Zum Inhalt springen

ADB:Ultzheimer, Josua

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ultzheimer, Josua“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 733–734, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ultzheimer,_Josua&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:44 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ulsted, Philipp
Nächster>>>
Unni
Band 54 (1908), S. 733–734 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Andreas Josua Ulsheimer in der Wikipedia
Andreas Josua Ulsheimer in Wikidata
GND-Nummer 140222014
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|54|733|734|Ultzheimer, Josua|Viktor Hantzsch|ADB:Ultzheimer, Josua}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=140222014}}    

Ultzheimer: Andreas Josua U. (Ulsheimer, Ulßhaimer), Weltreisender, wurde 1578 als Sohn des evangelischen Pfarrers Jacob U. zu Gerstetten im württembergischen Amte Heidenheim geboren. Er besuchte die Lateinschule zu Ulm und erlernte dann daselbst die Wundarzneikunst. Um sich in seinem Fache weiter auszubilden und zugleich fremde Länder und Völker kennen zu lernen, nahm er 1596 bei einem nach Ungarn ziehenden Fähnlein schwäbischer Landsknechte einen Dienst als Feldchirurg an. Er fuhr die Donau abwärts bis Waitzen und betheiligte sich wiederholt an Kämpfen gegen die Türken, namentlich an der Belagerung und Eroberung von Hatvan. Als aber seine Truppe in der unglücklichen Schlacht bei Erlau in die Flucht geschlagen und zersprengt worden war, kehrte er in die Heimath zurück und ging den Winter über in Ulm seinem Berufe nach. Doch bereits im Frühjahr 1597 ließ er sich abermals für den Türkenkrieg anwerben und wohnte der Erstürmung von Papa, sowie mehreren kleinen Gefechten im oberungarischen Tieflande bei. Nachdem er den Winter in Wien zugebracht hatte, wanderte er im folgenden Frühling in Gesellschaft seines jüngeren Bruders Johann Cornelius U. nach Italien. In Livorno erhielt er durch Vermittlung eines Vetters, der dem Großherzog von Toscana als Trabant diente, eine Stellung als Wundarzt der Garnison. Da ihm aber das wenig abwechslungsreiche Leben in dieser Stadt nicht gefiel, entwich er 1599 auf ein im Hafen liegendes friesisches Handelsschiff, das ihn zunächst nach Sicilien und Candia und endlich nach Amsterdam brachte. Daselbst fand er schon nach wenig Wochen Gelegenheit, auf einem Westindienfahrer unterzukommen, der nach Cayenne und den Kleinen Antillen segelte, um Tabak und andere Colonialwaaren einzuhandeln und daneben auch reichbeladene spanische Schiffe zu kapern. Auf der Rückreise litt er bei den Azoren Schiffbruch, rettete sich aber ans Land und kam im Frühjahr 1600 glücklich wieder nach Amsterdam. In den folgenden Jahren fuhr er auf holländischen Schiffen noch zweimal nach Westindien, hauptsächlich nach S. Domingo, einmal nach Brasilien und einmal nach der afrikanischen Westküste. Hier widmete er sich dem Elfenbeinhandel, kämpfte gegen die Spanier auf der Goldküste und unterstützte den schwarzen König von Benin in einem Feldzuge gegen aufständische Häuptlinge. Am Gabunfluß hatte er das Unglück, in die Hände der eingeborenen Menschenfresser zu fallen, doch gelang es seinen Gefährten, ihn durch eine List zu retten. In Amsterdam eingetroffen, trat er in den Dienst der Niederländisch-Ostindischen Compagnie und nahm an einer Fahrt nach Goa theil. Im October 1609 kam er wieder in Holland an. Da er nun der Beschwerden und Gefahren des Seelebens überdrüssig war, begab er sich in die schwäbische Heimath zurück. Zunächst verweilte er einige Zeit bei seinem Bruder, damals deutschem Schulmeister in Schorndorf. Dann verheirathete er sich mit Anna Hosch, der Tochter eines Forstknechts, und ließ sich 1610 in Tübingen als Wundarzt nieder. Hier verfaßte er zwölf Jahre später eine „Warhaffte Beschreibung etlicher Raisen … in Europa, Africa, Ostindien und America …“, die seinen Namen auf die Nachwelt gebracht hat. Das Werk ist in zwei Handschriften in der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Stuttgart (Cod. Hist. F 116) und in der [734] Büchersammlung der Bürgerschule zu Schwelm in Westfalen erhalten. Nach der letzteren hat es W. Crecelius wenigstens theilweise in Birlinger’s Alemannia VI (1878), S. 90–126 und VII (1879), S. 97–120 herausgegeben. Es zeichnet sich namentlich durch seines völkerkundlichen Nachrichten aus, die durch Inhalt und Alter gleich bedeutsam sind. Ueber Ultzheimer’s fernere Schicksale und das Jahr seines Todes ist nichts bekannt.