ADB:Vespasius, Hermann
Pawel Knufflock, Knoflock) im J. 1571 unter dem Titel: „Nye Christlike Gesenge vnde Lede“, gedruckt zu Lübeck von Asverus Kröger. V. hat nach der Vorrede Sonntags nach der Predigt zu seiner Erholung Lieder gedichtet und sie in seiner Familie vorgelesen; hernach haben Freunde, die davon hörten, ihn veranlaßt, sie mit andern drucken zu lassen. Die Sammlung enthält 121 Lieder, von welchen 97 von V. verfaßt sind. Sie sind sämmtlich nach bekannten Melodien und zwar vorwiegend nach Melodien weltlicher Lieder gedichtet, wie denn auch die Lieder selbst theilweise geistliche Umdichtungen weltlicher Lieder sind. Die Sammlung ist dem Harder Vaken, Bürger zu Flensburg, gewidmet und hat offenbar vielfach Anklang gefunden. Doch gab es auch solche, die an dieser Verwendung weltlicher Melodieen Anstoß nahmen, und das veranlaßte V. eine Reihe Lieder auf die Melodien des Wittenberger Gesangbuches zu dichten. Auch diese wollte derselbe Lübecker Verleger drucken lassen; er starb aber, ehe es dazu kam; und so ließ V., der die Kosten des Druckes nicht selbst tragen konnte, von diesen Liedern nur einige zur Probe in Hamburg drucken. Dieser Druck ist noch nicht wieder aufgefunden worden; wenigstens ist auch dem Schreiber dieser Zeilen nicht möglich gewesen, irgendwo seiner habhaft zu werden. Die dritte Sammlung geistlicher Lieder, die V. drucken ließ, befindet sich in dem von ihm im J. 1589 herausgegebenen Erbauungsbuch „Paradiss vnd Lustgarde der Selen“; dieses Buch besteht aus drei Theilen, deren mittlerer unter dem Titel: „Vtherlesene Schöne gesenge“ 64 Lieder enthält, von welchen 16 schon in der Sammlung von 1571 sich befanden. In dieser dritten Sammlung von 1589 befindet sich auch das Mittagslied: „Vorgyff vns, leue HEre Godt“, das in der hochdeutschen Uebersetzung: „Vergib uns, lieber Herre Gott, du Vater aller Güte“ eine größere Verbreitung gefunden hat und dann auch von Freylinghausen in den 2. Theil seines Gesangbuches aufgenommen ist. – Ueber die persönlichen Verhältnisse Vespasius’ scheint weiteres nicht bekannt zu sein.
Vespasius: Hermann, ursprünglich Wepse (auch Wopse kommt vor), war Pastor primarius zu St. Nicolai in Stade. Er gab, während er in dieser Stellung war, dreimal eine Sammlung größtentheils von ihm selbst gedichteter geistlicher Lieder in niederdeutscher Sprache heraus. Die erste dieser Sammlungen erschien auf Kosten (im Verlage) des Buchbinders Paul Knabloch (- Ueber die Gesangbücher von 1571 und 1589 vgl. Wackernagel, Bibliographie S. 370 und S. 643 ff., und das deutsche Kirchenlied I, S. 558 und S. 861 ff. – 58 seiner Lieder sind mitgetheilt von Wackernagel, das deutsche Kirchenlied IV, S. 737 ff. – Döring, Choralkunde, S. 153. – Koch, Geschichte des Kirchenlieds u. s. f., 3. Aufl., II, 350 f. – Fischer, Kirchenliederlexikon, 2. Hälfte, S. 296 b. – Goedeke, 2. Aufl., II, 213, Nr. 11. – Darüber, daß V. Pastor primarius zu St. Nicolai in Stade war, vgl. auch: Pratje, Die Herzogthümer Bremen und Verden, Hamburg 1757 ff., I, S. 356; II, S. 339; IV, S. 61; VI, S. 285.