ADB:Schulze, Josephine
*): Josephine S. (auch Schulz), geborene Killitschky, eine namhafte Sängerin der Berliner Spontinizeit, erblickte das Licht der Welt zu Wien ums Jahr 1790. Die Ausbildung ihrer bedeutenden Naturanlagen soll Salieri geleitet haben. Im J. 1810 glänzt die Zwanzigjährige als erste Sängerin am Breslauer Theater. Von dort meldet ein Berichterstatter an die Allgemeine musikalische Zeitung über sie: „Sie ist ein junges, sehr vortheilhaft gebildetes, blühendes Mädchen mit einer vollen, schönen, metallreichen Stimme, reiner Intonation und gutem Vortrag nach italienischer Weise. Sie umfaßt zwar nur zwei Octaven, vom c’–c’’’. Hier sind aber auch alle Töne rein und schön … Sie versteht, ihre schöne, von Natur sehr starke Stimme vortrefflich zu mäßigen, so daß sie zu tragende Stellen, auch Passagen mezza voce sehr zart, lieblich und fertig vorträgt, dann aber, wo es gilt, mit ganzer voller Stimme selbst durch das Forte des Orchesters dringt, ohne daß ihr Ton darum gellend oder schneidend würde“. Nach mehrfachen Gastspielen an der Berliner Oper in den Jahren 1810 und 1811 wurde sie daselbst im J. 1813 engagirt und trat als Julia (Vestalin) ihre Stellung an. Die Tüchtigkeit ihrer Ausbildung, um die sich in Berlin auch noch Righini bemüht hatte und namentlich die Kraft und Ausdauer ihrer Stimme machten sie zu einem der nützlichsten Mitglieder des Opernpersonals und besonders Spontini, der im J. 1820 zum selbstherrlichen Machthaber im Opernhause wurde, wußte Madame S. zu schätzen, die sich willfährig allen Anstrengungen, die er seinen Sängern zumuthete, unterzog. So trat denn auch die frühere Bravoursängerin mehr und mehr zum heroischen Fach über. Sie sang Spontini’s Obervestalin, Olympia, Zelia, Amazili, Constanzia; bemerkenswerth ist, daß sie auch die erste Darstellerin der Eglantine in Weber’s Euryanthe auf der Berliner Bühne war (1825). Für ihre vorzügliche Gesangsbildung spricht es, daß sie auch später neben solchen Rollen des schweren dramatischen Stils die schwierigsten Aufgaben des verzierten Gesanges zu bewältigen vermochte; 1819 finden wir sie noch als Vertreterin der „Königin der Nacht“ und der „Constanze“ (Entführung) verzeichnet. Im J. 1831 ließ sie sich in den Ruhestand versetzen. Sie starb, hochbetagt, am 1. Januar 1880 zu Freiburg im Breisgau.
Schulze- Vgl. Ledebur, Tonkünstlerlexicon Berlins S. 537 f. – Küstner, Album des königl. Schauspiels und der königl. Oper zu Berlin von 1796–1856. Berlin 1858.
*) Zu Bd. XXXIII, S. 18.