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ADB:Thiemo

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Artikel „Thiemo“ von Heinrich Ritter von Zeißberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 760–761, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Thiemo&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:08 Uhr UTC)
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Thiemo, Erzbischof von Salzburg (1090–1101[2]), stammte aus einer vornehmen bairischen Familie. Im Kloster Niederaltaich erzogen, wurde er von dort als Abt in das Kloster St. Peter in Salzburg berufen. Außer mannigfachen Kenntnissen rühmte man seine Kunstfertigkeit in Holz- und Metallarbeiten, in Malerei und Bildhauerei. In verschiedenen Kirchen und Klöstern Salzburgs, Steiermarks und Oesterreichs finden sich Statuen, von denen die Sage zu erzählen weiß, daß sie von Th. aus Stein gegossen worden seien. In Wirklichkeit stammen sie aus späterer Zeit (vgl. Hauenschild in den Mittheilungen der Central-Commission 1879). Da er sich als Anhänger des Erzbischofes Gebhard von Salzburg in seinem Kloster nicht mehr sicher fühlte, floh er 1081 nach Schwaben, wohin sich auch Gebhard begeben hatte, und lebte zu Schaffhausen und Hirschau, welches damals unter dem Einflusse des Abtes Wilhelm ein Hauptsitz gregorianischer Anschauungen war. Nach drei Jahren kehrte er zurück. Der mittlerweile in Salzburg eingesetzte Gegenerzbischof Berthold von Moosburg suchte ihn vergebens zu gewinnen. Th. begab sich nach Admont, wo er eine günstigere Wendung abwartete und wo er sich noch befand, als 1088 Erzbischof Gebhard starb. Nach Gebhard’s Tode vergingen zwei Jahre, ehe dessen Partei, unterstützt von Herzog Welf von Baiern, zu einer neuen Wahl schreiten konnte. Die Wahl fiel auf Th. (25. März 1090); am 7. April wurde er von Bischof Altmann von Passau consecrirt. 1094 wohnte er der Synode zu Piacenza bei. 1095 kam es zu neuen Kämpfen mit dem Gegenerzbischof, Berthold, der sich wieder in Salzburg festzusetzen suchte. Bei Saldorf unfern Salzburg kam es zum Treffen. Th. unterlag; mit Mühe entkam er selbst, sein Pallium fiel in Feindes Hand. Er floh nach Kärnten, wo aber die Lage der päpstlichen Partei eine womöglich noch schlimmere war, da hier nach dem Tode des ersten Bischofes von Gurk Gunther Berthold von Zeltschach, ein Anhänger Berthold’s von Moosburg als Bischof eingedrängt wurde und sich viele Jahre hindurch behauptete. Th. wurde, als er die Tauern überschritt, überfallen und gefangen genommen. Man führte ihn vor die von seinem Vorgänger Gebhard erbaute Burg zu Friesach, band ihn, um die Uebergabe derselben zu erzwingen, an eine Wurfmaschine und stellte ihn den Geschossen der Belagerten bloß. Aber diese erkannten ihren Herrn und wußten ihn zu schonen. Nun führte man zwei seiner gefangenen Verwandten vor und drohte sie zu tödten, wenn er nicht die Festung übergebe. Er bestand auch diese Prüfung und die Gefangenen wurden geköpft. In strengen Gewahrsam gebracht, wurde er durch einen Laienbruder, der für ihn Geld sammelte und damit den Wächter bestach, gerettet und floh zu seinem Freunde, dem Bischof von Constanz. Er hielt sich fortan im Kloster Petershausen und in anderen schwäbischen Klöstern auf, während Berthold von Moosburg die Güter und Einkünfte des Erzbischofs unter seine Anhänger vertheilte. 1100 schloß er sich dem sogenannten Nachkreuzzuge – arrière croisade, wie ihn die Franzosen nennen – an, an dem sich auch die Markgräfin Ida von Oesterreich, Bischof Ulrich von Passau und Abt Giselbert v. Admont betheiligten. Die wenigsten sahen die Heimath wieder. Th. hatte sich jenem Corps des Kreuzheeres angeschlossen, welches der Herzog Wilhelm IX. von Aquitanien befehligte, und das bei Eregli (1101) von den Türken aufgerieben wurde. Nach Aussage heimkehrender Kreuzfahrer soll er in Gefangenschaft gerathen sein und in derselben [761] den Märtyrertod erlitten haben. Es heißt, daß sein Herr – ein türkischer Sultan oder ein arabischer Emir –, der in Erfahrung brachte, daß sich der Bischof auf die Bearbeitung der Metalle verstehe, ihn aufgefordert habe, ein beschädigtes Götzenbild auszubessern und daß Th., als er statt dessen das Idol zertrümmerte, unter ausgesuchten Qualen zu Tode gemartert worden sei. Doch sind die betreffenden Berichte – schon Otto v. Freising lag ein solcher vor – mit großer Vorsicht aufzunehmen. Dies gilt ebensowol von den von Wattenbach (Mon. Germ. SS. XI) veröffentlichten, wie es scheint, um die Mitte des 12. Jahrhunderts von einem anonymen Admonter Mönch verfaßten Versen, als von der zuerst von Canisius (Antiquae lectiones IV, auch in Mon. Germ. l. c. und in Historiens occidentaux des croisades tome V) veröffentlichten Vita et passio s. Thiemonis, als auch von der unter dem gleichen Titel von S. Tengnagel Vetera monum. contra schismaticos (jetzt auch in den Historiens occ. des crois. T. V.) publicirten Quelle. Etwas größeren Werth mißt Graf Riant, Le martyre de Thiemon de Salzbourg (Revue des questions historiques T. XXXIX) der zuerst von Nolte aus einer Darmstädter Handschrift im Archiv für österreichische Geschichte LIV, jetzt auch im V. Bande der Historiens occ. des croisades und Mon. Germ. SS. XV. veröffentlichten Passio Thiemonis bei, welche blos den Tod Thiemo’s zum Gegenstande hat und deren Verfasser Abt Heinrich v. Breitenau (in Hessen) seine Nachrichten aus dem Munde eines Mönches schöpfte, welcher als Begleiter eines ungenannten Abtes den Kreuzzug mitmachte. Graf Riant vermuthet, daß dies Abt Giselbert v. Admont gewesen sei, der ebenfalls auf dem Kreuzzuge umkam. Als die Stadt, in welcher das Märtyrerthum Thiemo’s stattfand, glaubt Graf Riant Ascalon bezeichnen zu können, als Datum den 28. September 1102, doch steht nur der Monatstag fest.

Schmued, Salzburg unter Thiemo und Konrad I. (1090–1147). Programm der Oberrealschule am Schottenfelde in Wien 1860. – Fr. M. Mayer, die östlichen Alpenländer im Investiturstreite.