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ADB:Sollinger, Sigismund

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Artikel „Sollinger, Sigismund“ von Johannes Bolte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 571–572, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sollinger,_Sigismund&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:42 Uhr UTC)
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Sollinger: Sigismund S., bairischer Dramatiker des 16. Jahrhunderts. Wo er geboren ward, wo er studirte und den Magistergrad erwarb, ist unbekannt. Als lateinischer Schulmeister zu Mühldorf am Inn verfaßte er ein Tobiasdrama, das er 1573 mit seinen Schülern aufführte und dann mit einer Widmung an den Erzbischof Johann Jakob von Salzburg drucken ließ: „Ein Biblische gantz Christliche Historia von dem Frumen Gotsforchtigenn Mann Tobia, dem alten, vnd seinem Sun, wie Got wunderbarlicher weiß, durch seinen Engel Raphaelem, gehandlet hat, allen Christlichen Frumen Eltern vnd Kindern gantz tröstlich zu lesen.“ Landßhuet, Martin Apianus 1574. 7 Bogen 4°. – Daß S. ältere Tobiasdramen kannte, aber ihnen nicht folgte, verräth seine Bemerkung, sein Spiel sei „ex proprio Marte, nicht von andern außzogen, sondern auß heyliger Götlicher schrift, auß dem Buech Tobiae genumen“. Kunstmäßiger als Hans Sachs (1533), Ackermann (1539) und Brunner (1569) drängt er die Handlung auf die Hauptmomente zusammen und vermeidet im Gegensatz zu Wickram (1551) jede breitere Ausmalung von behaglichen Genrescenen und jede Einführung von Nebenfiguren. Diesem gebildeten, nicht mehr volksmäßig naiven Geschmacke entspricht es, daß die Erblindung des alten Tobias vor den Beginn des Stückes verlegt, der Fischfang und das Hochzeitsmahl seines Sohnes nicht [572] vorgeführt wird und der Teufel Asmodeus gar nicht auftritt. Da S. den alten Tobias Tobäus und Raguel’s Frau nicht Hanna, sondern Edna nennt, muß er statt der Vulgata, der er sonst seine Citate entnimmt, oder der Luther’schen Bibelverdeutschung gleich dem Niederländer Schonäus (Tobaeus 1569), den griechischen Urtext benutzt haben; denn daß er etwa diese Namen nur aus Schonäus entlehnt haben sollte, ist undenkbar, weil er sich sonst mit diesem in der Anlage des Stückes und in der Nachahmung von Gestalten und Redensarten der römischen Komödie nicht berührt. Die Ausführung zeigt nirgends störende lehrhafte Breite, die Sprache ist schlicht und angemessen, ohne Pathos; in der Metrik verräth S. gleiche Gewandtheit wie sein Amtsgenosse Simon Rot im benachbarten Neu-Oetting (s. A. D. B. XXIX, 340); seine Verse haben wenig falsche Betonungen und stets, auch bei klingendem Schluß, acht Silben.

Weller, Annalen II, 249. – Aus den Mühldorfer Stadtacten läßt sich keine genauere Nachricht gewinnen, da die älteren derselben zufolge einer freundlichen Mittheilung von K. Trautmann durch Brand vernichtet sind.