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ADB:Widukind von Corvey

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Artikel „Widukind von Corvey“ von Wilhelm Wattenbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 369–370, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Widukind_von_Corvey&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:55 Uhr UTC)
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Widukind, in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts Mönch im Kl. Corvey, ist der Verfasser eines mit Recht sehr hochgeschätzten Geschichtswerkes. Von seiner Person wissen wir nichts, als was er selbst sagt, nämlich, daß er Heiligenleben geschrieben hat, d. h. ältere Legenden überarbeitet. Er muß also trotz seines recht mangelhaften Latein als Stilist gegolten haben, und da er auch nicht ohne gelehrte Bildung war, mag er vielleicht als Lehrer der Klosterschüler gewirkt [370] haben. Von seiner früheren Beschäftigung abgelenkt wurde er, wie er selbst berichtet, durch den wachsenden Ruhm seines Volkes unter Otto I. Er stellte nun zusammen, was er aus alter Ueberlieferung, durch gelehrte Combination mehr verwirrt als gereinigt, über die Vorzeit der Sachsen wußte, schilderte in für uns unschätzbarer Weise die Thaten Heinrich’s I. und die Geschicke seines Sohnes Otto, wie dieser anfangs mit den größten Gefahren zu kämpfen hat, endlich aber als siegreicher Held in Frieden herrscht; mit dem tragischen Untergang seines unversöhnlichen Widersachers in Sachsen selbst, Wichmann’s, schloß er das Werk, welches er des Kaisers Tochter, der zwölfjährigen Aebtissin von Quedlinburg widmete (967). Ein vermuthlich auch von ihm herrührender Nachtrag führt die Geschichte bis zur letzten Heimkehr des Kaisers und zu seinem Tod.

Nach Widukind’s Auffassung mußten die Sachsen den Franken unterliegen, um Christen zu werden; durch die Uebertragung des hl. Veit aus St. Denis nach Corvey aber kommt das Glück zu den Sachsen und von ihm beschützt, gewinnen die Sachsenfürsten das Reich und beherrschen es mit ihren Sachsen. In seiner universalen Stellung bleibt Otto W. fremd und die Kaiserkrönung erwähnt er nicht einmal. Von den entfernteren Vorgängen hat er überhaupt nur wenig Kunde. Obgleich eifriger Mönch, berührt er doch die kirchliche Politik Otto’s gar nicht; dagegen ziehen ihn die kriegerischen Vorgänge und Thaten im höchsten Grade an, Heldengestalten, selbst wenn sie Rebellen sind, wie Wichmann, fesseln sein Interesse. So hat er uns die Geschichte seiner Zeit nur mangelhaft und theilweise in schiefer Darstellung überliefert, aber was er giebt, ist unschätzbar und vieles durch ihn allein uns bekannt; innere Herzenswärme und oft epische Breite der Erzählung machen sein Werk ungemein anziehend und erheben es hoch über die trockene Chronik. Störend ist dabei der vorzüglich Sallust nachgeahmte Ausdruck, unpassende antike Benennungen und bei mangelhafter grammatischer Schulung zuweilen unverständliche Kürze. Dagegen halte ich einen von höfischer Seite und vom Erzb. Wilhelm von Mainz auf ihn ausgeübten Einfluß, den zuerst R. Koepke behauptete, für unerwiesen und unannehmbar, wenn auch augenscheinlich er auf die Erzbischöfe von Mainz eine gewisse furchtsame Rücksicht genommen hat.

Beste Ausg. von G. Waitz 1882, 8. Uebers. von Schottin, überarbeitet von W. Wattenbach 1891 (Geschichtschr. X, 6). – Wattenbach, Deutschl. Geschichtsqu. (1893) I, 328-333. – Ders. Wid. v. C. und die Erzbischöfe v. Mainz, Sitz.-Ber. d. Berl. Akad. 1896, S. 339-352.