ADB:Schweigger-Seidel, Franz Wilhelm
[341] 1815 als Apothekergehülfe in Merseburg, Dessau, Chemnitz und München. Zu Halle begann er 1820 Medicin und Naturwissenschaften zu studiren und wurde nach zwei Jahren Assistent am chemischen Laboratorium. Hier trat er mit seinem Lehrer, dem Professor der Physik und Chemie Joh. Salomo Christian Schweigger, bekannt als Begründer des Journals für Chemie und Physik in nahe Beziehung. Dieser adoptirte den jungen Seidel, welcher nunmehr mit landesherrlicher Genehmigung zum Andenken an den Bruder seines Adoptivvaters, den in Sicilien ermordeten Naturforscher A. Fr. Schweigger, seinem Namen den Namen Schweigger hinzufügte. Mit der Dissertation „De fibrium aestivalium origine atque natura“ promovirte S.-S. 1824 in Halle, wo er sich im folgenden Jahre als Arzt niederließ, nachdem er in Berlin den Cursus der praktischen Staatsprüfungen absolvirt hatte. 1826 habilitirte er sich mit der Schrift „Prolusiones ad chemiam medicam“, worauf er im folgenden Jahre Professor der medicinischen Facultät der Universität Halle wurde. Als Lehrer, als Forscher und als Litterat entwickelte er hier eine ebenso ersprießliche wie ausgedehnte wissenschaftliche Thätigkeit. Im Jahre 1829 begründete er das pharmaceutische Institut zu Halle, als dessen Director er zahlreiche Schüler in ihren Lebensberuf einführte. Seine Arbeiten bewegen sich vornehmlich auf dem Gebiete der physiologischen und pathologischen Chemie. Von den vielen Abhandlungen mögen außer den genannten noch die folgenden Erwähnung finden: „Chemische Untersuchungen über den krankhaften Harn und den Harn verschiedener Thiere“ (Schweigger’s Journal 1826, Bd. 46). „Zusammenstellung neuer Analysen von Speichelsteinen, eines verknöcherten Herzbeutels, von Tonsillen oder Rachensteinen“ (ebend. Bd. 52). „Oel im menschlichen Blute und milchiger Harn“ (ebend. Bd. 53). „Ueber die blaue Färbung der eiweißstoffigen thierischen Substanzen durch Salzsäure etc.“ (ebend. Bd. 54). „Einige Beispiele schätzbarer Heilwirkungen des Creosots und einige Bemerkungen über das aqua Bellini“ (Halle 1833). Aber auch die reine Chemie verdankt S.-S. nicht unwichtige Arbeiten und Beobachtungen. So erwähnt er in einer Abhandlung „Ueber Sementini’s jodige Säure und ein Jodoxyd“ beiläufig, daß das Merc. dulcis (Mercurochlorid) durch Jod in Sublimat und Jodquecksilber verwandelt werde (ebd. Bd. 48). Interessante Mittheilungen macht er „über Entstehung farbiger organischer Stoffe in Seen, stehenden Wässern und Mineralquellen“ (ebd. Bd. 51). Auch eine physikalische Beobachtung, welche später mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen ist, mag erwähnt werden: „Ueber die eigenthümlichen drehenden Bewegungen des Kamphers und anderer Körper auf verschiedenen Flüssigkeiten“ (ebd. Bd. 42). Ganz besonders aber hat sich S.-S. auf litterarischem Gebiete große Verdienste erworben. Im J. 1828 gab er die 2. Aufl. von „J. S. Ersch, Litteratur der Mathematik, Natur- und Gewerbekunde“ heraus (Leipzig). Das von seinem Adoptivvater 1811 begründete Journal für Chemie und Physik, damals die wichtigste Zeitschrift für diese Wissenschaften, wurde von S.-S. in den Jahren 1825–1829 (Bd. 45–54) gemeinsam mit dem Begründer, dann bis zum Schlusse der Zeitschrift im J. 1833 (Bd. 69) von ihm allein herausgegeben. Von da an betheiligte er sich bis zu seinem Tode an der Herausgabe von Erdmann’s Journal für pract. Chemie. Auch an dem Handwörterbuch der Chemie war er seit 1837 Mitredacteur. Als praktischer Arzt betheiligte er sich in opferwilligster Weise an gemeinnützigen Bestrebungen, so fungirte er im J. 1831 während der Choleraepidemie als Bezirksarzt. Auch wurde er im J. 1835 zum Schriftführer der naturforschenden Gesellschaft zu Halle ernannt. Aber seine zunehmende Kränklichkeit setzte dieser Thätigkeit schon im J. 1837 ein Ziel. Er besuchte in diesem Sommer noch die Bäder von Karlsbad, aber er sollte nur noch kurze Zeit seine Arbeit wieder aufnehmen: am 5. Juni 1838 fand er den Tod durch Ertränken in der Saale.
Schweigger-Seidel: Franz Wilhelm S.-S. wurde am 16. October 1795 zu Weißenfels geboren. Er besuchte die Hauptschule zu Dessau, wo sein Vater, Karl Aug. Gottl. Seidel, Inspector und erster Lehrer einer Töchterschule war. 1811 widmete er sich der Pharmacie zu Leipzig und conditionirte seit- [342] Poggendorff, Handwörterbuch, II, 875. – Callisen, Med. Schriftst.-Lexikon Bd. 17, 499 und Bd. 32, 269.