ADB:Vechelde, Friedrich Karl von
*)[WS 1]: Friedrich Karl Adolf v. V., Schriftsteller, geboren am 26. Juli 1801 zu Braunschweig, † 1846, stammte aus einem alten patricischen Geschlechte seiner Vaterstadt, das hier schon seit dem 14. Jahrhunderte angesessen erscheint. Zu hohem Ansehen führte es der Bürgermeister Hermann v. V., der in der Schlacht bei Winsen am 28. Mai 1388 die Truppen der braunschweigischen Bürgerschaft führte und zum Lohne seiner Tapferkeit noch auf der Wahlstatt zum Ritter geschlagen wurde. Er war die Seele der segensreichen Finanz- und Verwaltungsreformen in der Stadt Braunschweig, die auf den Aufruhr von 1374 folgten und recht eigentlich die Blüthe der Stadt begründeten, muthmaßlich auch der Verfasser der „heimlichen Rechenschaft“, die zu Nutz künftiger Geschlechter jene Vorgänge und die dadurch bewirkte Ordnung klar legen sollte und für uns eine sehr wichtige Geschichtsquelle bildet. Seine Söhne und sein Vetter erhielten unterm 2. August 1437 vom Kaiser Sigismund einen Wappenbrief; Mitglieder des Geschlechtes finden wir lange Zeit in hohen städtischen Würden; schon vor der Unterwerfung der Stadt unter die herzogliche Gewalt (1671) sind sie aber aus den öffentlichen Stellungen verschwunden. Der erste der Familie, der in den Staatsdienst trat, war Johann Aug. Georg v. V., der 1772 zum Hofgerichtsassessor ernannt wurde und am 27. April 1808 starb. Er war der Vater unsers Friedrich Karl v. V.; dessen Mutter Katharine Friederike war eine geborene v. Strombeck († 29. Mai 1841) und die Schwester des späteren Geh. Raths Fr. Karl v. Strombeck (s. A. D. B. XXXVI, 614 ff.), der nach dem frühen Tode seines Schwagers die Vormundschaft über dessen Kinder übernahm. Er ließ für seine Neffen, von denen Karl Friedrich sein Pathenkind war, von König Jerome von Westfalen unterm 20. September 1813 einen Adelsbrief ausstellen, der später natürlich keine Anerkennung fand. V. besuchte vom Jahre 1812 ab das Gymnasium Martineum, sodann das Katharineum in Braunschweig, das er Ostern 1819 verließ, wo er im öffentlichen Examen ein selbstgefertigtes Gedicht „Hero und Leander“ vortrug. Er kam dann als extraneus in die Landesschule zu Pforta, von der er jedoch schon aus Untersecunda zu Ostern 1821 abging. In dem Zeugnisse, das er erhielt, wurden sein Fleiß, sowie seine Anlagen und Kenntnisse sehr gerühmt, jedoch bedauert, daß er den Unterricht der Schule nicht bis zu Ende durchgemacht habe. Er wandte sich jetzt nach Göttingen, um die Rechtswissenschaft zu studiren. Von hier siedelte er zu gleichem Zwecke Ostern 1823 nach Tübingen über und im Herbste desselben Jahres nach Leipzig, wo er ein Jahr lang blieb. Michaelis 1824 kehrte er nach Braunschweig zurück und meldete sich dann zu dem juristischen Examen, das er vor dem Landesgericht in Wolfenbüttel laut [790] Zeugniß vom 30. Mai 1825 nur „so ziemlich“ bestand. Zu gleicher Zeit erhielt er von derselben Behörde auf sein Gesuch um Zulassung zur Advocatur den Bescheid, daß ihm „wegen Mangels an hinlänglichen Rechtskenntnissen überhaupt sowol, als besonders der Landes-Gesetze noch zur Zeit nicht gewillfahrt werden könnte“. Er wurde nun als Auditor beim Districtsgerichte in Braunschweig beschäftigt. Doch scheint er den eben gerügten Mangel niemals beseitigt zu haben. Auf seinen Wunsch wurde er 1832 zur Kammer versetzt, um mit den Expeditionsgeschäften beauftragt zu werden. Diese Stellung erschien ihm als zu untergeordnet; er blieb daher bei dem schon angesetzten Einführungstermine aus. Da seine höher gehenden Hoffnungen aber durch ein Rescript vom 16. März 1833 vereitelt wurden, das ihm Aussicht auf Anstellung bei der Kammer und den übrigen Verwaltungsbehörden nur dann eröffnete, wenn er das Examen in den Cameral- und Polizeiwissenschaften bestanden hätte, so schied er aus dem Staatsdienste aus, um sich nun ganz der Schriftstellerei zu widmen. mit der er sich schon vorher eifrig, und wol mehr als für sein Fachstudium und seine dienstlichen Arbeiten gut war, beschäftigt hatte. Bereits unterm 19. December 1829 hatte er die erste Nummer einer „Neuen Chronik von und für Braunschweig“ erscheinen lassen, zu deren Fortsetzung ihm aber schon bei der 2. Nummer, die inhibirt ward, die obrigkeitliche Genehmigung versagt wurde. Vom 16. October 1830 an gab er dann „Annalen der Haupt- und Residenzstadt Braunschweig“ heraus, eine Halbwochenschrift, die sich hauptsächlich mit der Geschichte und den Verhältnissen des Herzogthums Braunschweig, unter Ausschluß der Politik, beschäftigte. Doch erreichte auch dieses Blatt schon vor Jahresfrist auf Ministerialbescheid vom 24. August 1831 mit Nr. 65 ein Ende, da hier die Stelle aus Grabbe’s „Napoleon“, in der Herzog Friedrich Wilhelm erscheint, zum Abdrucke gelangt war. V. setzte nun seine Studien in der vaterländischen Geschichte mit Eifer fort, ohne daß er es jedoch auch hier zu großer Tiefe gebracht hätte, und ließ als Früchte derselben verschiedene Schriften erscheinen, die v. Strombeck am unten a. O. verzeichnet hat. Ein besonderes Verdienst hat er sich erworben durch die Errichtung des Schilldenkmals und die Gründung des Invalidenhauses vor Braunschweig an der Stelle, wo 1809 vierzehn Schill’sche Krieger erschossen worden sind; sie verdanken im wesentlichen seiner rastlosen Thätigkeit, die in weiten Kreisen und auch bei vielen Fürstlichkeiten für das vaterländische Unternehmen thätige Theilnahme zu wecken wußte, ihre Entstehung. Er hat zu diesem Zweck in den Jahren 1837–45 zahlreiche Schriften und Blätter erscheinen lassen, die von seiner warmen patriotischen Empfindung ein beredtes Zeugniß ablegen; auch hat er selbst dabei aus eigenen Mitteln nicht unbedeutende Geldopfer gebracht. Die einflußreichen Verbindungen, die er bei dieser Thätigkeit gewann, scheinen in ihm 1840 die Hoffnung auf die Kammerherrnwürde in Baiern erweckt zu haben, die sich dann aber doch nicht verwirklichte. Als jene Arbeiten für das Andenken Schill’s, dessen Haupt auf Vechelde’s Anregung gleichfalls in Braunschweig eine würdige Ruhestätte fand, vollendet waren, beabsichtigte er dem Herzoge Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg-Oels ein litterarisches Denkmal zu setzen. Zunächst veröffentlichte er 1843 aus dem Tagebuche des Generals v. Wachholz vornehmlich die Aufzeichnungen über den Zug des Herzogs im J. 1809, die einen schätzenswerthen Beitrag zur Zeitgeschichte bilden. In den folgenden Jahren machte er auf Kosten des Herzogs Wilhelm verschiedene Reisen, um das Material zu seiner Biographie zu sammeln, und schon 1844 gab er als Manuscript gedruckt einen Bericht darüber heraus. Er schloß auch mit Görges einen Contract über das geplante Werk ab, doch kam er damit über die Vorarbeiten nicht hinaus; ohne diese wurde die Arbeit später von Ferdinand Spehr (s. A. D. B. XXXV, 94 ff.) [791] ausgeführt. Mitten in litterarischen Entwürfen machte der Tod Vechelde’s Leben am 24. September 1846 zu Braunschweig ein Ende. Schon sein Oheim Frdr. Karl v. Strombeck beklagt in einem Nachrufe, den er ihm widmete, daß er nicht verstanden hätte die Zeit zusammenzuhalten und zu nützen; er hätte sonst ein berühmter Schriftsteller werden können. Er besaß einen leicht empfänglichen, aber unruhigen Geist, konnte seine Kräfte nicht concentriren, und hat daher nicht nur in seiner öffentlichen Laufbahn Schiffbruch gelitten, sondern auch bei allen Verdiensten, die er sich um die Geschichtsschreibung seiner engeren Heimath erwarb, nicht das geleistet, was er nach seinen Anlagen gewiß hätte leisten können. – V., der sich am 26. Juli 1843 mit Wilhelmine v. Specht, Tochter des braunschweigischen Oberstlieutenants und Kammerherrn v. Specht, verheirathet hatte, hinterließ außer seiner Wittwe nur eine Tochter Roswitha, die sich 1862 mit dem Gutspächter Hävernick in Hinzenhagen und in zweiter Ehe mit einem Major v. Poncet verheirathete. Da der älteste Bruder Vechelde’s, Georg Friedrich Hermann, schon als braunschweigischer Fähnrich an den bei Waterloo erhaltenen Wunden im Lazareth zu Merxen bei Antwerpen am 17. Juli 1815 verschieden war, so ist mit seinem zweiten unverheiratheten Bruder August Heinrich am 21. April 1864 das alte Geschlecht der v. Vechelde im Mannesstamme gänzlich erloschen.
Vechelde- Vgl. über Hermann v. Vechelde: Ludw. Hänselmann, in d. Braunschw. Chroniken I, 129 ff.; sonst den Aufsatz v. Strombeck’s im Braunschw. Magazin vom 10. Oct. 1846, 41. Stück, wiederholt im Archiv d. histor. Ver. f. Niedersachsen, Jahrg. 1846, S. 362 ff. – Zu Vechelde’s Schriften auch: Braunschw. in d. Jahren 1806–1815, 1. Heft; Akten d. Stadtarchivs zu Braunschweig u. d. herzogl. Landeshauptarchivs zu Wolfenbüttel.
[789] *) Zu S. 517.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ In der Vorlage fehlt der Hinweis für die Fußnote der Zuordnung zur entsprechenden Seite in diesem Band.