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ADB:Wattmann, Josef Freiherr von

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Artikel „Wattmann-Maelcamp-Beaulieu, Joseph Freiherr von“ von Ernst Gurlt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 257–258, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wattmann,_Josef_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:05 Uhr UTC)
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Wattmann: Joseph Freiherr v. W.-Maelcamp-Beaulieu, Chirurg, geboren zu Oberlangboth bei Ebensee im Salzkammergut am 6. März 1789, der Sohn eines Chirurgen, studirte, nach dem Besuche der Lateinschule in Linz, unter V. Kern in Wien, war Zögling des dortigen k. k. Operationsinstituts, legte die Prüfungen 1810 ab, wirkte vorübergehend in Wels als Arzt und Chirurg, wurde darauf Assistent Kern’s und 1816 zum Professor der theoretischen und praktischen Chirurgie bei der Lehranstalt in Laibach ernannt. 1818 wurde er als Professor der Chirurgie und als Primarchirurg an das Heilgegeist-Hospital in Innsbruck berufen. Nachdem er im J. 1822 mit seinem Gönner Kern eine wissenschaftliche, bis Neapel ausgedehnte Reise nach Italien unternommen hatte, wurde er 1824 zum Nachfolger desselben als Professor der praktischen Chirurgie und Director des Operationsinstituts nach Wien berufen und hatten bald seine glänzenden Vorträge eine große Anziehungskraft für seine zahlreichen Zuhörer. Die Verdienste, welche er sich als Arzt und Chirurg zu erwerben wußte, bewirkten es, daß er 1826 in den Adelstand erhoben wurde. 1829 erlangte er den chirurgischen Doctorgrad und in demselben Jahre wurde er in die medicinische Facultät aufgenommen. Nachdem er seine litterarischen Arbeiten mit der Schrift „Ueber die Vorlagerungen in der Leistengegend“ (1815) eröffnet und weiter in Zeitschriften manches veröffentlicht hatte, auch ein Skelet-Phantom mit elastischen Gelenkbändern (1823) angegeben hatte, um daran den Mechanismus der Verrenkungen in den einzelnen Gelenken zu zeigen, betheiligte er sich an der Bearbeitung einer 1830 von der Königl. Societät der Wissenschaften in Göttingen ausgeschriebenen Preisfrage betreffend die Verwendbarkeit der Blasenstein-Zertrümmerung gegenüber dem Steinschnitt und erhielt dabei das Accessit. Diese Abhandlung erschien jedoch erst 1835 im Druck u. d. T.: „Ueber die Steinzerbohrung und ihr Verhältniß zum Blasenschnitt“, nachdem W. bereits andere Schriften wie „Ueber Verrenkung am Hüftgelenk und ihre Einrichtung“ (1826) und ein „Handbuch der Chirurgie“ (2 Bde. 1830) herausgegeben hatte. 1834 wurde er zum Leibchirurgen des Kaisers, 1838 zum Regierungsrath ernannt, 1852 gab Hebra eine ihn nahe angehende Schrift heraus: „Geschichtliche Darstellung der größeren Operationen mit Rücksicht auf Edlen v. Wattmann’s Operationsmethode“. Bald darauf folgte eine bedeutungsvolle Schrift von ihm selbst: „Sicheres Heilverfahren bei dem schnell gefährlichen Lufteintritte in die Venen und dessen gerichtsärztliche Wichtigkeit“ (1843). 1847 bekleidete er provisorisch [258] die Stelle eines Vicedirectors des medicinischen Studiums, wurde aber im October 1848, in den Stürmen der Wiener Revolution, zusammen mit anderen verdienten Männern wider seinen Willen in den Ruhestand versetzt. Nach der Rückkehr zu ruhigeren Zuständen, fand, bei aller Anerkennung seiner im Lehrfache erworbenen Verdienste und seines vieljährigen Wirkens an der Wiener chirurgischen Klinik, eine Wiedereinsetzung in sein früheres Amt zwar nicht statt, aber seine Thätigkeit als Arzt und Chirurg war noch keineswegs abgeschlossen, denn 1850 wurde er in die Medicinal-Commission des Ministeriums des Innern berufen, 1853 wurde ihm der Hofrathstitel verliehen und er in demselben Jahre in den Freiherrnstand erhoben, wobei ihm gestattet wurde, seinem Namen den seiner zweiten Gattin, einer Baronin Maelcamp-Beaulieu, der Letzten ihres Stammes, hinzuzufügen. Er war noch eine Reihe von Jahren zum Segen der leidenden Menschheit thätig und fiel erst im J. 1866 am 14. September der Cholera zum Opfer.

W. genoß als Operateur wegen seiner Ruhe, Sicherheit und Ausdauer, wegen seiner liebevollen Weise gegen den Kranken und wegen seines gelassenen und aufmunternden Verhaltens den Assistenten gegenüber, großen Ruf wie Liebe und Verehrung. Als Lehrer war er in seinen Vorträgen höchst lebendig, in seinen Demonstrationen ebenso klar als lehrreich, und immer, bis in sein hohes Alter, war er auf den verschiedensten Gebieten zu lernen bereit. Seine Praxis war ungemein ausgebreitet und erstreckte sich über alle Stände; noch in seinem letzten Lebensjahre behandelte der 77jährige Greis verwundete Soldaten aus dem Feldzuge. Große Verdienste hat er sich um das bei der Wiener Hochschule bestehende Operateur-Institut als langjähriger Leiter desselben erworben; aus seiner Schule sind u. A. die späteren Wiener chirurgischen Kliniker Schuh und v. Dumreicher hervorgegangen. Er begründete zu Hall in Oberösterreich das Elisabeth-Kinder-Hospital und benutzte seinen ganzen Einfluß, um dieses Institut zu heben; früher schon (1848) hatte seine zweite, vor ihm gestorbene Gattin, unter Mitwirkung anderer Wiener Damen, eine Stiftung für Studirende der Medicin und Chirurgie gemacht.

C. v. Wurzbach, Biograph. Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Thl. 53, 1886, S. 153 ff.