Zum Inhalt springen

ADB:Wahl, Johann Joachim Graf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wahl, Johann Joachim Graf von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 592–593, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wahl,_Johann_Joachim_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 40 (1896), S. 592–593 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Joachim Christian von der Wahl in der Wikipedia
Joachim Christian Graf von der Wahl in Wikidata
GND-Nummer 117114189
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|40|592|593|Wahl, Johann Joachim Graf von|Bernhard von Poten|ADB:Wahl, Johann Joachim Graf von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117114189}}    

Wahl: Johann Joachim (nach anderen Joachim Christian) Graf von W.,[1] kurfürstlich bairischer Generalfeldmarschall, um das Jahr 1590 unweit Allstedt in Thüringen geboren und im lutherischen Glauben erzogen, trat früh zur katholischen Kirche über und stand schon vor Ausbruch des dreißigjährigen Krieges in den Diensten des damaligen Herzogs, späteren Kurfürsten, Maximilian I. von Baiern. In den ersten Jahren des Krieges war er von seltenem Mißgeschicke heimgesucht. In der Schlacht am Weißen Berge, welche er als Hauptmann mitmachte, wurde er von einer Falkonetkugel derart in die linke Schulter getroffen, daß der Arm kaum noch mit dem übrigen Körper verbunden war und abgeschnitten werden mußte. Als W. zuerst wieder im Felde erschien wurde er bei der Belagerung von Heidelberg im Jahre 1622 durch einen Musketenschuß am linken Knie verwundet. Das Knie blieb steif und sein Gang behindert, sodaß ihm, als er 1626 in den der Sprachreinigung gewidmeten Palmenorden aufgenommen wurde, der Beiname „der Anhenkende“ (Einhaltende) beigelegt ward, sein Sinnbild war die Klette. Beim Reiten war er weniger gestört. Auch in der Schlacht bei Lutter am Barenberge, welche er als Oberstwachtmeister in Tilly’s Leibregimente mitmachte, ward er verwundet, aber nur leicht. Tilly hebt in seinem Schlachtberichte Wahl’s Verhalten in der Schlacht besonders hervor und in einer von Peine aus erstatteten Meldung empfahl er ihn der Berücksichtigung des Kurfürsten, worauf dieser ihm am 2. Februar 1627, bis ein Regiment frei sein werde, den Titel und den Rang eines Obersten verlieh. Zunächst befehligte W. das Tilly’sche, als 1629 Gallas in des Kaisers Dienste überging, erhielt er dessen Regiment. In diesem Jahre war er bei der Belagerung und Eroberung von Stade thätig, 1631 bei der von Magdeburg, dann focht er in der Schlacht bei Breitenfeld, wo er die ihm gegenüberstehenden Sachsen schlagen und verfolgen half. Zum Generalwachtmeister aufgerückt erhielt er den Befehl in der Oberpfalz, welchen er mehrere Jahre führte und die er schließlich bis auf wenige Orte für seinen Kriegsherrn zurückgewann. Von seinem Hauptquartiere Amberg führte er eine Reihe von Unternehmungen zur Eroberung anderer Städte und festen Plätze aus, anfangs vom Glücke wenig begünstigt, aber stets mit Einsicht und Geschick und endlich mit Erfolg. Daneben nahm er ab und zu an anderen Kriegszügen theil. So half er 1632 Rain, Landsberg und Memmingen nehmen, dann schickte Aldringer ihn mit 6000 Mann zum Angriffe von Kempten voraus, aber erst beim vierten Sturmversuche, als 20 000 Mann vereinigt waren, gelang am 3. Januar 1633 die Eroberung. Zwei Jahre später hatte W. eine ähnliche Aufgabe selbständig [593] zu erledigen, als nach der Nördlinger Schlacht der Kurfürst ihn mit zwölf Regimentern gegen Augsburg entsandte. Er schloß die Stadt ein bis nach sieben Monaten Hunger und Krankheit am 18. März 1635 die Besatzung zur Uebergabe nöthigten. Dann ward er zum Generallieutenant befördert. Aus der Oberpfalz rückte er 1637 mit einem eigenen Corps nach Westfalen und von hier im nächsten Jahre nach Schwaben, wo er sich in der Schlacht vom 3. März bei Rheinfelden auszeichnete, mit Götz bei Wittenweier focht und vor Breisach diente. Dann befehligte er wieder in Westfalen und ward 1639 kurbaierischer wie kurkölnischer Feldmarschall. Aus den dortigen Winterquartieren brach er 1640 gegen die Truppen des Herzogs Georg von Braunschweig-Lüneburg und der Landgräfin Amalie von Hessen-Cassel auf, eroberte den von diesen besetzten Theil des Landes, ging am 15. September über die Weser, bezog dann aber, um leben zu können, Winterquattiere im Bisthume Münster. Im nächsten Jahre befand er sich wieder auf dem Kriegsschauplatze zwischen Weser und Elbe, war bei der von Erzherzog Leopold und Piccolomini verlorenen Schlacht bei Wolfenbüttel zugegen und leitete darauf die Unterhandlungen mit dem Herzoge August von Braunschweig-Wolfenbüttel ein, aus denen der Friede der Herzoge mit ihren Gegnern hervorging. Dann war er bei der weiteren Besitznahme der anliegenden Lande thätig, bezog Winterquartiere an der Unstrut, stand 1642 zuerst unter den obengenannten Führern den Schweden unter Torstenson gegenüber und ward schließlich wieder nach dem Erzstifte Köln gesandt, wo Guébriant und Eberstein Vortheile errungen hatten. Nur 3200 Mann konnte er dahin führen und im Spätherbst nöthigte der Verlauf der Leipziger Schlacht den Kurfürsten W. zum Schutze der eigenen Lande nach Franken zu rufen.

Aber Wahl’s Gesundheit war erschüttert, seine schweren Wunden und fünfundzwanzig im Felde zugebrachte Jahre hatten ihn hart mitgenommen, vergeblich hatte er in Karlsbad seine Gesundheit herzustellen gesucht. Er trat den Oberbefehl der baierischen Truppen an Mercy ab und ging als Gouverneur nach Ingolstadt. Als auch für diesen Posten seine Kräfte nicht mehr ausreichten, erbat und erhielt er seine vollständige Entlassung aus dem Kriegsdienste, starb aber dort schon im nämlichen Jahre, am 31. August 1644. Neben soldatischer Tüchtigkeit und Tapferkeit werden ihm Uneigennützigkeit und Unbestechlichkeit nachgerühmt. Trotzdem starb er als Herr zu Lützschaw, Schönbrunn, Lowenstein, und Weyer. Den Grafenstand hatte Kaiser Ferdinand II. ihm verliehen. Auf seinem Grabmale in der Sanct Moritzkirche zu Ingolstadt steht: Viator vis plura! In campo quantum praestare solet dux belli centimanus, tantum praestitit unimanus.

Archiv für Officiere alle Waffen, herausgegeben von den Hauptleuten Schmölzl und Höfler, 7. Jahrgang, 1. Band, München 1850: Lebensbeschreibung durch Oberlieutenant A. Frhrn. von Schönhueb.


  1. Anm. Wikisource: Hier wird der dargestellte Feldmarschall Joachim Christian v.d. Wahl mit seinem Bruder, dem Obersten und Kommandanten von Rheine Johann Joachim v.d. Wahl vermischt.