ADB:Varnier, Hans (gest. nach 1547)
Theophrastus Paracelsus, Kaspar Schwenkfeld und Sebastian Franck ließen bei ihm drucken. Der letztere war auch selbst in seiner Werkstatt beschäftigt (Sommer 1534), bis er es mit einer eigenen Druckerei versuchte (s. den Art. Seb. Franck A. D. B. VII, 216). Im übrigen nahm H. V. der Aeltere [500] in Arbeit, was sich ihm bot – vorwiegend sind es Schriften evangelischer Theologen –; es gelang ihm aber ebenso wenig, wie andern Ulmer Druckern jener Zeit, in gute Verhältnisse zu kommen. Aus dem Jahr 1547 stammt sein letzter bekannter Druck; dann geht er zum Handel mit Wachholderöl und Latwerge über! Wann er gestorben, ist unbekannt. Sein Druckerzeichen, bald größer, bald kleiner vorkommend, stellt den Baum der Erkenntniß des Guten und Bösen mit der Schlange dar, letztere hat aber statt der Frucht einen Todtenkopf im Maul und ebenso liegen Todtenköpfe und Gerippe auf dem Boden; am Fuße des Baumes liegt eine Axt. Um den Stamm schlingt sich ein Band mit Varnier’s Namen. Erinnert man sich an die gleichzeitige, vielleicht von V. gedruckte Schrift Seb. Franck’s: „Vom Baum des Wissens Gutz und Böß, davon Adam den Tod hat geßen u. s. w.“, so kann kein Zweifel sein, woher die Idee zu diesem Druckerzeichen stammt. – Hans V., der Jüngere, doch wol ein Sohn des Vorigen, erhielt im J. 1541 die Erlaubniß zu drucken. Seine Thätigkeit bewegte sich in denselben Geleisen wie die des älteren V. und mit nicht viel besserem Erfolg. 1547 hat er Schwenkfeldische Schriften auf Lager, die er ausliefern muß; 1549 muß er die Schriften gegen das Interim wegschaffen; 1559 wird er wegen der gegen die Katholiken und insbesondere gegen den Bischof von Augsburg gerichteten Schrift: „Vom Gejäg der Teufel“ gar in den Thurm gelegt und nur auf eidliches Versprechen, nichts ohne Genehmigung der Kirchenpfleger zu drucken, wieder freigelassen. Auch sein Todesjahr ist zur Zeit unbekannt. Sicher kommt er noch 1564 vor; 1570 aber ist von seiner Wittwe die Rede aus Anlaß von Verhandlungen, die wegen Verkaufs der Druckerei an den Dillinger Buchdrucker Paul Hiebner gepflogen wurden.
Varnier: Hans V., Name zweier Buchdrucker und Buchhändler des 16. Jahrhunderts, die in Ulm thätig waren. Der fremdklingende Name weist auf fremdländischen Ursprung hin und dieser wird auch dadurch bestätigt, daß man den älteren V. den „Wall“ oder „Walch“ (Welschen) nannte. Näher dürfte das Etschland die Heimath der beiden Männer, zunächst des älteren, gewesen sein; denn der Benedictus V., der 1554 in einem Verzeichniß der lateinischen Schüler von Ulm mit dem Beisatz: Athesinus (Athesia Etschland) vorkommt, gehörte offenbar zu dieser Familie. Wir möchten vermuthen, daß im Zusammenhange mit den Verfolgungen der Wiedertäufer in Tirol, also um des Glaubens willen, der ältere V. mit den Seinen die Heimath verlassen hat. Die Niederlassung gerade in Ulm ist dann leicht begreiflich; denn die Donaustadt war eben damals, in den dreißiger Jahren, den verschiedensten Glaubensrichtungen offen und dem Täuferthum insbesondere geneigt. Es war im J. 1531, daß H. V. der Aeltere, in Ulm als Bürger angenommen wurde und im gleichen Jahr, nicht erst 1532, begann er seine Druckerthätigkeit. Die eben angedeuteten Verhältnisse in Ulm spiegeln sich auch in den Erzeugnissen seiner Pressen; denn Männer wie- Vgl. Veesenmeyer, Miscellaneen, 1812, S. 15–17, 48–73, an welch letzterem Ort Drucke des älteren V. aufgeführt sind (auch die S. 64 f. erwähnten Ausgaben des Gesangbuchs der böhmischen Brüder sind von ihm gedruckt). – Weyermann, Neue Nachrichten von Gelehrten u. s. w. aus Ulm, 1829, S. 560–562. – Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels IX, 1884, S. 170.