ADB:Weitsch, Friedrich (1723 bis 1802 oder 1803)
[627] fortnahm. Er wurde nun zu harter Feldarbeit gezwungen, und es bedurfte der klugen Vermittlung seines alten Lehrers, des wackeren Pastors Dankworth, ihm eine andere Lebensbahn zu eröffnen, die zunächst lange Jahre hindurch rauh genug sich gestaltete. W. kam als Bedienter und Schreiber zu einem Justizbeamten nach Wolfenbüttel, wo er zwar streng und karg, aber auch, wie er später dankbarst gedachte, „zur Tugend und Gottesfurcht“ angehalten wurde. Er blieb hier drei und ein halbes Jahr und kam dann in die Dienste des Hauptmanns v. Blum in Braunschweig. Lust zum Soldatenstande veranlaßte ihn um das Jahr 1744 in diesen einzutreten; bald wurde er zum Corporal befördert. Um den Anfang des März 1748 heirathete er Anna Marie Magdalene Stoppen, die im Dienst der Schwester seines Herrn, eines Stiftsfräulein v. Blum in Wienhausen, gestanden und die er hier kennen gelernt hatte. In demselben Jahre rückte W. im Regiment des Obersten v. Tunderfeld nach Holland mit aus und erregte hier durch die Geschicklichkeit, mit der er, ohne je zeichnen gelernt zu haben, den Riß der ordre de bataille machte, und besonders durch die Kunstfertigkeit, mit der er vor dem Stande des Regiments das herzogliche Wappen und Monogramm aus Rasen und verschiedenen Sandarten herstellte, die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten bis zum Feldmarschall Prinz Moritz von Nassau hinauf. Vor allem war ihm der Oberst v. Tunderfeld gewogen, der ihn gern fördern wollte und ihm plötzlich befahl, zwei kleine Landschaften von Dubois für ihn zu copiren. Obwol W. bis dahin keine Ahnung von der Oelmalerei hatte und seine Frau ihn warnte, er möge sich nicht zum Narren halten lassen, machte er sich sogleich mit wachsendem Eifer an die Arbeit, die bald vollendet war und überall großes Staunen erregte. Es fällt dieser Vorfall wol in das Jahr 1754; denn von 1754–57 habe sich, sagte er später, in härtester Zeit sein Talent entwickelt. Er gewann dann die Gunst des einflußreichen Ministers Schrader v. Schliestedt, der auf seinem Tusculum in Schliestedt verschiedene Arbeiten von ihm ausführen ließ und ihn besonders auch dem kunstsinnigen Herzoge Karl I. empfahl. Dieser fragte ihn vor dem Ausrücken seines Regimentes, wol schon im J. 1757, ob er Soldat bleiben oder Maler werden wollte. Da er mit Freuden das letztere wählte, so wurde er freigelassen und, wie es scheint, zunächst bei der Buntmalerei beschäftigt, die für die Fürstenberger Porzellanfabrik in Braunschweig errichtet war. Da in der Kriegszeit der Absatz des Porzellans gering war, so bildete W. in dieser Zeit sich auch besonders in der Oelmalerei weiter. In dieser Beziehung war für ihn die Bekanntschaft des Galerieinspectors W. Busch in Salzdahlum von großem Werthe, da sie ihm das Studium der dortigen Bilderschätze bedeutend erleichterte. Besonders gerühmt wird von Weitsch’s Porzellanmalerei ein Tafelservice, das er im Auftrage des Herzogs mit Darstellungen braunschweigischer Städte, Dörfer, Landschaften u. s. w. schmückte. Sonst wird für die Buntmalerei seine Thätigkeit als Lehrer, die sehr gelobt wird, wichtiger gewesen sein als seine eigene Kunstbethätigung, die bald höheren Zielen nachging. Auch sollte ein Jahrgehalt von 150 Thlrn. (von 1787 an 200 Thlr.), den er spätestens von 1762 an erhielt, ihn nicht so sehr zu bestimmten Leistungen verpflichten, als „zu mehrerer Aufmunterung seines besonderen Genies und Talentes“ dienen. Einen Handel mit Kupferstichen, den er eröffnete, gab er bald wieder auf; längere Zeit setzte er einen solchen mit Oelbildern fort, in dem ihn ein Kunstfreund Dr. Brückmann – z. B. bei einer Hamburger Auction, wo er ihm einen Wechsel von 1000 Thalern zur Verfügung stellte – wirksam unterstützte. Für seine künstlerische Ausbildung wichtig waren besonders seine Reisen. Die erste ging über Kassel nach Nürnberg und Ansbach. Im J. 1770 reiste er mit seinem Schüler Aug. Hartmann über Elberfeld und Düsseldorf nach den Niederlanden, wo er in Antwerpen, [628] Brüssel u. s. w. eifrige Studien trieb. In Düsseldorf weilte er sieben Wochen; man wollte ihn hier unter günstigen Bedingungen für die Akademie gewinnen, doch er kehrte in die Heimath zurück, da er das seinem Fürsten versprochen hatte, dem er auch ein kostbares Bild Adriaen’s van der Werff, das er in Brüssel erwarb (Herzogl. Museum Nr. 330), in uneigennützigster Weise abtrat. Im folgenden Jahre wurde W. von dem Herzoge eine Wohnung auf einem alten Festungsthurme, der sogenannten Bammelsburg, eingeräumt, um hier zugleich eine Zeichenschule für höher Gebildete einzurichten. Weitsch’s Gemälde fanden immer größere Anerkennung. Als er 1778 einen Eichenwald mit sehr schönem Vieh gemalt hatte, gefiel das Bild dem Director Krahe in Düsseldorf so gut, daß er ihm rieth, mehr Waldstücke zu malen. Er schickte ein solches nach Düsseldorf und erhielt von dort das Ehrendiplom als Professor und Mitglied der Akademie. Ebenso wurde er mitsammt seinem ältesten Sohne Friedrich Georg später (1794) zum wirklichen Mitgliede der Berliner Akademie ernannt. Seine Waldlandschaften mit Thierstücken, die er in großer Zahl malte, werden noch jetzt für die besten seiner Bilder gehalten; so das Prachtstück im herzoglichen Museum zu Braunschweig (Nr. 623 aus dem Jahre 1784): „Eichenwald bei Querum“, in der Wirklichkeit ein Lieblingsaufenthalt des Künstlers. Ueberhaupt war W. ein leidenschaftlicher Naturfreund, der das Leben und Weben in Wald und Flur, die Thierwelt u. A. gern und scharf beobachtete. Auch trat er mitunter als Schriftsteller auf diesem Gebiete hervor, in Aufsätzen über „der Schwalben Abzug“, „zur Naturgeschichte der wilden Enten“ u. A., die er im Braunschweigischen Magazin veröffentlichte. Eine Ansicht der Roßtrappe ist nach seinem Bilde von Weise in Dresden in Kupfer gestochen; er wollte 1782 noch mehrere seiner Harzansichten stechen lassen, wenn jene genügenden Absatz fände; doch scheint dies, da eine Fortsetzung nicht erschien, nicht der Fall gewesen zu sein. In früheren Jahren (1766) hatte er sich auch selbst gelegentlich, ohne eigentliche Anleitung gehabt zu haben, in der Kunst des Radirens versucht und eine Folge von elf Blättern mit Schafen, Kühen u. A. hergestellt, dann aber, wie es scheint, diese Kunstübung ganz aufgegeben. Am 2. Mai 1783 verlor er seine Frau, mit der er 36 Jahre in glücklichster Ehe gelebt hatte. Im folgenden Jahre trat er mit seinen beiden Söhnen, die dem Berufe des Vaters folgten, eine zweite Reise nach den Niederlanden an. Unterm 21. December 1788 wurde er zum Galerieinspector in Salzdahlum ernannt, wohin er nun übersiedelte. Hier hat er dann in rastloser Arbeit seine Jahre beschlossen; nur wenige Tage war er bettlägerig gewesen, als ihn am 6. August 1803 der Tod ereilte. Ihn überlebte bis zum 19. October 1827 seine Wittwe, Sophie Johanne geb. Helmkampf, die Tochter des Oberinspectors der preußischen Hüttenwerke am Unterharze, die er in zweiter Ehe am 12. October 1786 geheirathet hatte. – W. war eine selbwachsene Künstlernatur, die unter schwierigen Verhältnissen zu hohen Zielen sich durchrang, und bewahrte sich bei allen Erfolgen Einfachheit der Sitten, Gutmüthigkeit des Herzens und einen bescheidenen, dankbaren Sinn. Dieser spricht sich bezeichnend aus in der Widmung des Altarbildes, das er seinem Heimathsorte Hessen 1769 schenkte und das die Verkündigung der Geburt Christi an die Hirten darstellt:
Weitsch: Pascha Johann Friedrich W., Maler († 1803), wurde am 16. October 1723 zu Hessen im Herzogthume Braunschweig geboren. Die Familie hieß nach den Kirchenbüchern (in denen der Vorname „Pascha“ auch sonst vereinzelt begegnet) eigentlich Weitsche. Der Vater Daniel Weitsche, ein Kothsaß und Ziegeldecker, war ein harter, strenger Mann († 1754), die Mutter Anna Margarethe, geb. Becker († 1737), eine fromme Frau. Da der Sohn einen offenen Kopf zeigte, so wollte der Vater einen Gelehrten aus ihm machen und gab ihn nach seiner Confirmation (wol Ostern 1738) auf die Schule in Osterwiek zu einem Schreibmeister. Da dieser ein leidenschaftlicher Jäger war, der Sinn seines Zöglings, der am liebsten die Malerei oder Jägerei erlernt hätte, aber auch nach der Natur stand, so streiften sie Beide so viel in Feld und Wald umher, daß die wissenschaftlichen Fortschritte Weitsch’s höchst ungenügend waren und der Vater ihn nach ¾ Jahren wieder von der SchuleDie Kunst, die Gott mir gab, ohn’ ein’gen Unterricht
Weih ich auch Seiner Ehr’ und meiner Kindespflicht,
Den Eltern, welche schlecht und recht gelebet haben
Und mir zu gleichem Thun die besten Lehren gaben.
Zwei schöne Oelporträts Weitsch’s lieferte sein Sohn Joh. Friedr. W.; das eine aus dem Jahre 1790 besitzt die Berliner Akademie, das andere von 1797 (von K. Schröder in Schabkunst nachgebildet) das herzogliche Museum in [629] Braunschweig; ein Selbstporträt von ihm ist in der Kunstsammlung des Herrn A. Basel in Beierstedt. Nach einem Bilde J. F. Eich’s aus dem Jahre 1776 fertigte Daniel Chodowiecki von W. einen schönen Kupferstich.
- Vgl. K. Fr. Pockels, Bruchstücke aus seiner (nicht gedruckten) Biographie Weitsch’s im Morgenblatt 1810, Nr. 1–4. – Füßli, Künstlerlexikon IV, 6077 ff. – Nagler, Künstler-Lexikon XXI, 266 ff. – Br. Magazin 1853, S. 365 ff. – Stegmann, Porzellanfabrik zu Fürstenberg, S. 96 ff. – Auskunft v. Hrn. Pastor Seebaß in Hessen. – Landeshauptarchiv in Wolfenbüttel.