ADB:Seebach, Christian von
Beaulieu-Marconnay’sche Freicorps ein und machte den Feldzug – später als Officier – bis zum Siegeseinzuge der Verbündeten in Paris mit, obschon er in den Kämpfen vor Hamburg eine schwere Verwundung davon getragen hatte. Nach seiner Zurückkunft in die Heimath wendete er sich dem forstlichen Berufe wieder zu. Im J. 1821 wurde er zum Forstmeister ernannt und mit der Verwaltung der Forstinspection Westerhof commissarisch betraut. 1825 wurde ihm die Forstinspection Uslar im Sollinge, eine der ausgedehntesten und wichtigsten im Forstdepartement Göttingen definitiv übertragen. Hier harrten seiner große Aufgaben. Die Kräfte des Waldes waren zeitweise überschätzt worden, und durch bedeutende Floßholzabgaben an die Residenz Hannover, Kohlholzabgaben an die Harzer Hüttenwerke und Bau- und Brennholzabgaben an die eingeforsteten Berechtigten war der Wald über Gebühr angegriffen. Nahezu der dritte Theil der Buchenhochwaldcomplexe lag in Verjüngungsschlägen, theilweise ohne Nachwuchs. Ausgedehnte Hiebe in den Eichenhutewäldern während der Fremdherrschaft hatten denselben sehr gelichtet. Ueberdies war die Bodenkraft durch ausgedehnte Streunutzung stark heruntergekommen. Seiner rastlosen Thätigkeit und seinem tiefen Verständnisse für diese Schäden und die geeigneten Heilmittel gelang es aber, die Materialabgabesätze für die [555] meisten Wirthschaftsbezirke binnen weniger Jahre mit den Kräften des Waldes in Uebereinstimmung zu bringen, die Ausschreitungen der Berechtigten einzudämmen und durch Erwirkung ausgedehnter Geldfonds einen energischen Culturbetrieb einzuleiten. Zugleich brachte er es durch mühevolle Verhandlungen fertig, die Rechtsverhältnisse mit den Interessenten und Genossenschaften durch Receße theils dauernd, theils für bestimmte Zeitperioden festzustellen und hierdurch manche umfangreiche Proceße zu beseitigen. Infolge seiner den örtlichen Verhältnissen in umsichtigster Weise angepaßten Wirthschaftsdispositionen konnte bei den periodisch wiederkehrenden Betriebsrevisionen in sämmtlichen Wirthschaftscomplexen (bis auf einen einzigen) allmählich eine beachtenswerthe Erhöhung der jährlichen Abgabesätze eintreten. Mehrjährige umfangreiche Zuwachsuntersuchungen an Buchen und zwar theils an Ueberhältern im Hochwalde, theils in verschiedenen Lichtstellungen (s. seine bezüglichen Artikel in den Kritischen Blättern für Forst- und Jagdwissenschaft, XXII, 1. Heft 1846, S. 168) [Ueber die Formzahlen der Buchen], in den Supplementen zur Allgemeinen Forst- u. Jagd-Zeitung III. 1861, S. 1 [Zur Holzmeßkunst], in den Verhandlungen des Hils-Solling-Forstvereins 1861 etc.), sowie Beobachtungen über das Verhalten der Bäume im Walde selbst fühlten ihn zur allmählichen Ausgestaltung einer besonderen Wirtschaftsform, welche er mit dem Namen „modificirter Buchenhochwaldbetrieb“ bezeichnete. Erst auf mehrfache Anregungen von außen und, nachdem die von dieser Wirtschaftsform geforderte bedeutende Zuwachssteigerung bei gleichzeitiger vorzüglicher Bodenpflege durch die Erfahrung vollständige Bestätigung gefunden hatte, entschloß er sich zur Veröffentlichung (Krit. Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft XXI, 1. Heft 1845. S. 147 [Der modificirte Buchen-Hochwalds-Betrieb]. Außerdem sind bezüglich dieser Wirtschaft besonders zu vergleichen: Kraft (Burckhardt, Aus dem Walde VII, 40) und Wallmann (Bericht über die X. Versammlung deutscher Forstmänner zu Hannover, S. 169 ff.).
Seebach: Christian v. S., Forstmann; geboren am 18. October 1793 zu Reisemoor (Hannover), † am 31. October 1865 zu Uslar (Solling). Er war der älteste Sohn eines Oberforstmeisters (Chef des Göttingen’schen Oberforstamtes) und erhielt seine Schulbildung auf einem Privatlehrinstitute zu Hannover, worauf er sich dem Forstwesen widmete. Nach absolvirter forstlicher Lehrzeit studirte er einige Jahre auf der Universität Göttingen. Als 1813 der Ruf zu den Waffen wider die französische Fremdherrschaft durch Deutschland ertönte, trat er als Volontär in dasIm J. 1846 sollte er zum Oberforstmeister und Chef eines Oberforstamtes befördert werden; er war aber mit jeder Faser seines Herzens so sehr mit dem Solling-Walde und seinem daselbst eingeführten „Modificirten“ verwachsen, daß er sich von seinem Wirkungskreise nicht zu trennen vermochte und auf die Beförderung verzichtete. Die Würdigung seiner hervorragenden forstlichen Bedeutung führte indessen zu der vorübergehenden Bildung eines besonderen Sollings-Oberforstamtes unter ihm als „Oberforstmeister“. Er behielt die Forstinspection Uslar bei und erhielt zugleich die Departementsgeschäfte für die Sollings-Inspection Dassel übertragen, sodaß nunmehr die leitenden Grundsätze und Wirthschaftsregeln für sämmtliche Sollingsforste in seiner Hand vereinigt waren. Als 1849 die Oberforstämter aufgehoben und die Inspectionen direct der Domänenkammer zu Hannover unterstellt wurden, verblieb er in der Stellung als Inspectionsbeamter, feierte 1863 sein 50jähriges Dienstjubiläum, bei welcher Gelegenheit er durch die Verleihung der Commandeurinsgnien des Guelphenordens ausgezeichnet wurde, und wirkte im Dienste bis zu seinem Tode.
S., welcher das seltene Glück hatte, volle 40 Jahre als Leiter eines und desselben größeren Waldcomplexes thätig gewesen zu sein und mithin auch die Erfolge seiner Maßregeln erlebte, hat aber nicht bloß als Schöpfer des modificirten Buchenhochwaldbetriebes, sondern ganz allgemein den thätigsten Antheil an der Entwickelung des Hannover’schen Forstwesens genommen. Kaum daß eine wichtigere forstliche Maßregel, ohne ihn gehört zu haben, zur Ausführung gekommen wäre. Er war es, der schon frühzeitig auf die hohe Begabung des späteren Forstdirecturs Burckhardt aufmerksam machte und auf die forstliche Ausbildung und weitere Entwicklung eines großen Theils der jüngeren hannoverschen [556] Forstbeamten einen wesentlichen Einfluß ausübte. Seine mustergültige Buchenwirthschaft, sein vortrefflicher Forstculturbetrieb, seine Aufsehen in weiteren Kreisen erregenden Untersuchungen über den Lichtstandszuwachs der Buche und die hierauf gegründete neue Betriebsart waren Veranlassung, daß alljährlich aus nah und fern viele Berufsgenossen nach dem Sollinge pilgerten, namentlich beim Jagdhause am Ithalskopfe den Belehrungen des Meisters lauschten und das Gesehene einer eingehenden Besprechung unterzogen. Auf diesem Platze liegt auch, seinem Wunsche gemäß, sein Grabhügel, welchen seine zahlreichen Verehrer und Freunde mit einem sinnigen Denkmal geschmückt haben. Rühmender Erwähnung bedarf noch die Selbstlosigkeit seines ganzen Wesens; er stellte sich oft in den Schatten und ließ Andere die Ehren für seine Leistungen einernten.
- Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 1864, S. 28; 1866, S. 30. – Grunert, Forstl. Blätter, 11. Heft 1866, S. 236. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. III, 92, 222 und 295. – Privatmittheilungen.