Zum Inhalt springen

ADB:Strecker, Wilhelm (1. Artikel)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Strecker (Reschid Pascha)“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 554–555, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Strecker,_Wilhelm_(1._Artikel)&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:30 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Streber, Franz
Nächster>>>
Strecker, Adolf
Band 36 (1893), S. 554–555 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm Strecker (Gouverneur) in der Wikipedia
Wilhelm Strecker in Wikidata
GND-Nummer 124537340
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|36|554|555|Strecker (Reschid Pascha)|Bernhard von Poten|ADB:Strecker, Wilhelm (1. Artikel)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=124537340}}    

Strecker: St., „Reschid Pascha“[WS 1], türkischer Divisionsgeneral, am 8. Juni 1830 in Bamberg geboren, trat in das preußische Heer, zuerst bei einem Jägerbataillone, ging bald zur Artillerie über, ward bei dieser Officier, schied aber aus um in türkische Dienste überzugehen, in denen der kurz vorher entbrannte Orientkrieg der Jahre 1853–1856 ihm eine glänzendere Zukunft in Aussicht stellte, als die Heimath ihm zu bieten schien. Von Alters her hatte seine Waffe dort preußische Lehrer gehabt. Zunächst gehörte er einer von England im Lager von Constantinopel gebildeten Legion, dem „Turkish contingent“, an. Bevor diese auf den Kriegsschauplatz abrücken konnte, machte der am 30. März 1856 zu Paris geschlossene Friede den Feindseligkeiten ein Ende. St. nahm nun unmittelbar im türkischen Heere Dienste und wurde bald als Oberstlieutenant und Artillerieanweiser dem in Armenien stehenden 4. Ordu (Armeecorps) zugetheilt. Hier blieb er zehn Jahre lang, meist in den großen Garnisonen Ersingjan und Erzerum, und erwarb sich eine genaue Kenntniß der türkischen Sprache und der staatlichen wie gesellschaftlichen Verhältnisse. Daneben versah er zeitweise die Geschäfte eines englischen Consuls. Dann wurde er zum 2. Ordu versetzt, dessen Generalcommando sich in Schumla befand. Die dort von ihm ausgebildeten Truppen bewährten ihre Tüchtigkeit in den Kämpfen des Jahres 1877 um Plewna. St. selbst war wiederum nicht vergönnt, am Kriege unmittelbaren Antheil zu nehmen. Bei Ausbruch desselben wurde er, inzwischen zum Brigadegeneral aufgestiegen, als Befehlshaber der Artillerie nach der Festung Varna berufen. Da es zu einer Belagerung derselben nicht kam, hatte er keine Gelegenheit sich vor dem Feinde auszuzeichnen. Er mußte sich damit begnügen Sorge zu tragen, daß die von Varna aus zu beschaffende Ausrüstung der im Felde und in den Festungen befindlichen Truppen mit allem ihnen Nöthigen, soweit es ihn anging, jederzeit vorhanden war. Als gegen Ende des Krieges Constantinopel durch einen feindlichen Angriff bedroht war und Anstalten zur Abwehr eines solchen getroffen wurden, ward St. zum Inspecteur der Artillerie des unter den Oberbefehl von Fuad Pascha gestellten Vertheidigungsheeres ernannt; der Friede von Stefano bewirkte jedoch, daß letzteres nicht in Thätigkeit trat. St. nahm nun zunächst an den zum Zwecke der Herstellung und Neugestaltung des Heerwesens angeordneten Berathungen und Arbeiten theil, dann [555] wurde er im J. 1879 an Stelle von Vitalis Pascha zum Commandeur der ostrumelischen Miliz ernannt. Es war eine schwierige Aufgabe, welche seiner dort wartete. Er hatte die vorhandenen Truppen aufzulösen, eine neue Heeresmacht zu schaffen und sie auszubilden; dabei waren die Forderungen des Generalgouverneurs und das einflußreiche Wirken Rußlands, die Beschlüsse des ständigen Ausschusses der Provinzialverwaltung, die nationalen Hoffnungen auf die Zukunft Großbulgariens und die Hoheitsansprüche seines Kriegsherrn zu berücksichtigen und zu beachten. Daß die Lösung der Aufgabe glückte, war Strecker’s Tact und seinem militärischen Verständnisse zu danken; das Gewicht seiner Persönlichkeit und der Eindruck, welchen sein Auftreten überall hervorbrachte, wurden durch eine höchst gewinnende äußere Erscheinung, an die des Kaisers Friedrich III. erinnernd, unterstützt. Als die Arbeit, welche im J. 1885 gelegentlich des serbisch-bulgarischen Krieges eine von St. freilich nicht vorgesehene Probe bestand, zum Abschlusse gekommen war, erbat er seine Entbindung von dem dornenvollen Amte, dessen Führung ihm außerdem durch einen 1881 im Kirdschaligebiete versuchten Aufstand erschwert worden war. Sehr günstig sprechen sich über sein Streben und Wirken in diesem Amte namentlich die Erinnerungen eines preußischen Officiers aus, welche unter dem Titel „Elf Jahre Balkan“, 1889 zu Breslau erschienen sind. Aus Ostrumelien kehrte er nach Constantinopel zurück, wo er, zum Divisionsgeneral befördert, bis zu seinem am 18. Januar 1890 nach kurzer Krankheit erfolgten Tode als Mitglied des Artillerie- und Ingenieurcomités im Kriegsministerium gewirkt hat. – Daneben ist St. als Schriftsteller mannigfach thätig gewesen. Seinem Aufenthalte in Armenien verdankt eine Arbeit „Ueber den Rückzug der Zehntausend“ ihr Entstehen, welche, Strecker’s selbständige an Ort und Stelle gewonnene Ansichten über den von Xenophon eingeschlagenen Weg vertretend, 1886 zu Berlin durch den Druck veröffentlicht ist, und während der letzten Jahre seines Lebens beschäftigte er sich mit dem Sammeln und Sichten des Materials zur Darstellung der Ereignisse des letzten russisch-türkischen Krieges. Voll von warmem Interesse für das türkische Volk und den Ruhm des Heeres, dem er angehörte, empfand er schmerzlich, daß kein Werk vorhanden sei, welches, neben den übrigen die türkischen Quellen berücksichtigend, auch den von letzterer Seite zu machenden Ansprüchen gerecht würde und gedachte dem vorhandenen Mangel abzuhelfen. Es ist ihm nicht vergönnt gewesen seine Arbeit zu vollenden. Was er hinterlassen hat ist unter dem Titel „Bemerkungen über den russisch-türkischen Krieg 1877/78 und Beitrag zur Geschichte desselben“ als 8. und 9. Beiheft vom Jahre 1892 zum Militärwochenblatt (Berlin) zum Abdrucke gelangt.

Militärwochenblatt, Berlin 1892, Nr. 20.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 54 vom selben Autor ein weiterer Artikel.