ADB:Weinart, Benjamin (Theologe)
[15] darauf das Gymnasium zu Bautzen und bezog schließlich die Universität Wittenberg, um Theologie zu studiren. Nachdem er durch eine „Disputatio theologica de vera animae ἀναπαύσει solo ex evangelio exspectanda“ (Vitemb. 1741) den Magistertitel erworben hatte, nahm er eine Hauslehrerstelle in der Oberlausitz an. Um sich für das geistliche Amt zu empfehlen, gab er eine „Epistula gratulatoria de veritate Christiano-Lutheranae religionis ex animae ἀναπαύσει“ (Budiss. 1748) heraus, die er einflußreichen Gönnern und Vorgesetzten übersandte. 1746 wurde er zum Substituten an der Kirche des Städtchens Dohna bei Dresden ernannt. 1750 rückte er an demselben Orte zum Diakonus, 1760 zum Archidiakonus und 1765 zum Pfarrer auf. Dieses Amt verwaltete er 30 Jahre hindurch bis zu seinem am 7. März 1795 erfolgten Tode. Von seinen kleinen Gelegenheitsschriften vorwiegend theologischen Inhalts sind erwähnenswerth „Ein gesegnetes Alter nach dem Sinn Mosis 5. Mos. 33, 25“ (Dresden 1753), „De mercede satoris iustitiae vera eaque firma et stabili ad Proverb. XI, 18“ (ebenda 1755) und „Zwey Jubelpredigten vor und an dem andern Jubel- und Dankfeste wegen des am 25. September 1555 zu Augspurg geschehenen Religionsfriedens“ (ebenda 1755). –
Weinart: Benjamin Gottfried W., zwei gleichnamige sächsische Gelehrte, Vater und Sohn, die meist mit einander verwechselt werden. Der Vater wurde am 20. Februar 1715 zu Schönwalde in der Niederlausitz als Sohn des dortigen Pfarrers Gottfried W. geboren. Er erhielt den ersten Unterricht im väterlichen Hause, besuchte dann die Stadtschule zu Sorau,Der Sohn, bekannt als sächsischer Geschichtschreiber und Bibliograph, wurde am 4. Mai 1751 in Dohna geboren. Er besuchte die Lateinschule zu Pirna und widmete sich dann auf der Universität Leipzig dem Studium der Rechtswissenschaft. 1774 erwarb er daselbst durch Vertheidigung einer Dissertation aus dem Gebiete des kanonischen Rechts „De corona nuptiali vi compressae haud deneganda“ den Magistergrad. Gleichzeitig veröffentlichte er eine volkswirthschaftlich-pädagogische Abhandlung „De ignorantia plebis reipublicae nociva disquisitio“ (Lips. 1774), die er dem später durch seine Verdienste um das sächsische Schulwesen bekannt gewordenen Grafen Peter Karl Wilhelm v. Hohenthal widmete. Nachdem er die juristische Prüfung bestanden und das Recht zur Betreibung der Advocatur in den kursächsischen Landen erworben hatte, nahm er eine Stellung als gräflich Hoym’scher, später Reußischer Amtmann und Gerichtsdirector zu Ruhland in der Oberlausitz an. Dieses Amt ließ ihm viele Muße, und so konnte er sich ausgiebig seinen Neigungen widmen, die namentlich auf dem Gebiete der vaterländischen Geschichte lagen. Er begann mit großem Fleiße alles zu sammeln, was ihm Merkwürdiges aus dem Bereiche der sächsischen Landes-, Fürsten-, Rechts- und Ortsgeschichte vorkam. Von Anfang an ging seine Absicht dahin, seine Collectaneen durch den Druck zu veröffentlichen. Schon nach einem Jahre gab er eine Auswahl von Urkunden, Statuten und Abhandlungen unter dem Titel „Neue Sächsische Historische Handbibliothek“ (Dresden 1775) heraus, die sich den gleichartigen Sammelwerken von Schöttgen, Kreyßig und Klotzsch nicht unwürdig anreihte. Bald darauf veranstaltete er einen durch Anmerkungen erläuterten Neudruck des von dem ehemals berühmten Pariser Rechtsgelehrten Jacob Gutherius verfaßten umfangreichen staatsrechtlichen Werkes „De officiis domus Augustae publicae et privatae“ (Lips. 1776) nach der seltenen Pariser Originalausgabe von 1628. Um dieselbe Zeit versuchte er sich auch als Uebersetzer, indem er zwei ziemlich witzlose, gegen die akademischen Kreise Leipzigs gerichtete Satiren „Mores eruditorum“ und „Genius seculi“ des 1771 verstorbenen, als Gegner Lessing’s und Herder’s sattsam bekannten Halleschen Professors Christian Adolf Klotz ins Deutsche übertrug („C. A. Klotzens Satyren, aus dem Lateinischen übersetzt“, Leipzig 1776), ohne sich indeß auf dem Titel zu nennen.
Inzwischen war er durch seine rasche litterarische Production in den [16] Ruf eines vielseitigen Geschichtsforschers und federgewandten Schriftstellers gekommen. Als deshalb der Verlagsbuchhändler Hilscher in Dresden mit dem Plane umging, eine Chronik seiner Vaterstadt herauszugeben, fragte er bei ihm an, ob er geneigt wäre, die Bearbeitung zu übernehmen. W. erklärte sich bereit, begann sogleich mit den Vorstudien und förderte das Unternehmen so fleißig, daß es in den Jahren 1777–81 unter dem Titel „Topographische Geschichte der Stadt Dresden und der um dieselbe herum liegenden Gegenden“ in 8 Heften erscheinen konnte. Das Werk ist als Materialsammlung noch heute brauchbar und wird hauptsächlich wegen der beigegebenen 28 Kupfertafeln gesucht, die landschaftliche Scenerien, sowie bemerkenswerthe, zum Theil längst verschwundene Gebäude nicht ungeschickt veranschaulichen und von den ehemals geschätzten Dresdner Künstlern C. G. Nestler, G. W. Weise und C. G. Langwagen entworfen und gestochen sind.
Während dieser eingehenden Beschäftigung mit der Geschichte Dresdens hatte W. aber nicht versäumt, seine Collectaneen zur sächsischen Landesgeschichte fortzusetzen, und so konnte er schon nach wenigen Jahren einen 2. Band seiner „Neuen Sächsischen Historischen Handbibliothek“ (Leipzig 1784) herausgeben, der wie der erste eine bunte Mannichfaltigkeit von Urkunden und Abhandlungen verschiedensten Inhalts umfaßte. Leider fand das Unternehmen beim Publicum nur geringe Unterstützung, und so mußte die geplante Fortsetzung unterbleiben, obwohl W. noch einen beträchtlichen Vorrath ungedruckter Nachrichten besaß. Er wendete sich nun einem Specialgebiete zu, das damals noch ziemlich wenig angebaut war und das nicht nur seinen amtlichen Interessen, sondern auch seinen juristischen Studien und historischen Neigungen nahe lag, nämlich den überaus verwickelten Rechtsverhältnissen seiner zweiten Heimath, der Lausitz. In mehrjähriger Arbeit verfaßte er zwei Werke, die sich seiner Zeit allgemeiner Beliebtheit in Fachkreisen erfreuten und noch heute als grundlegend in ihrer Art angesehen werden: „Lehnrecht des Markgrafthums Oberlausitz, aus Landes- und Provinzialgesetzen, auch andern öffentlichen Urkunden erläutert“ (2 Bände, Dresden und Leipzig 1785–1788, neue unveränderte Titelausgabe Leipzig 1805) und „Rechte und Gewohnheiten der beiden Markgrafthümer Ober- und Niederlausitz“ (4 Bände, Leipzig 1793–1798, dazu eigenhändige Nachträge im Mscr. K 5 c der kgl. öff. Bibliothek zu Dresden). Während der Ausarbeitung dieser Bücher war es ihm aufgefallen, daß zahlreiche werthvolle Specialuntersuchungen, namentlich Disputationen und andere Gelegenheitsschriften, die er zu Rathe ziehen mußte, wegen ihrer außerordentlichen Seltenheit kaum auffindbar und den meisten Interessenten unbekannt waren. Er beschloß deshalb, eine Anzahl dieser unverdient in Vergessenheit gerathenen Abhandlungen durch Neudrucke der Oeffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Die Sammlung war auf mehrere Bände veranschlagt, doch erschien nur der erste, der 13 Programme und Dissertationen rechtsgeschichtlichen Inhalts umfaßte, unter dem Titel „Analecta iuris publici Germaniae praesertim Saxoniae“ (Lips. 1790). Die übrigen mußten aus Mangel an Subscribenten Manuscript bleiben. Dasselbe widerfuhr einer ähnlichen, im Herbst 1790 angekündigten Sammlung „Analecta iuris et historiarum Lusatiae utriusque“, da sich kein Verleger fand und W. den Druck auf eigene Kosten nicht zu unternehmen wagte.
Mehr Anklang und Erfolg fand er mit einem umfangreichen Werke bibliographischen Inhalts, das er um dieselbe Zeit nach 15jähriger Vorarbeit abschloß und das seinen Namen in erster Linie auf die Nachwelt gebracht hat. Es ist das sein „Versuch einer Litteratur der Sächsischen Geschichte und Staatskunde“ (2 Bände, Dresden und Leipzig 1790–1791, dazu Nachträge [17] im: Musäum für die Sächsische Geschichte, Litteratur und Staatskunde, herausgegeben von Christian Ernst Weiße, 1. Band, 2. Stück, Leipzig 1794, S. 228 bis 264 und in: Historische und statistische Aufsätze über die Sächsischen Lande, gesammlet und herausgegeben von Friedrich Grafen von Beust, 1. Band, Altenburg 1797, S. 69–178, handschriftliche Zusätze außerdem im Mscr. R 153–156 der kgl. öff. Bibliothek zu Dresden). Eine neue Ausgabe mit Verbesserungen erschien Dresden 1805. Der 1. Theil enthält die Litteratur über die einzelnen Landestheile und die darin gelegenen Ortschaften, der 2. die der Landes-, Fürsten- und Adelsgeschichte. Das Werk verzeichnet nicht nur die Titel von mehreren tausend gedruckten Büchern, sondern auch viele Aufsätze aus Zeitschriften, z. Th. mit kurzen kritischen Bemerkungen und mit Hinweisen auf die Urtheile angesehener Recensenten. Es wird noch heute trotz seiner Unvollständigkeit und trotz der Unzuverlässigkeit vieler Angaben zur Orientirung gern benutzt und dürfte erst in einigen Jahren durch die gegenwärtig bei der Kgl. öffentl. Bibliothek in Dresden in Bearbeitung befindliche „Bibliographie der sächsischen Geschichte“ endgültig antiquirt werden.
Kurz vor dem Ende des 18. Jahrhunderts hatte W. sein Amt in Ruhland aufgegeben und sich in Dresden als Rechtsconsulent mit dem Titel eines kurfürstlichen Finanzprocurators niedergelassen. Er kaufte nahe bei der Stadt einen Weinberg mit einem Landhause, das er Weinartsruhe nannte, und widmete sich nun, unterstützt durch die reichen litterarischen Hülfsmittel der Hauptstadt, mit größerer Muße als bisher seinen wissenschaftlichen Neigungen. Zunächst ließ er einen neuen, noch heute geschätzten Beitrag zur sächsischen Bibliographie „Litteratur des Staatsrechts und der Statistik von Sachsen“ (2 Bände, Meißen 1802) nebst einem angehängten Verzeichniß der in der kurfürstlichen Bibliothek zu Dresden befindlichen Manuscripte aus diesem Gebiet erscheinen. Wenige Jahre später folgte eine für den praktischen Gebrauch der Behörden und Amtspersonen bestimmte „Allgemeine Uebersicht aller churfürstlich sächsischen gerichtlichen und außergerichtlichen Taxordnungen, wie selbige bei den Dikasterien, Gerichten und Canzleien, auch in der Oberlausitz gewöhnlich sind, mit beigefügtem Betrag des Stempelpapiers zu jeder Sache“ (Dresden 1804, neue Ausgabe ebenda 1811). Auch gab er zwei von den Autoren im Manuscript hinterlassene staatsrechtliche Arbeiten heraus: „Ueber die kursächsische Steuerverfassung“, von F. A. Eichhof (Leipzig 1800) und „Ludwig Andreas Gotter’s Reichs- Matrikular-Anschläge der gesammten Chur- und Fürstlich Sächsischen Lande, Albertinischer und Ernestinischer Linien, mit Urkunden erwiesen“ (Altenburg 1805). Das Werk Eichhof’s scheint er ohne Genehmigung des Verfassers oder dessen Erben veröffentlicht zu haben, denn es kam zu einem Proceß, der damit endigte, daß W. zu Arrest, Schadenersatz und Erstattung der Kosten verurtheilt wurde. Seine letzten Lebensjahre waren durch körperliche Leiden getrübt, so daß seine litterarische Production nahezu aufhörte. Er starb am 9. December 1813 in Dresden-Neustadt. Seine Sammlungen zur sächsischen Geschichte hinterließ er der Kgl. öffentl. Bibliothek daselbst, wo sie heute noch vorhanden sind. Darunter befinden sich mehrere ungedruckte Werke: „Verzeichniß einer Volks- und Schulbibliothek“ (Mscr. Dresd. H 128 g, 9), „Codices manuscripti bibliothecae Ponikavianae“ (J 37a) und „Die Erbfolge nach sächsischen Rechten, höchsten Entscheidungen und Herkommen (Q 38, 1), sowie eigenhändige Collectaneen (L 118 a, 1 u. 8; Q 209, 4).
Man würde Weinart’s überaus fleißige und vielseitige Thätigkeit nicht voll würdigen, wenn man nicht auch seiner Mitarbeit an verschiedenen Zeitschriften gedenken wollte. In früheren Jahren hat er sich wiederholt als [18] Redacteur versucht. Als der preußische Oberconsistorialrath Anton Friedrich Büsching sein 1767 begründetes „Magazin für die neue Historie und Geographie“ 1788 mit dem 22. Bande eingehen ließ, plante W. eine Fortführung des Unternehmens. Er bearbeitete ein ausführliches systematisches und alphabetisches Register über die vorangegangenen Bände und begann die Neue Folge mit einer Zusammenstellung von Urkunden zur sächsischen und deutschen Geschichte. Da aber dieser 23. Band erst nach mehreren Jahren erschien (Halle 1793), hatten sich die Interessenten unterdeß anderen Zeitschriften zugewandt, und so mußte die weitere Veröffentlichung aus Mangel an Abonnenten unterbleiben. Nicht viel glücklicher endigte ein wenige Jahre später unternommener Versuch, eine juristische Zeitschrift unter dem Titel „Annalen der Rechtswissenschaft“ ins Leben zu rufen. Sie gedieh nur bis zum 4. Hefte (Leipzig 1798–1799) und stellte dann gleichfalls ihr Erscheinen ein. Auch für mehrere sächsische und ausländische Zeitschriften hat W. öfters Abhandlungen vorwiegend geschichtlichen, volkswirthschaftlichen oder gemeinnützigen Inhalts verfaßt. Die meisten finden sich in den Dresdner Gelehrten Anzeigen und im Wittenbergischen Wochenblatt, andere in den Dresdner Gemeinnützigen Beiträgen, dem Journal für Sachsen, den Sächsischen Provinzialblättern, dem Lausitzischen Magazin, der Lausitzischen Monatsschrift, dem Hamburgischen Magazin und dem Juristischen Journal. Außerdem schrieb er Recensionen für die Jenaische Litteraturzeitung, die Staatswissenschaftliche und juristische Literatur von Völderndorff und Kretschmann und die Erfurtische Gelehrte Zeitung.
- F. A. Weiz, Das gelehrte Sachsen, Leipzig 1780, S. 266 f. – J. G. Meusel, Das gelehrte Teutschland, 4. Aufl., Bd. IV, Lemgo 1784, S. 160; 5. Aufl., Bd. XVI, Lemgo 1812, S. 169 f. – G. F. Otto, Lexikon der Oberlausitzischen Schriftsteller und Künstler, Bd. III, Görlitz 1803, S. 476 bis 478; Supplementband, Görlitz u. Leipzig 1821, S. 459 f. – J. G. Meusel, Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 Verstorbenen teutschen Schriftsteller, Bd. XIV, Leipzig 1815, S. 465. – J. G. Meusel, Das gelehrte Teutschland im 19. Jahrhundert, Bd. IX, Lemgo 1827, S. 420 f.