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ADB:Wallis, Josef Graf von

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Artikel „Wallis, Josef Graf von“ von Árpád Győry von Nádudvar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 751–754, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wallis,_Josef_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:16 Uhr UTC)
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Wallis: Joseph Graf v. W., Freiherr v. Carighmain, Herr der Stadt und Herrschaft Mährisch-Budwitz, der Herrschaft Budischkowitz und der Güter Jazkau, Kruschitz, Butsch und Kinitz in Mähren, der Herrschaft Planitz, Niemtschitz und des Gutes Lovtschitz in Böhmen, geboren am 31. August 1767 zu Prag, am 11. September 1788 vermählt mit Marie Louise Gräfin Waldstein-Dux, † am 18. November 1818 zu Wien, entstammte einer uralten, in Irland und Schottland bereits im 12. Jahrhunderte urkundlich beglaubigten Familie, welche, nach ruhmreicher Vergangenheit im Heimathlande, durch die religiösen Verfolgungen des protestantischen Großbritannien gezwungen war, dasselbe zu verlassen, um unter dem katholischen Kaiser in Deutschland Schutz zu suchen. Die den Katholiken günstiger gesinnte Regierung König Karl’s I. veranlaßte die Rückkehr Theobald’s W. nach England, wo er seine Familie unter dem Namen Walsh fortpflanzte, während sein jüngerer Bruder Olivier, dem Vorbilde seines bei Lützen gefallenen Vaters folgend, im kaiserlichen Heere weiterdiente, sich dauernd in Oesterreich niederließ, und so der Stammvater des daselbst blühenden Zweiges seiner Familie wurde, – einer Familie, deren Name ebenso auf kriegerischem wie auf finanziellem Gebiete nicht mit den Lettern des Glückes in der Geschichte Oesterreichs eingezeichnet ist.

W. entsprang der Ehe des Appellations-Vicepräsidenten zu Prag Franz Ernst Graf W. mit der Gräfin Maria Maximiliana Schaffgotsche. Der hochgebildete Vater vertraute die Erziehung seines Sohnes tüchtigen Lehrern an, so [752] daß der Segen eines reichen Wissens über Wallis’ weiterem Lebenswege ausgebreitet lag.

Rasch, wie es eben den Kindern aus einflußreichen Familien gegönnt war und ist, eilte er die Stufen der bureaukratischen Laufbahn hinan. Beim nieder-österreichischen Landrathe als Auscultant in den Staatsdienst eintretend, hat er in 9 Monaten (!) sich bereits so viel Erfahrung gesammelt, um 1788 zum Landrath ernannt zu werden; ein Jahr darauf erhält er die Würde eines k. k. Kämmerers; 1795 wird er Appellationsrath und Prüfungshofcommissär bei der Arcierenleibgarde; die Verdienste, die er sich in der Reihe der Freiwilligen im Kampfe für das Vaterland im J. 1797 erworben, bringen ihm nicht allein die Ehrenmünze des Jahres, sondern sind auch eine weitere Stufe für seine Erfolge, da er 1798 zum Hofrathe bei der vereinigten Hofkanzlei ernannt wird. Referent für das Kronland Böhmen, erringt er durch diese Thätigkeit die Begründung des Anrechtes auf eine leitende Stelle im genannten Königreiche, welche ihm bei Erledigung des Postens eines Präsidenten der k. k. Landrechte in Böhmen durch Verleihung dieser Stelle mit dem Ehrentitel eines Oberstlandrichters in Böhmen im J. 1802 zuerkannt wird; gleichzeitig wird dem 35jährigen Manne die Würde eines Wirkl. Geh. Rathes zu Theil. Kurz darauf zum Appellationspräsidenten in diesem Kronlande befördert, steht er Anfang des Jahres 1805 als Gouverneur an der Spitze der Verwaltung von Mähren und Schlesien, welches Amt er nach einem halben Jahre mit der gleichen Stelle im Schwesterlande Böhmen als Oberstburggraf zu vertauschen berufen wird. Die bösen Zeiten des Krieges von 1805 liefern dem energischen Wesen Wallis’ reiche Gelegenheit zur Entwicklung seines organisatorischen Talentes, wodurch er sich so sehr die Anerkennung seines Kaisers zu erringen wußte, daß dieser ihn durch Verleihung des Commandeurkreuzes des St. Stephansordens und 11/2 Jahre darauf des Großkreuzes dieses Ordens auszeichnete.

Das Kriegsjahr 1809 spornt W. zu erhöhtem Eifer an. Ueberall ist er im Lande zu finden, überall greift er selbsthandelnd ein, und gerne soll seinem humanitären Wirken für die Verwundeten wie überhaupt der leidenden Menschheit gegenüber vollste Anerkennung gezollt werden; aber der einspännige Wagen, welcher Tag und Nacht, im Hofe des Hradschin eingespannt, der Befehle des Oberstburggrafen harrt, um diesen unerwartet in die entferntesten Winkel seines Administrationsgebietes zu führen, wo, wie er meint, seine Anwesenheit unbedingt nöthig ist, um nach dem Rechten zu sehen, ist kennzeichnender für die Eigenart dieses Mannes, als eine lange Aufzählung seiner verschiedensten Handlungen.

Als Oesterreich infolge der schweren Schäden, welche die unglücklichen Kriege gegen Frankreich seinem materiellen Wohlstande zugefügt hatten, vor dem Staatsbankerotte stand, und verschiedene Finanzminister erfolglos am kranken Staate herumgedoctort hatten, da erschien den Wiener regierenden Kreisen W. als Retter in der Noth; man glaubte, wie das leider so oft geschieht, daß ein Mann, der in einer bestimmten Richtung anerkennenswerthes geleistet hatte, dadurch auch schon die Eignung erworben habe, auf jedem ihm noch so fremden Gebiete Ersprießliches zu leisten. Der 24. Juli 1810 bringt die Ernennung Wallis’ zum Präsidenten der Hofkammer, und bereits am 13. August wird derselbe durch den Obersthofmeister Fürsten Trautmannsdorff feierlichst in sein Amt eingeführt.

Wenn W. bei dieser Vorstellung unter anderem sagte: „Den, wie ich hoffe, bewährten Ruf mit mir bringend, daß ich wahres Verdienst ehre und überall ohne Rücksicht aufsuche ,… dagegen aber im Dienste streng und gegen Dienstesverletzungen unerbittlich bin; daß mir jede Rücksicht, wo es sich um das Wohl des Höchsten Dienstes handelt, fremd ist, und ich in dieser Richtung nichts scheue“, … so mag dies der Ausdruck eines ehrlichen Wollens gewesen sein, [753] sicher sind es aber nicht die Programmworte eines weitblickenden Finanzministers. Es war vielleicht einst auf politisch-admmistrativem Gebiete das Commandowort von Erfolg; aber die Finanzen, die schwenken auch auf die energischeste Stentorstimme eines Finanzministers niemals ein, wie wohldisciplinirte Soldaten.

So waren denn auch die ehrlichen Bemühungen Wallis’, Oesterreich vor dem Staatsbankerotte zu retten, erfolglos. Ihm war es vielmehr vorbehalten, durch das Finanzpatent vom 20. Februar 1811 denselben herbeizuführen. Das Patent reducirte nämlich das in sogenannten Bankozetteln (im Betrage von 1060,198 Millionen) cursirende Papiergeld auf die Summe von 212 159 750 Gulden. Die bisherigen Bankozettel sollten nur bis zum 31. Januar 1812 Geltung haben und bis dahin nach dem fünften Theile des Nennwerthes gegen die neu zu emittirenden Einlösungsscheine umgetauscht werden und letztere vom 1. Februar 1812 an die einzige Währung des Landes sein.

Dieses Patent, ein Ausfluß der Devalvationstheorie oder, wie die Engländer, welche dieses finanzielle Auskunftsmittel erfunden hatten, es nannten, der Quantitätstheorie, brachte solch’ krasse Schärfen und Ungerechtigkeiten mit sich, war dabei so oberflächlich verfaßt, daß es allgemeine Entrüstung hervorrief; und bei alledem hatte es so wenig den erwünschten Erfolg, daß zwei Jahre darauf Kaiser Franz in einem Handschreiben vom 15. April 1813 W. in Kenntniß setzen mußte, daß er die Einführung von neuen Anticipationsscheinen und zwar im Betrage von 45 Millionen beschlossen habe.

Zur Deckung dieser Schuld sollten aus dem jährlichen Ertrage der Grundsteuer der cisleithanischen Länder vom Jahre 1814 an je 33/4 Millionen verwendet werden. Diese Maßnahme widersprach aufs klarste dem Februarpatente von 1811, worin die ausdrückliche Versicherung abgegeben worden war, keinerlei neues Papiergeld zu emittiren, und ein solches waren doch ihrer eigentlichen Natur nach die neuen Anticipationsscheine. In der Commission, welche dem Kaiser diesen Entschluß abgerungen hatte und welcher der Oberstkanzler Graf Ugarte präsidirte, war W. mit seinem Proteste in der Minderheit geblieben; er gab daher seine Demission. Dieselbe wurde vom Kaiser angenommen und Ugarte mit der provisorischen Leitung der Finanzen betraut, W. aber mit allerh. Entschließung vom 16. April 1813 zum Staats- und Conferenzminister befördert.

Der Wiener Witz, stets bei der Hand, wenn es gilt, verfehlte behördliche Maßnahmen mit trefflichen Worten zu ironisiren. widerspiegelte klar in einem großen Placate, welches bald nach dem Erscheinen des Patentes eines Tags am Riesenthore des St. Stephansdomes angeschlagen war, die Stimmung des Publicums in 20 durch Punkte getrennten: W. w. w. W. … Die Deutung, welche nach einigen Tagen ein neues Placat brachte, lautete: Wie wohl war Wien wie Wallis’ Worte Wiener Währung waren. Wie weh ward Wien wie Wallis’ Worte Wiener Währung wurden.

Die Kriegsereignisse der Jahre 1813 und 1814 brachten auch beim Staatsrathe, dem W. nun als Staats- und Conferenzminister angehörte, eine Stagnation der Geschäfte mit sich. Wallis’ Drang nach Thätigkeit suchte nach einem ergiebigen Arbeitsfelde und führte ihn auf das der Humanität, der Pflege der verwundeten Krieger und der Vorsorge für die Armeen, wo er schon so segensreiches gewirkt hatte. Seine Verdienste auf diesem Gebiete wurden denn neuerlich durch Verleihung des goldenen Civilverdienstkreuzes ausgezeichnet. Als die glücklichen Erfolge der Freiheitskriege den Frieden brachten und damit ein regeres Functioniren der Staatsmaschine, befahl der Kaiser auch eine Reorganisation des Staatsrathes, der ihm einen Theil der Regierungssorgen abnehmen sollte. W. wurde mit der Durchführung der Wünsche seines Monarchen betraut. Die [754] kommenden Jahre sehen ihn als Vorsitzenden anfänglich bei den Berathungen des engeren Staatsrathes, dem ein Conferenzrath übergeordnet worden war, später in der II. Section des erweiterten Staatsrathes, dem die Beschlußfassung in Dingen, welche die allgemeine Verwaltung des Innern betrafen, oblag. Durch Allerhöchstes Handschreiben vom 23. December 1817 zum Obersten Justizpräsidenten und Präsidenten der Gesetzgebungshofcommission unter gleichzeitiger Verleihung des Ordens des goldenen Vließes ernannt, sollte W. berufen sein die angebahnte Neuordnung in der Justizverwaltung, welche durch den neuen Ländererwerb bedingt war, mit gewohnter eiserner Hand durchzuführen. Ein Nervenschlag, der fast unmittelbar den Tod zur Folge hatte, bereitete dem Leben dieses überaus thätigen, aber allzuheftigen Mannes in unerwarteter aber pathologisch begründeter Weise ein frühes Ende.