ADB:Winter, Christian Friedrich
Mohr und Zimmer geführte Universitätsbuchhandlung als Stellvertreter seines Jugendfreundes Zimmer eintrat, der sich dem Studium der Theologie zuwandte. Aus dieser Buchhandlung, die nun in ihrer Firma die Namen Mohr und Winter vereinigte, ging nach einigen Jahren durch gütliche Trennung der Associés die heute noch in Heidelberg blühende C. F. Winter’sche (jetzt Carl Winter’s) Universitätsbuchhandlung hervor.
Winter: Christian Friedrich W., Verlagsbuchhändler, geboren in Gochsheim am 28. December 1773, † in Heidelberg am 7. Januar 1858. Sohn eines früh verstorbenen Pfarrers, mußte W. schon zeitig sich geschickt machen, auf eigenen Füßen zu stehen. Mit der Vorbildung der Volksschule und zweier Classen der Lateinschule trat er sechzehnjährig in ein Frankfurter Handlungshaus als Lehrling und war, nachdem er die Lehrzeit überstanden, während 11 Jahren in mehreren Handlungshäusern der gleichen Stadt als Gehülfe thätig, geraume Zeit als Reisender, der für sein Haus einen großen Theil Süddeutschlands besuchte und allenthalben Verbindungen anzuknüpfen wußte, die ihm für sein späteres Geschäftsleben nützlich waren. Ein offener Kopf und ein unermüdlicher Fleiß machten es ihm möglich, die Stunden, die nicht durch seine Berufspflichten in Anspruch genommen waren, durch das mit bestem Erfolg gekrönte Streben, nach Vervollständigung seiner Ausbildung auszufüllen. In Heilbronn gründete W. 1801 ein eigenes Geschäft und 1802 durch die Vermählung mit Luise Baumann, die, wie er, einem Pfarrhause entstammte, seinen Hausstand. Mit seiner Frau und 8 Kindern siedelte W. 1815 nach Heidelberg über, wo er in die bis dahin vonIn welchem Maße W. sich in kurzer Zeit das Vertrauen seiner Mitbürger zu erwerben verstanden hatte, beweist, daß sie ihn schon 1819 bei den ersten Landtagswahlen nach Ertheilung der Verfassung zu ihrem Vertreter in der zweiten Ständekammer wählten. Auch für die Landtage von 1822/23 und 1831/35 wurde W. mit diesem Mandate betraut. Er nahm lebhaften Antheil an den Verhandlungen als einer der Wortführer der liberalen Opposition und trat besonders eifrig für eine gesetzliche Einführung der Preßfreiheit (schon 1819) und für Besserstellung der Volksschullehrer (1831) ein. – 1845, in seinem 72. Lebensjahre, wählte ihn, nachdem er sich schon geraume Zeit an der Gemeindeverwaltung betheiligt hatte, die Bürgerschaft von Heidelberg zum ersten Bürgermeister. Mit der ihm eigenen Thatkraft waltete er der Pflichten dieses Amtes in den schwierigen Zeiten, die seinem Amtsantritt folgten. Obwol er nach Ausbruch der Revolution von 1849 alles aufbot, um Gesetzwidrigkeiten und Gewaltthaten zu verhindern und die Stadt Heidelberg und deren Bewohner vor den Gefahren zu behüten, welche durch die Freischaaren drohten, wurde W. doch, als die preußischen Truppen [465] Heidelberg besetzten, verhaftet und seines Amtes entsetzt. Nach Wiederherstellung der Ordnung im J. 1850 der Theilnahme am Hochverrath beschuldigt und in Untersuchung gezogen, erlebte er die Genugthuung, durch gerichtliches Urtheil für verdachtlos erklärt zu werden und durch die amtlichen Erhebungen sein verdienstliches Wirken festgestellt und anerkannt zu sehen. Doch zog er sich von da an aus der Oeffentlichkeit zurück und lebte nur noch dem Verkehr mit den Seinigen, bis ein sanfter Tod ihn im Alter von 85 Jahren aus dem Leben abrief. Das Haus des „Vater Winter“, wie er in dem Munde seiner Heidelberger Zeitgenossen hieß, war eine Stätte edler Gastfreundschaft, innigen Familienlebens und verständnißvoller Pflege der schönen Künste. Von seinen 9 Kindern wählten 3: Anton, Karl und Christian den Buchhandel als Lebensberuf, Jonathan studirte die Rechte und erreichte eine hohe Amtsstellung in der badischen Verwaltung.
- Bad. Biographien 2, 492. – Erinnerungen an die Großeltern Winter (als Manuscript gedruckt).