ADB:Stichlberger, Max
Amthor’s Alpenfreund, in der Beilage zum Innsbrucker Tagblatt: Der Erzähler, veröffentlichte er von 1865 an verschiedene Sagen, Skizzen und Novellen, zumeist aus dem Tiroler Leben, welche sich beifälliger Aufnahme erfreuten, auch in anderen periodischen Blättern finden wir Schilderungen von Land und Leuten aus Stichlberger’s Heimath, welche seiner Feder entstammten und ein nicht gewöhnliches Talent bekunden. Im J. 1872 vermählte sich St., und als ihm ein Jahr später der Antrag gemacht wurde, die Redaction der Constitutionellen Bozener Zeitung zu übernehmen, entschloß er sich, sein Handwerkszeug mit der redactionellen Feder zu vertauschen und leitete durch volle acht Jahre das erwähnte politische Localblatt. Verschiedene widrige Umstände, auch der Tod seines einzigen Kindes, veranlaßten ihn jedoch, im J. 1881 die Stelle aufzugeben. Vom August 1882 übernahm aber St. wieder die Leitung eines Blattes, nämlich jene der Vorarlberger Landeszeitung in Bregenz, ohne jedoch weiter poetisch thätig aufzutreten. Insbesondere seitdem im J. 1886 seine Gattin gestorben war, erschien auch St. gebrochen, und wandte seine Thätigkeit pflichtgetreu nur der redactionellen Arbeit zu. Im Sommer 1891 war er auf Besuch in seiner Heimath Rattenberg, es trat damals ein schon länger währendes Herzleiden bei ihm heftiger auf, und am 25. Septbr. 1891 erlag er der tückischen Krankheit. – St. hat zwei Sammlungen novellistischer Arbeiten: „Zwischen Inn und Etsch. Tiroler Novellen“ (Stuttg. [166] 1881) und „Gestalten und Bilder aus dem tiroler Volksleben“ (Stuttg. 1882) herausgegeben, welche ein beachtenswerthes Erzählertalent bekunden, sowohl die Landschaft des heimathlichen schönen Alpenlandes als auch die Charakteristik der Personen ist in den Novellen mit kräftigen Strichen entworfen, dramatische Lebendigkeit tritt uns in manchen der von ihm geschilderten Scenen entgegen. Die größeren Novellen behandeln zumeist Gestalten aus der Geschichte Tirols und sind unter diesen etwa die Erzählungen: „Der Adjutant des Sandwirths“ und „Dämon Geld“ besonders hervorzuheben; die volksthümliche Behandlung hindert nicht, daß auch die Form der Novellen Stichlberger’s besonders rein und gefällig erscheint, die Handlung derselben fesselt und ein warmer Hauch echter Heimathsliebe weht durch alle diese Veröffentlichungen des Dichters. Originelle Figuren, wie sie in den Tiroler Bergen wohl vorkommen, führt St. in den „Gestalten und Bildern“ vor, und man möchte ihn in dieser Richtung dem Steiermärker Rosegger an die Seite setzen, zumal er immer derartige Gestalten nach dem Leben zu entwerfen weiß, welche das Interesse des Lesers erregen. Man lese die Skizzen: „Die Katzen-Mariandl“ oder „Der Paria des Dorfes“ oder „Der Sagen-Schneider“ und man wird diesen Vergleich gerechtfertigt finden. Es ist zu beklagen, daß die Verhältnisse und das allzufrühe Ende dem Dichter nicht gestattet haben, mehr zu schaffen, mit dem Wenigen, was vorliegt, zählt er jedenfalls aber zu den hervorragenden Novellisten Tirols.
Stichlberger: Max St., deutsch-österreichischer Schriftsteller, insbesondere Novellist, wurde am 28. Februar 1841 zu Rattenberg in Tirol als Sohn eines Buchbinders geboren und erhielt daselbst sowie in Innsbruck seine erste Erziehung und Ausbildung, mußte jedoch, bevor er noch das Gymnasium vollendet hatte, wegen der bescheidenen Vermögensverhältnisse seines Vaters das Studium aufgeben und ebenfalls als Buchbinder bei diesem selbst in die Lehre treten. Da ihm hierbei Gelegenheit geboten war sich mit den Erzeugnissen der Litteratur bekannt zu machen, benutzte dies der geistig strebsame junge Mann und er lernte insbesondere die Classiker unserer Dichtung schon damals genau kennen und verfolgte auch bald mit regem Interesse alle neuen litterarischen Erscheinungen; selbst in poetischen Versuchen bethätigte sich St. zu jener Zeit, welchen freilich noch die Unreife anhaftete. Im J. 1858 zog er in der üblichen Weise als Handwerksbursche in die Fremde, kam nach München, Salzburg und zuletzt nach Wien, wo er zwei Jahre verblieb und in der Residenz seinem Talente reiche Nahrung zuführte. Von 1862 an finden wir St. wieder in Rattenberg als Gehülfen des Vaters, zugleich aber in den Mußestunden, die ihm geblieben, bereits litterarisch thätig, in der Zeitschrift Die Dorflinde, in