ADB:Wiest, Stephan
Sailer’s, der 1780–81 diesen zweiten Lehrstuhl der Dogmatik eingenommen hatte. Zugleich verlieh ihm die theologische Facultät die theologische Doctorwürde; er erhielt auch den Titel eines kurfürstlichen geistlichen Raths. Im Studienjahre 1787/88 war er Rector der Universität. Nach einer dreizehnjährigen ausgezeichneten Lehrthätigkeit an dieser Universität legte er im J. 1794 seine Professur nieder und kehrte in sein [441] Kloster zurück, in welchem er auch starb. – W. begann seine litterarische Thätigkeit in der Zeit seiner philosophischen Lehrthätigkeit im Kloster mit zwei Schriften philosophischen Inhalts: „Initia philosophiae purioris cum positionibus mathematicis“ (Ratisbonae 1776); und: „Positiones theoretico-practicae ex philosophia et mathesi“ (Ratisbonae 1779). Den Anfang seines theologischen Lehramts bezeichnen die beiden kleineren Schriften: „Positiones ex theologia dogmatica“ (Eustadii 1781); und: „Dissertatio de moderatione theologica“ (Eustadii 1782). Zugleich begann er aber auch mit der Ausarbeitung seines großen dogmatischen Hauptwerkes, der in den Jahren 1782–1789 in sechs Bänden veröffentlichten „Institutiones theologicae“. (Tomus I: Praecognita in theologiam revelatam, quae complectuntur specimen encyclopaediae ac methodologicae (Eustadii 1782). Tomus II und III: Theologia dogmatica generalis, oder Demonstratio religionis christianae und Demonstratio religionis catholicae (Eustadii 1786). Tomus IV-VI: Theologia dogmatica specialis, und zwar: Tomus IV: Demonstratio dogmatum catholicorum in specie de Deo in se considerato (Ingolstadii 1788); Tomus V und VI: Demonstratio dogmatum catholicorum in specie de Deo salutis nostrae auctore (Ingolstadii 1789). Die drei ersten Bände gab W. selbst noch in einer „editio secunda aucta et emendata“ heraus, Ingolstadt 1788–90. Eine inhaltlich unveränderte 2. Auflage der drei folgenden Bände ließ der Verleger 1797–1801 folgen, ebenso 1801 noch eine 3. Auflage des 1. Bandes.) Dieses Werk sichert seinem Verfasser einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der katholischen Dogmatik. Seine Bedeutung liegt in dem großen Reichthum an positivem und historischem Material, während über dem Bestreben, die Theologie von überflüssigen scholastischen Fragen zu erleichtern und dadurch zu vereinfachen, die speculative Seite überhaupt allerdings etwas zu kurz kommt; aber der Mangel an speculativer Tiefe wird bei W., wie Karl Werner mit Recht urtheilt, „durch eine reiche Fülle litterarhistorischer Erudition aufgewogen, die sein Werk für jeden späteren Leser zu einer Fundgrube von Belehrungen, namentlich über Leistungen auf dem Gebiete der damaligen Theologie macht“. Die einzelnen Unterabtheilungen zerfallen überall in eine Sectio historico-litteraria, eine Sectio dogmatica (die positive Darstellung), und eine Sectio polemica, wozu in der speciellen Dogmatik noch jeweils eine Sectio practica kommt, über die moralische Anwendung der betreffenden dogmatischen Lehre. Im Interesse der Studirenden und auf mehrseitiges Verlangen verfaßte W. nach dem größeren Werk die kürzer gefaßten „Institutiones rtheologiae dogmaticae in usum academicum“ in 2 Bänden (I: Theologia dogmatica generalis; II: Theologia dogmatica specialis), (Ingolstadt 1791), welche noch zweimal neu herausgegeben wurden (Landshut 1817 und 1825). Neben der Arbeit an den Institutiones verfaßte W. in denselben Jahren einige kleinere akademische Schriften: „De iustitia Dei punitiva contra quaedam asserta cl. Eberhardi et Steinbartii aliorumque diss.“ (Ingolstadii 1787); „Oratio de necessario scientiae et pietatis nexu“ (Ingolstadii 1788); und die vier Programme „de Wolfgango Mario Abbate Alderspacensi“ (Ingolstadii 1788, 89, 92). Sodann führte W. den in der 1. Auflage des 1. Bandes der Institutiones enthaltenen kurzen Abriß der theologischen Litteraturgeschichte (die 2. Auflage enthält denselben mit Rücksicht auf das vorbereitete besondere Werk nicht mehr) in einem besonderen Lehrbuch weiter aus: „Introductio in historiam theologiae revelatae potissimum catholicae“ (Ingolstadii 1794). Auch dieses Werk zeigt in hervorragender Weise die litterarhistorische Gelehrsamkeit seines Verfassers und behält dadurch, wenigstens was die Darstellung der theologischen Litteratur des 16.–18. Jahrhunderts betrifft, einen bleibenden Werth. Sein letztes Werk, mit dem er sich vom Lehramt und von seinen akademischen Zuhörern verabschiedete [442] (die Vorrede ist datirt: Scripsi Ingolstadii die discessus mei XVI. Cal. Decembris 1794), sind die „Institutiones Patrologiae in usum academicum“ (Ingolstadii 1795). – Durch den streng positiven Charakter seiner Theologie und durch seine ausgedehnte und solide Gelehrsamkeit ist Stephan W. jedenfalls einer der bedeutendsten katholischen Theologen Deutschlands im 18. Jahrhundert.
Wiest: Stephan W., katholischer Theologe, geboren zu Teisbach in Niederbaiern am 7. März 1748, † am 10. April 1797. Er trat 1767 in das Cistercienser-Kloster Aldersbach in Niederbaiern ein und legte 1768 die Ordensgelübde ab. Die höheren Studien absolvirte er zum Theil im Kloster und vollendete sie an der Universität Ingolstadt; später war er als Professor der Philosophie und Mathematik in seinem Kloster thätig, bis er im J. 1781 als Professor der Dogmatik, Patrologie und theologischen Litteraturgeschichte nach Ingolstadt berufen wurde, an Stelle- Permaneder, Annales Univ. Ingolst.-Landesh.-Monac., T. V (1821), p. 62, 151. – Baader, Lexicon verstorbener Baierischer Schriftsteller des 18. u. 19. Jahrh., Band I, 2 (1824), S. 323–325. – Düx in Wetzer u. Welte’s Kirchen-Lexicon, Band XI, S. 1079 f. – K. Werner, Geschichte der kath. Theologie (1866), S. 243–248. – Prantl, Geschichte der Ludw.- Maxim.-Univ. in Ingolstadt, Landshut, München (1872), Band I, S. 665; Band II, S. 513. – Hurter, Nomenclator, T. III (ed. 2, 1895), p. 234 s. – (Portrait von 1789 in der 2. Auflage der Institutiones theol.)