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ADB:Vonwiller, David

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Artikel „Vonwiller, David“ von Hermann Wartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 297–298, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vonwiller,_David&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:34 Uhr UTC)
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Vonwiller: David V., Kaufmann, geboren am 29. September 1794 in St. Gallen, † am 18. April 1856 in Neapel. David V. ist einer jener thatkräftigen Männer gewesen, welche schweizerischen Unternehmungsgeist nach dem Nachbarlande Italien übertragen haben und dort auf kaufmännischem und industriellem Gebiete bahnbrechend vorgegangen sind, lange bevor das italienische Volk aus seinem Schlafe erwachte und sich selbst wieder zu rühren begann.

In höchst bescheidenen, um nicht zu sagen dürftigen Verhältnissen aufgewachsen und mit geringer Schulbildung ausgestattet kam er mit 14 Jahren als Lehrling in das deutsche Bankhaus F. Gruber in Genua und siedelte nach vollendeter Lehrzeit nach Neapel über, um sich als Agent für die Einfuhr von Baumwollgarnen und Baumwollgeweben eine selbständige Existenz zu schaffen. Nachdem er sich durch einsichtigen Geschäftsbetrieb Credit und etwas eigene Mittel erworben, ging ihm das Genueser Haus, in dem er seine Lehre gemacht hatte, zur Aufstellung einer eigenen Firma – zuerst Vonwiller & Züblin, dann Vonwiller & Cp. – an die Hand. Neben dem Importgeschäft, das nun auf eigene Rechnung betrieben wurde, nahm die neue Firma auch das Bankgeschäft auf und seit der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre den Vertrieb einheimischer Baumwollfabrikate, die zumeist aus den inzwischen von Friedrich Albert Wenner (geboren am 16. Januar 1812 in St. Gallen, † am 29. August 1882 in Salerno) gegründeten Etablissements hervorgingen.

Wenner hatte seine kaufmännische Lehre im Hause Mittelholzer & Züblin in St. Gallen durchgemacht und war dann als Commis in das Vonwiller’sche Geschäft in Neapel placirt worden, in dem er sich innerhalb weniger Jahre bis zum ersten Angestellten emporarbeitete. Im J. 1834 vereinigten sich verschiedene englische und deutsche Capitalisten zu einer Gesellschaft, um in Salerno, nicht weit von Neapel, eine Färberei und Kattundruckerei zu gründen. Für die Ausführung und Leitung des Unternehmens glaubten sie keine tüchtigere Persönlichkeit zu finden, als den im Hause V. bewährten Frdr. Albert W., der sich mit Johann Konrad Schläpfer aus dem appenzellischen Dorfe Rehtobel verband und unter der Firma Schlaepfer, Wenner & Cp. die neue Fabrik zuerst für Handdruck einrichtete und mit glänzendem Erfolge betrieb. Um sich noch gründlichere technische Kenntnisse in der Baumwollfabrikation zu erwerben und sich mit den neuesten Erfindungen auf diesem Gebiete vertraut zu machen, begab sich W. im J. 1839 nach England. Eine Folge dieser Reise war nicht bloß die Einführung des Rouleauxdrucks, sondern auch die Errichtung einer großen mechanischen Weißweberei in dem benachbarten Angri, dem Mittelpunkt einer bisher für den Bedarf der Druckerei lebhaft betriebenen Handweberei. In dem neuen Etablissement wurden aber bald neben den leichten Geweben für den Druck auch allerlei schwere Tücher für den Bedarf der einheimischen Bevölkerung angefertigt. Trotz der Erschütterung seiner Gesundheit durch die aufreibende Geschäftsthätigkeit, die Aufregungen der politischen Umwälzungen Italiens seit dem Ende der fünfziger Jahre und ganz besonders durch den Kummer und die Sorge, welche die Wegschleppung eines seiner Söhne durch die Briganten im Winter 1865/66 mit sich brachte, war W. doch rastlos darauf bedacht, die Unternehmungen der Firma immer mehr zu erweitern und zu vervollständigen. Zu der im Laufe der Jahre [298] bedeutend vergrößerten Tuchfärberei, Druckerei und Weißweberei trat in den Jahren 1866/67 noch eine eigene große Spinnerei und eine mechanische Buntweberei, verbunden mit Garnfärberei und Appretur für weiße und bunte Waaren, in Salerno. Als indeß diese neuen Etablissements in Betrieb gesetzt wurden, war W. schon ein körperlich gebrochener Mann, der sich zwar mit seinem Rath noch lebhaft an den neuen Schöpfungen betheiligte, ihre volle Ausführung aber jüngeren Kräften überlassen mußte, vor allem dem eigenen ältesten Sohne und dem Sohne des bereits 1852 verstorbenen Associé. Liebevolle Pflege der Angehörigen und Badereisen vermochten wol zeitweise Linderung seiner Leiden zu bringen und das Leben noch durch eine lange Reihe von Jahren zu fristen; aber gesund ist Frdr. Albert W. bis zu seinem am 29. August 1882 erfolgten Tode nie mehr geworden. Wie der großartige Complex von Fabriken in Salerno und Angri, welche ihre ausschließlich für den Landesbedarf berechneten, vielgestaltigen Fabrikate von der rohen Baumwolle an herstellen, in der Hauptsache als das Werk von F. A. Wenner zu betrachten ist, so war der wirkliche Schöpfer des großen Handels- und Bankhauses David Vonwiller & Cp. in Neapel, welches die ganze Production jener Fabriken vertrieb und unter anderer Firma heute noch blüht, jener arme Junge, der im J. 1808 St. Gallen verließ, um in der weiten Welt sein Glück zu suchen. Mit Glücksgütern und Ehren überhäuft – er war auch am Hofe König Ferdinand’s sehr wohl angesehen – hat David V. sein einfaches, gegen jedermann gleich leutseliges Wesen stets unverändert beibehalten und ist schon am 18. April 1856 seinem jüngeren Landsmanne und Geschäftsfreunde im Tode vorangegangen.