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ADB:Wachsmuth, Wilhelm

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Artikel „Wachsmuth, Wilhelm“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 423–424, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wachsmuth,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:24 Uhr UTC)
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Wachsmuth: Ernst Wilhelm Gottlieb W., Geschichtschreiber. Geboren zu Hildesheim am 28. December 1787 als der Sohn so wenig bemittelter Eltern, daß er mit Mühe und Noth und nur unter den größten Anstrengungen das Gymnasium seiner Vaterstadt besuchen und absolviren konnte. Im J. 1803 bezog er die Universität Halle, um Theologie zu studiren, was zunächst mit solchem Eifer geschah, daß 1805 eine von ihm vorgelegte theologische Abhandlung mit einem Preise gekrönt wurde. Der Mangel an Mitteln veranlaßte ihn aber schon das Jahr darauf eine Lehrerstelle an der Klosterschule zu Magdeburg zu übernehmen, eine Wendung seines Lebens, die dazu führte, daß er sich von der Theologie gänzlich abwandte und gänzlich dem Studium der alten und neuem Sprachen hingab. Auf diesem Wege schien zunächst seine Zukunft zu liegen. Im J. 1811 promovirte er zu Halle mit einer lateinischen Abhandlung über die grammatische Vergleichung der französischen und italienischen Sprache und folgte zugleich einer Berufung als Subrector an das Gymnasium zu Zerbst. Dieser philologischen Richtung getreu, kehrte er 1815 als Lehrer an der Hauptschule der vereinigten Gymnasien und zugleich als Lector oder außerordentlicher Professor der neueren Sprachen an der Universität nach Halle zurück. In dieser Zeit erschien von ihm eine „Grammatik der englischen Sprache“ (Halle 1816) und gab er zugleich mit Günther die humanistische Zeitschrift Athenäum (1816 bis 1818) heraus. Obwol er nun auch anfing, sich mit geschichtlichen Studien und Arbeiten zu beschäftigen, so betrachtete ihn die gelehrte Welt nach wie vor als Philologen und er erhielt noch im J. 1820 den Ruf als Professor der alten und neuen Sprachen und als Director des philologischen Seminars an die Universität Kiel. Hier fuhr er fort in seiner Weise sich auch litterarisch zu bethätigen, folgte aber im J. 1825 dem Rufe als Professor der Geschichte an die Universität Leipzig. Und jetzt vollzieht sich seine vollständige Lossagung von der Philologie und die unbedingte Hingabe an die Geschichte sowol als Lehrer wie als Schriftsteller. Noch in Halle hatte er auch geschichtliche Vorlesungen gehalten und eine „Geschichte des römischen Staates neu untersucht“ und den „Entwurf einer Theorie der Geschichte“ veröffentlicht und auch seine Arbeiten in Kiel verfolgen diese Richtung, so daß der nun erfolgende ausschließliche Uebergang zur Geschichte uns in keiner Weise verwundern kann. Seine mehr als vierzig Jahre ausfüllende litterarische Thätigkeit beginnt mit einem „Grundriß der allgemeinen Geschichte der Völker und Staaten“ (1826), [424] läßt darauf allerdings drei Jahre später eine „Hellenische Alterthumskunde“ folgen, dagegen sind die späteren, zahlreichen und zum Theile recht umfangreicher Schriften mehr der neueren als alten Geschichte gewidmet. Es wird nicht nöthig sein, an dieser Stelle alle die verschiedenen einzelnen Werke Wachsmuth’s namhaft zu machen, die Mehrzahl von ihnen ist gegenwärtig in den Hintergrund getreten, ohne darum für ihre Zeit werthlos zu sein, wie z. B. die „Geschichte Frankreichs im Revolutionszeitalter“ (2 Bde., 1840), die freilich mit den bald darauf folgenden Werken in Frankreich und noch mehr in Deutschland den Vergleich in keiner Weise aushalten können. Die Schriften anderer Art, wie etwa die „Allgemeine Culturgeschichte“ (1850–52, 3 Thle.), wollen dagegen von einem compilatorischen Charakter nicht freigesprochen werden. Dasselbe gilt ungefähr auch von der „Europäischen Sittengeschichte“ (1831–39, 5 Thle.). Die „Geschichte deutscher Nationalität“ (1860–62) erfreute sich wenigstens einer unverkennbaren Originalität, ohne freilich in die Tiefe zu gehen. Ein ähnliches muß von der „Geschichte der politischen Parteiungen alter und neuer Zeit“ gesagt werden. Verdienstlich war die Schrift über den „Weimarischen Musenhof in den Jahren 1772–1807“. Mit der „Geschichte von Hochstift und Stadt Hildesheim“ hat er seiner Vaterstadt den Zoll der Dankbarkeit abgetragen. Als Lehrer war er den Umständen nach eifrig, Schule hat er aber nicht gemacht. Im Leben wandelte er die Mittelstraße. Er starb am 23. Januar 1866.