ADB:Ulmenstein, Friedrich Wilhelm Albrecht von
Johann durch kaiserliches Diplom d. d. Wien den 8. November 1729 in den erblichen Adelstand unter dem Namen v. U. erhoben. Der letztgenannte Johann v. U. erhielt am 10. September 1745 das Freiherrndiplom. Derselbe hatte seit dem Jahre 1719, zuletzt als Hofrath bei dem Revisionsgerichte zu Varel, in Diensten des Reichsgrafen Anton II. von Aldenburg gestanden und wurde auf dessen Empfehlung vom Könige von Dänemark als Herzog von Holstein für den niedersächsischen Kreis im J. 1728 zu einem erledigten Reichskammergerichtsassessorat präsentirt. Um dieselbe Zeit, unter dem 19. April 1728, ertheilte die juristische Facultät der Universität Rinteln ihm das Diplom als Doctor iuris utr.; im August 1731 wurde er vom Könige von Dänemark zum Etatsrath ernannt. Auf Grund jener Präsentation wurde er durch Beschluß des Plenums des Reichskammergerichts vom 5. September 1731 als Assessor recipirt, am 5. November d. J. eingeführt und vereidigt.
Ulmenstein: Friedrich Wilhelm Albrecht v. U. Die v. Ulmenstein, ursprünglich Schumacher, scheinen ein Ulmer Stadtgeschlecht zu sein. Aus demselben wurden Johann Ulrich Schumacher, kurpfälzischer Rittmeister, und dessen SohnJohann v. U. begründete das Emporblühen des Geschlechts. Er starb als Assessor zu Wetzlar am 21. November 1751. Aus erster Ehe mit Luise Salome v. Wieger hinterließ er vier Kinder, aus zweiter, geschlossen bald nach dem 1746 erfolgten Tode der ersten Frau mit Veronica Maria v. Buchenau, zwei Söhne. Unter den Söhnen erster Ehe ist zunächst zu nennen Anton, der in früher Jugend eine herzoglich württembergische Titularstelle als „adliger Regierungs- und Hofrath“ erhielt. Als solcher trat er in den Dienst von Nassau-Weilburg; unter dem 23. November 1746 wurde ihm gestattet, sich bei der Regierung zu Weilburg unter Leitung des Kanzlers Scheid in Justiz- und Regierungssachen auszubilden. Im Jahre 1748 erhielt er bei einem Aufenthalte in London vom Könige von England die Ernennung zum Wirklichen Hofrath, ging als solcher nach Celle, wo er 1751 zum Oberappellationsgerichtsrath befördert wurde. Zu seinen Nachkommen gehört wol der in den Feldzügen in Spanien und Italien genannte hannoversche General v. U., dessen Gemahlin Ernestine schriftstellerisch thätig war. Aus derselben Ehe des Johann v. U. stammte gleichfalls Christian, geboren zu Wetzlar 1738, studirte 1755–58 in Göttingen, trat dann in den Dienst der hannoverschen Regierung. Von Celle wurde er 1772 als Assessor an das Reichskammergericht berufen und hier 1774 eingeführt. Als solcher starb et zu Wetzlar am 20. September 1801. Auch Christian hinterließ Nachkommen, sein Sohn Christian war preußischer Regierungsrath 1812 zu Potsdam, 1824 zu Arnsberg. – Ein Christian Ulrich v. U., Schaumburg-Lippischer Oberamtmann zu Blomberg, veröffentlichte 1815 „Vaterländische Gesänge aus dem alten Westfalen“.
Friedrich Wilhelm Albrecht v. U. war als Johanns, des Reichskammergerichtsassessors zweiter Sohn aus zweiter Ehe am 30. October 1750 (nicht 3. October, wie Meusel angibt) zu Wetzlar geboren. Vermuthlich hat er ebenso wie sein älterer Bruder Christian in Göttingen studirt. Nach beendeten Universitätsstudien trat er in markgräflich badische Dienste und fungirte in den Jahren 1774–1777 als Hofraths-, Hofgerichts- und Ehegerichtsassessor. Drei Jahre später erfolgte seine Berufung in den Dienst des Fürsten zu Nassau-Weilburg [208] durch dessen Minister von Botzheim; am 17. März 1780 erhielt et die Ernennung zum weilburgischen wirklichen Regierungsrath, als welcher er am 27. März d. J. durch den genannten Minister in das Collegium eingeführt wurde. Er bearbeitete Justizsachen, namentlich die Processe des fürstlichen Hauses und der Regierung. Als im J. 1785 seine und seiner Brüder Privatangelegenheiten seine ganze Thätigkeit in Anspruch nahmen und seine mehrmonatliche Abwesenheit von Weilburg forderten, erbat und erhielt er am 22. März 1785 seinen Abschied unter Belassung seines Amtstitels und mit einer zehnjährigen Pension von 100 Thalern. Er siedelte nach Frankfurt a. M. über, wo ihm der Rath unter dem 26. April 1785 die Erlaubniß zum einjährigen Aufenthalt ertheilte, welche von da ab jährlich und zuletzt am 4. November 1794 erneuert wurde. Das Jahr 1795 brachte er zum Theil noch in Frankfurt zu. Mit dem April dieses Jahres (nicht aber „nach dem Ableben des damals regierenden Fürsten Karl“, wie Meusel angibt) war sein Anspruch auf die ihm von Weilburg bewilligte zehnjährige Pension erloschen; sein unter dem 11. April d. J. gestelltes Gesuch um Verlängerung derselben blieb erfolglos. Die Weiterzahlung der Pension wurde in einer für die damaligen Zustände recht bezeichnenden Weise ihm nur für den Fall in Aussicht gestellt, daß sein Bruder, der Reichskammergerichtsassessor, „sich in den Nassau-Weilburgischen Processen weniger nachlässig zeige und auf die Beendigung derselben hinarbeite“. Da ungeachtet dieses Druckes die Nassau-Weilburgischen Processe ihr Ende nicht erreichten, erhielt U. kein Geld mehr und stand fortab, besonders nach dem 1801 erfolgten Tode seines Bruders, des Reichskammergerichtsassessors, völlig mittellos da, auf den kärglichen Ertrag seiner mit rastlosem Eifer, wie dieses seine von jetzt ab veröffentlichten Schriften zeigen, betriebenen Studien angewiesen. Von jetzt ab war das Leben des einsamen Mannes eine ununterbrochene Kette von Noth und Entbehrungen, die ihn zwangen, die Unterstützung seiner Anverwandten und in häufig wiederkehrenden Bittschriften bei fürstlichen Personen, namentlich dem Herzoge und dem Fürsten zu Nassau, milde Gaben zu erbitten. So schrieb er 1812: „Mit der Auflösung des Kammergerichts ist hier ein schrecklicher Hunger eingerissen, der Wetzlar zu einem unangenehmen Aufenthalt macht“. Alle Bemühungen, durch Erlangung einer Beamtenstelle sich wieder eine feste Existenz zu gründen, blieben erfolglos. Sein Gesuch um eine Rathsstelle bei dem gemeinschaftlichen Oberappellationsgerichte, welches die Linien des Hauses Nassau im J. 1803 in Hadamar errichteten, wurde infolge einer für ihn ungünstigen Aeußerung des Ministers Marschall abgeschlagen. Ebensowenig glückten im J. 1815 seine bei dem Staatskanzler Hardenberg und dem Oberpräsidenten Solms-Laubach gemachten Anstrengungen um Aufnahme in den preußischen Staatsdienst. So lebte er privatisirend in Wetzlar weiter bis zu seinem daselbst am 27. Januar 1826 erfolgten Tode. Ulmenstein’s vielseitige Studien erstreckten sich namentlich auf Rechtswissenschaft, Volkswirthschaft, Geschichte und Naturwissenschaften. Mehrfache größere Schriften auf diesen Gebieten sowie kleinere Aufsätze – auch biographischen und publicistischen Inhalts – bezeugen seinen Fleiß. Von seinen Schriften hat besonders die „Geschichte und topographische Beschreibung der Stadt Wetzlar“, 3 Theile, Hadamar und Wetzlar 1802–1810, seinen Namen bekannt gemacht. Das Buch verschaffte ihm im J. 1813 von dem Primatischen Minister v. Eberstein den Auftrag, das Archiv der Stadt Wetzlar zu ordnen, für welche Arbeit er 1814 vom Generalgouvernement zu Frankfurt ein Honorar von 100 Thalern erhielt. Ungedruckt blieb die „Diplomatische und chronologische Lebensbeschreibung des römischen und deutschen Königs Adolf von Nassau“, welche er im J. 1809 im Auftrage des Weilburgischen Ministers Gagern begann. Das 1812 vollendete, handschriftlich im Staatsarchiv zu Wiesbaden vorhandene [209] Werk fand an maßgebender Stelle keinen Beifall, wurde aber „einstweilig“ mit 200 Gulden honorirt. Viel Kummer machte ihm der Verlust des nach Petersburg an die Censurbehörde geschickten Manuscripts des zweiten Theiles seiner „Charakteristik des menschlichen Geschlechts“, besonders weil die russische Regierung die von ihm für den Verlust geforderte Geldentschädigung abwies.
- Schriften verzeichnet bei Meusel, Gel. Teutschland, Nachtrag V, 2 (1795); Bd. XVI (1825); XXI (1827). – Kneschke, Adelslexikon. – Gritzner, Standeserhebungen. – Acten der Staatsarchive Wetzlar und Wiesbaden sowie des Stadtarchivs Frankfurt.