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ADB:Woermann, Carl

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Artikel „Woermann, Karl“ von S. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 214–215, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Woermann,_Carl&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:54 Uhr UTC)
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Woermann: Karl W., geboren am 11. März 1813 zu Bielefeld, † am 25. Juli 1880 zu Neumühlen bei Hamburg, stammte aus einer jener Bielefelder Kaufmannsfamilien, die am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts schon seit einigen Generationen das damals noch durch die Hausindustrie erzeugte Leinen auf den Weltmarkt brachten. In Schnepfenthal erzogen, kam er in jüngeren Jahren nach Hamburg, um hier die Handlung zu erlernen. Er etablirte sich hier im J. 1837 als selbständiger Kaufmann unter der Firma C. Woermann. Sein hochachtbarer Charakter, sowie sein klarer weiter Blick brachten sein Geschäft auf eine solche Höhe, daß die Firma bald zu den angesehensten der Hamburger Börse gerechnet wurde. Das Geschäft, ursprünglich ein Leinenexportgeschäft nach Mittel- und Südamerika, erfuhr im Laufe der Jahre die verschiedenartigsten Wandlungen. W. hatte eine besondere Begabung dafür, sein Geschäft neuen Anschauungen, welche andere Zeiten und andere Verhältnisse mit sich brachten, anzupassen und, häufig dem entsprechend, der Zeit sogar vorauseilend, zu ändern. Aus dem Leinenexportgeschäft wurde später ein bedeutendes Importgeschäft fast aller überseeischen Erzeugnisse, verbunden mit einer nicht unbedeutenden Segelschiffsrhederei, namentlich nach Ostindien. Späterhin betrieb W. auch ein Geschäft nach verschiedenen Plätzen der Westküste Afrikas, anfangs mit Segelschiffen, danach mit einem Dampfschiffe. Im Verfolge des Geschäftes hat sich hieraus nach seinem Tode die so blühende Woermann’sche Dampfschiffsrhederei entwickelt. Im Anfang der fünfziger Jahre erkannte W. die gesunde Grundlage eines Waarenaustausches mit dem schwarzen Welttheil, die auf dessen dauernder Aufnahmefähigkeit für europäische Erzeugnisse und der nicht minder großen Verwerthbarkeit afrikanischer Rohproducte für Europa beruht. Seine Factoreien befanden sich auch in dem später für Deutschland so wichtig gewordenen Kamerungebiete.

W. betheiligte sich in seiner neuen Vaterstadt Hamburg vielfach an öffentlichen Dingen und nahm auch in der Verwaltung manche ehrenamtliche Stellungen ein. Er ist Jahre lang Mitglied der Direction der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft und der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffs-Gesellschaft gewesen. Er hat als Mitbegründer und als Vorsitzender Jahre lang dem Verwaltungsrath der Commerz- und Disconto-Bank angehört und durch Mitbegründung und Leitung der Hamburg-Altonaer Pferdebahn der Verbindung der beiden Nachbarstädte zu ganz neuem Aufschwung geholfen.

Im J. 1868 begründete W. den „Verein für den Anschluß Hamburgs an den Zollverein“. Er war der Meinung, daß, nachdem Mecklenburg und Hannover bereits seit einiger Zeit und nach dem dänischen Kriege auch Schleswig-Holstein mit dem Zollverein verbunden worden, die Freihafenstellung Hamburgs, welche für dieses eine Nothwendigkeit war, solange es von verschiedenen Zollgebieten umgeben war, nicht mehr erforderlich sei, daß sein Anschluß an den deutschen Zollverein jetzt vielmehr im Interesse Hamburgs und Deutschlands liege.

Damals hatte dieser Verein einen vollständigen Mißerfolg. Seine Bestrebungen, welche einerseits von vielen Seiten sowohl aus Unverstand als auch tendenziöser Weise als „schutzzöllnerisch“ dargestellt wurden, während von anderer [215] Seite darin das Gespenst einer Annexion Hamburgs durch Preußen erblickt wurde, fanden in der hamburgischen Bevölkerung noch keinen Anklang. Erst ein Jahr nach Woermann’s Tode (1881) kam der Anschlußvertrag Hamburgs mit dem Deutschen Reiche zu Stande.

Woermann’s lebhafter Sinn für alles Wahre, Gute und Große wirkten befruchtend weiter in allen, die ihm nahe standen. Eben diesem Sinn verdankte er aber auch die Weitsicht, die Thatkraft und die Erfolge, die ihm einen ehrenvollen Platz unter den Pionieren des deutschen Colonialwesens und des Aufschwungs sichern, den Deutschlands Handel und Industrie im neuen Reich genommen.

Nach Berichten der Familie.
S.