastorat zu Priebus, das er am Sonntag Judica 1787 antrat. Im J. 1804 wurde ihm als Superintendenten des Fürstenthums Sagan die Inspection der Kirchen und Schulen desselben übertragen und 1818 nach vollzogener Neuordnung des Kirchenwesens in dem von Sachsen an Preußen abgetretenen Theile der Oberlausitz die Generalinspection über sämmtliche Superintendenturen, doch bekleidete er auch als Superintendent von Sagan und der Oberlausitz die Pfarrstelle in Priebus bis an seinen Tod fort. 1817 hatte er die philosophische Doctorwürde erlangt, zu der ihm 1830 noch die theologische zu Theil wurde; auch von seinem Könige durch Verleihung des Rothen Adlerordens geehrt, starb er zu Priebus am 12. November 1833 nach längerem Leiden. Er war als Prediger geliebt von seiner Gemeinde, ein gewandter, begeisterter Redner, seine Religiosität auf das Praktische gewandt, seine Theologie auf dem Boden des Rationalismus stehend und die Forschernatur nicht verleugnend, die stets klar zu denken und den Dingen auf den Grund zu gehen strebte. Die Geistlichkeit [211] und Lehrerschaft seines Sprengels verehrte ihn, da er mit festem Willen und offenem Handeln Milde und Freundlichkeit verband. Als energischer Vorkämpfer der evangelischen Kirche in Schlesien trat er auch den Behörden gegenüber auf, als es galt, die Rechte der Evangelischen auf ihnen früher entzogene Kirchen geltend zu machen. Seine Hauptbedeutung jedoch beruht in seiner wissenschaftlichen Thätigkeit als Historiker, und Schlesien sowohl wie die Lausitzen dürfen ihn ihren wackersten Forschern zurechnen. Es ist hier nicht möglich, seine zahlreichen Aufsätze aufzuzählen, die er für die schlesische Geschichte seit 1790 in Plümicke’s Neuem Schlesischen Magazin und dann in dem Schlesischen Provinzialblatte, in Stäudlin und Zschirner’s Archiv für alte und neue Kirchengeschichte und in der Korrespondenz der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur geliefert hat; sie erstrecken sich auf Fragen der Landes- und Ortsgeschichte, der Topographie, Prähistorie, besonders auch auf einzelne Punkte der schlesischen Kirchengeschichte. Von selbständigen Werken seien erwähnt die „Geschichte des Herzogthums Sagan“ (Züllichau 1795), „Das Andenken der evangelischen Religionslehrer im Priebussischen Kreise“ (Sagan 1795), die „Geschichte der evangelischen Kirchen, Prediger und Schullehrer im Herzogthum Sagan“ (Bunzlau 1809), der „Katechismus der vaterländischen (schlesischen) Geschichte für Bürger- und vorzüglich Landschulen“ (Sagan 1818, 2. Auflage Liegnitz 1821), „Die Rechte der evangelischen Gemeinden in Schlesien an die ihnen im 17. Jahrhundert gewaltthätig genommenen Kirchen und Kirchengüter“ (Sorau 1825), eine bei allem Eifer für seinen Glauben und mannhaftem Aussprechen seiner Ansichten über Recht und Unrecht doch durch historische Unparteilichkeit, Mäßigung in der Darstellung und in den Schlußforderungen sich auszeichnende Behandlung der ergreifenden Schicksale der protestantischen Schlesier, und in kleinen Gelegenheitsschriften. Ebenso rege war sein Bemühen für die Geschichte der Lausitzen und zwar vorwiegend der Niederlausitz. Seit 1790 Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, veröffentlichte er seit 1792 auch für die Geschichte dieser Nachbarlande zahlreiche Abhandlungen in Pescheck’s Lausitzischer Monatsschrift, in der Neuen Lausitzischen Monatsschrift, in Fielitz’ Vaterländischer Monatsschrift, im Neuen Lausitzischen Magazin. Zusammenfassend für beide Gebiete gab er sein „Archiv für Geschichte Schlesiens, der Lausitz und zum Theil von Meißen“ (1. einziger Band, Sorau 1798) heraus, dem das „Neue Archiv für die Geschichte Schlesiens und der Lausitz“ (I. Glogau 1804, II. Züllichau 1824) folgte, beide mit vielen Aufsätzen und dem Abdruck zahlreicher Urkunden von ihm selbst. Von selbständigen Schriften sind zu nennen die „Kirchen-, Prediger- und Schulgeschichte der Herrschaften Sorau und Triebel“ (Sorau 1803), die „Geschichte der Herrschaften Sorau und Triebel“ (Sorau 1826) und sein Hauptwerk, das „Inventarium diplomaticum Lusatiae inferioris. Verzeichniß und wesentlicher Inhalt der bis jetzt über die Niederlausitz aufgefundenen Urkunden“ I. (einziger) Band 873–1620 (Lübben 1834). Worbs’ Arbeiten zeigen großen Fleiß in der Zusammenbringung alles zweckdienlichen Materials und ruhige sachliche Prüfung. Seine Verdienste sind um so höher anzuschlagen, je geringer die Vorarbeiten waren, die ihm zu Gebote standen; nahm doch unter allen deutschen Territorien die Niederlausitz eine der untersten Stellen hinsichtlich der kritischen Sammlung ihrer urkundlichen Quellen und der wissenschaftlichen Bearbeitung ihrer Geschichte ein und fällt sein Wirken doch noch vor die Zeit, beziehentlich nur in die ersten Anfänge des Aufschwungs der neueren deutschen Geschichtswissenschaft. Noch heute sind deshalb beim Mangel anderer Arbeiten die seinigen recht brauchbar. Besonders sein Inventarium, das er auf Veranlassung der Niederlausitzer Landstände herausgab, bildet, wenn auch gerade die Diplomatik in den letzten Jahrzehnten den gewaltigsten Aufschwung genommen hat und man jetzt an derartige Werke viel [212] höhere Anforderungen stellen muß, noch immer die schätzbare Grundlage urkundlicher Forschungen. Trotzdem seine Aufgabe schwieriger war, als die der Regesteneditoren anderer Länder, hatte er sich nicht, wie manche von diesen, darauf beschränkt, das bereits gedruckte Urkundenmaterial zu verzeichnen, sondern strebte auch danach, so viel als möglich, die ungedruckten Urkunden aus verschiedenen Archiven zu sammeln und theils im Regest, theils im Wortlaut mit aufzunehmen. Auch auf anderen Arbeitsgebieten bethätigte er sich: eine „Geschichte und Beschreibung des Landes der Drusen, nebst einem bisher in Deutschland unbekannten Religionsbuche dieses Volkes“ (Görlitz 1799), „Alfreds, Königs von England, Beschreibung von Deutschland in angelsächsischer Sprache, mit einer deutschen Uebersetzung und erklärenden Bemerkungen“ (Halle 1827, in Kruse’s Deutschen Alterthümern, Bd. II), ferner Predigten und Reden, Artikel in Ersch und Gruber’s Encyclopädie, Recensionen in der Allgemeinen Litteraturzeitung, zeigen ihn als unermüdlichen Arbeiter auf dem Felde der Wissenschaft, wenn auch seine bleibenden Verdienste auf dem Gebiet der heimischen, vor allem der niederlausitzischen Geschichte zu suchen sind.
Worbs: Johann Gottlob W., Geistlicher und Geschichtsforscher. – Zu Röhrsdorf (auch als Gräflich-Röhrsdorf von anderen unterschieden) bei Friedeberg am Queis in Schlesien, Kreis Löwenberg, als Kind des Häuslers Gottlob Worbs am 7. Mai 1760 geboren, erhielt der Knabe, dessen sich der Pastor Chr. Friedrich Scheibner zu Friedeberg annahm, seinen ersten Schulunterricht in seiner Heimathsgemeinde Röhrsdorf, dann seit 1774 zu Niederwiesa bei Greifenberg (Kreis Lauban) und seit 1777 zu Hirschberg und bezog 1781 die Universität Halle, wo er sich neben seinem Hauptstudium, der Theologie, unter Professor- Worbs’ eigene Angaben in der Schrift „Das Andenken der evangelischen Religionslehrer im Priebussischen Kreise“ (Sagan 1795) S. 19. – J. L. Haupt, Das Bild unseres Worbs’, im Neuen Lausitzischen Magazin (Görlitz 1834) Bd. XII, 1 f. – Th. Scheltz, Ueber Worbs’ Verdienste als Historiker, ebendaselbst S. 10 folg. – Sein Bildniß ebendaselbst, Bd. XIV (1836).