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ADB:Utrecht, Simon van

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Artikel „Utrecht, Simon van“ von Hermann Joachim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 416–418, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Utrecht,_Simon_van&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:05 Uhr UTC)
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Utrecht: Simon van U., Rathsherr und Bürgermeister von Hamburg, stammte aus Holland, entweder an der Stadt Utrecht selbst oder aus Haarlem, wo noch im J. 1437 seine Schwester Grete lebte. Nach Hamburg eingewandert, ward er hier im J. 1400 Bürger. Schon im folgenden Jahre machte er sich um seine neue Heimath wohl verdient. Er nahm nämlich als Führer eigener Schiffe an den beiden, unter dem Oberbefehl von Rathsherren stehenden Kriegszügen gegen die Vitalienbrüder unter Godeke Michels und Claus Stortebeker theil und zeichnete sich bei dieser Gelegenheit in hervorragender Weise aus. Vielleicht war er Mitglied der Englandsfahrer-Gesellschaft, welche bei ihrem großen Interesse an der Ausrottung der Seeräuber der Stadt zu diesem Kampfe Schiffe zur Verfügung stellte. Jedenfalls war er nicht, wie man gesagt hat, eine Art Condottiere zur See, sondern Kaufmann. Nachweisbar sind seine Handelsbeziehungen zu Flandern. Er muß schon 1400 ein angesehener Mann gewesen sein. Dafür spricht sowol, daß man ihn 1401 mit dem wichtigen Schiffscommando gegen die Seeräuber betraute, als auch der Name seines Bürgen bei der Erwerbung des Bürgerrechts: Heino Swartekop, welcher der Vater des in jungen Jahren zu Rath gewählten Martin Swartekop war. Mit dieser Familie stand U. während seines ganzen Lebens in enger Verbindung. Im J. 1405 heirathete er die Wittwe des Nicolaus Holste, Tibbeke, welche [417] eine Schwester oder nahe Verwandte des Heino Swartekop gewesen sein muß und ihm einiges Vermögen zubrachte. – Zum Rathsherrn wurde Simon im J. 1425 erwählt. Von Rathsämtern wissen wir, daß er 1426 die Prätur verwaltete und 1429 Kämmereiherr war. Hauptsächlich aber wurde seine Thätigkeit durch kriegerische Unternehmungen und Gesandtschaftsreisen in Anspruch genommen. Im J. 1427 führte er mit zwei anderen Rathsherren den Oberbefehl auf den hamburgischen Schiffen in dem Kriegszug der wendischen Städte gegen König Erich von Dänemark, welcher vor Flensburg durch den Tod des jungen Grafen Heinrich von Holstein so unglücklich endete. U. wurde noch in demselben Sommer an die Mündung der Elbe entsandt, um dem gerade damals einen neuen Aufschwung nehmenden Seeräuberunwesen zu steuern. Wie schon früher, so ist von jetzt ab wieder ein guter Theil seiner Lebensarbeit dem Kampfe gegen diese Feinde des Kaufmanns gewidmet. Zusammen mit Herrn Nicolaus Langhe an der Spitze einer bedeutenden Flotte vertrieb er sie im J. 1430 aus der Elbe. Die glorreichsten Kriegsthaten aber vollbrachte er in Ostfriesland, wo die Seeräuber nach wie vor eine willkommene Zufluchtsstätte fanden. Er war unterdeß zwischen 1431 (12. Juni) und 1432 (20. März) Bürgermeister geworden. Als solcher überwand er 1432 im Bunde mit den Bremern die im Solde des Häuptlings Sibet stehenden Räuber. Auch im folgenden Jahre war er unter den Führern der großen Flotte, welche die Aufgabe hatte, die festen Plätze in Friesland zu erobern. U. ward der Hauptantheil an der Einnahme der starken Sibetsburg beigemessen, welche erst nach hartnäckiger Vertheidigung sich ergab. Der errungene Erfolg war für den Handel der Hansa von so weittragender Bedeutung, daß Hamburg sich entschloß, Emden dauernd zu besetzen. – von den zahlreichen Gesandtschaftsreisen Utrecht’s kennen wir den näheren Zweck nur bei einem Theile. Wiederholentlich ging er im Auftrage des Raths nach Lübeck. Anfang März 1427 war er in Wismar und 1432 vertrat er seine Vaterstadt auf dem Hansetag zu Lübeck. Dann machten die friesischen Angelegenheiten vielfältige Reisen nöthig. Ihretwegen wurde er im Anfang des Jahres 1434 zusammen mit Herrn Hinrich van Berge nach Lübeck gesandt, ging dann nach Emden, um die wegen der Besetzung der Stadt mit Groningen entstandenen Streitigkeiten beizulegen, und unterbrach seinen dortigen Aufenthalt im Juni durch eine abermalige Reise nach Lübeck, wo er den versammelten Sendeboten der Hanse Bericht über die friesischen Unternehmungen abstattete. Noch einmal verhandelte er in Sachen Emdens 1456 auf einer Tagfahrt in Oldenburg mit dem Bischof von Münster. Mit dem Herzog von Schleswig und dem Grafen von Schauenburg traf er 1435 in Uetersen zusammen (es handelte sich vielleicht um den Frieden mit Dänemark), und noch 1437 war er als Rathssendebote thätig in Stade, Wildeshausen und Gammerort in den Vierlanden. – Am 14. October desselben Jahres starb er. Er hinterließ keine eigenen Kinder, sondern außer seiner Wittwe Tibbeke nur einen Stiefsohn, Nikolaus Holste. In seinem Testament stiftete er eine Almisse in der St. Gertrudscapelle und vermachte eine bedeutende Summe Geldes der Stadt mit der Bestimmung, daß ein Theil der Zinsen zum Bau von Kriegsschiffen (Barsen) verwendet werden solle. So bethätigte er noch im Tode sein lebhaftes patriotisches Interesse an der Sicherung seiner Vaterstadt und ihres Handels. Er wurde begraben in der Nicolaikirche, und ihm später dort ein noch jetzt erhaltener Denkstein gesetzt. Oben zeigt derselbe das Wappen Utrecht’s (im Schild ein Schiff von einem Schwan gezogen, als Helmzier ein Schwan mit ausgebreiteten Flügeln), darunter steht die Inschrift: Piratas Stortbeck qui cepit Gotke Michael, Hic sita Simonis consulis ossa vides. Discat posteritas majorum [418] fortia facta Sectari, patriae ne cadat urbis honos. Im J. 1566 wurde die Grabstätte von der Kirchenbehörde verkauft, allein sofort schritt der Rath dagegen ein in dankbarer Erinnerung an die vielfältigen Dienste, welche U. der Stadt erzeigt habe, und gestattete erst 1661 die anderweitige Verwendung des Grabes unter Vorbehalt der Rechte etwaiger Erben. – Der Name und die Thaten Utrecht’s haben länger im Gedächtniß des Volkes gehaftet, als die mancher gleich hervorragender Männer seiner Zeit. Der Seeheld übte einen starken Zauber aus auf die Phantasie der seefahrenden Bevölkerung. Das Volkslied hat ihn besungen, und die Sage die Geschichte seines Lebens umrankt, ebenso wie beide seinen Gegner Stortebeker verherrlicht haben. Diesen soll er fast allein bewältigt haben mit seinem Admiralsschiff, der brausenden Kuh aus Flandern, und damals schon Bürgermeister und Anführer der Hamburger gewesen sein. Und wieder forderten seine friesischen Siege zur Ausschmückung heraus. Zum Lohn für seine Tapferkeit soll er im J. 1433 außerordentlicher Weise zum Bürgermeister gemacht sein, obwol die verfassungsmäßigen Plätze schon besetzt waren. So populär blieb sein Name, daß noch im J. 1706 der Dichter Barthold Feind die Verdienste der Capitäne Tamm und Voß nicht besser zu preisen wußte, als daß er sie mit U. verglich.

Laurent in d. Zeitschr. d. Ver. f. Hamb. Gesch. II, 86 ff. – Beneke, Hamb. Gesch. u. Sagen, S. 116 ff. – Koppmann in Hans. Geschichtsbl. III, 37 ff. – Nirrnheim, Hamburg u. Ostfriesland in d. ersten Hälfte des 15. Jahrh., S. 67 ff. – Mitth. des Ver. für. Hamb. Gesch. XV, 338. – An Quellen, außer den gedruckten, Archivalien des Staatsarchivs zu Hamburg. Vergeblich waren die zu Dank verpflichtenden Nachforschungen der Herren Staatsarchivare Dr. Müller und Gonnet in den Archiven zu Utrecht und Haarlem.