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ADB:Schütz, Gabriel

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Artikel „Schütz, Gabriel“ von Hans Michael Schletterer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 120–121, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%BCtz,_Gabriel&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 10:36 Uhr UTC)
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Schütz: Gabriel S., geboren am 1. Februar 1633 in Lübeck, † 1711 in Nürnberg, gehört zu jenen Musikernaturen des 17. Jahrhunderts, die, von unbezwinglicher Sehnsucht nach dem Süden ergriffen, alles hinter sich ließen, dem ersehnten Ziele zuzustreben. Gleicher Zug wie ihn erfüllte die meisten seiner Zeitgenossen, so H. Schütz (Sagittarius), Haßler, Mich. Jacobi (der deutsche Amphion), Hasse, Händel und zahlreiche andere. Nicht zu bändigende Wanderlust ist heute noch eine Musikanteneigenthümlichkeit, aber man strebt nun nicht mehr darnach, nach Italien zu kommen, um dort zu lernen, sondern darnach, Kunstreisen zu machen, um das Erlernte vor aller Welt zu Gehör zu bringen. Und da im Süden heute nur noch wenig oder nichts mehr zu holen ist, so wählen sich unsere Virtuosen klugerweise jetzt Rußland, England und Nordamerika als Reiseziele. Als unser S. bei dem Lübecker Rathsmusiker Nikl. Bleyer seine Lehrzeit durchgemacht und einen tüchtigen Grund als praktischer Musiker gelegt hatte, begab er sich nach Hamburg, um dort seine Studien fortzusetzen. Nach einem weitern Jahre folgte er dann dem Zuge seines Herzens und machte sich, seine Viola da Gamba auf dem Rücken und sein Cornetto im Seitensack auf den nächsten Weg nach Welschland. Der führte ihn aber nun durch Nürnberg, wo er 1655 ankam, und diese reiche, große, gar interessante und gemüthliche Stadt, die es schon manchem Wanderer so angethan hatte, daß er aus ihrem Zauberkreise sich nicht mehr zu lösen vermochte, hielt auch ihn fest. Er muß es damals, insbesondere auf den genannten Instrumenten, bereits zu bedeutender Virtuosität gebracht gehabt haben, denn sein Spiel erregte in den musikalischen Kreisen der alten Reichsstadt ungewöhnliches Aufsehen und allgemein gab sich der Wunsch kund, einen solchen Künstler ersten Ranges dauernd festhalten zu können. Man erwies ihm Artigkeiten aller Art und bald meldeten sich auch eine Anzahl Scholaren, die seinen Unterricht begierig suchten, unter ihnen namentlich der nachmalige fürstlich weißenfelsische Hofcapellmeister J. Ph. Krieger (1649 bis 1725), Vorgänger des Titularcapellmeisters J. S. Bach und durch seine für Hamburg geschriebenen Opern einer der Neubegründer des deutschen Singspiels. Vier Jahre hielt es für diesmal S. in Nürnberg aus, dann zog er weiter nach Ansbach, Baireuth, Oettingen, Mergentheim, Stuttgart, Salzburg, überall neue Ehren sammelnd und von den betreffenden Fürsten stets reich beschenkt. Nach Italien kam er aber doch nicht. Damit er nicht anderweitige Stellung suchte, bevor in Nürnberg eine passende für ihn frei würde, hatte ihm noch vor seiner Abreise der Rath schon eine ansehnliche Besoldung ausgesetzt. 1666 kehrte er wieder in die ihm so liebgewordene Stadt zurück und weder ein sehr ehrenvoller Antrag, die Charge eines Hofmusikus in Stuttgart anzunehmen, noch ein viel verlockenderer, in kaiserliche Dienste zu treten, vermochten ihn untreu zu machen. Der Magistrat ernannte ihn nun zum Stadtmusikus. Dies muß damals, wenn solch verdienstvoller Künstler, wie S. es war, sich durch solche Anstellung geehrt fühlte, ein sehr geachteter Posten gewesen sein. Als Kaiser Leopold I. gelegentlich eines Reichstages in Regensburg war, begab sich S. mit dem Violinisten J. Chr. Hoffmann, einem sehr geschickten Dilettanten, und dem Organisten und Musikdirector bei St. Sebald, Paul Heinlein (1626 bis 1686), der zugleich ein guter Geiger war, dorthin und alle wußten durch ihre Leistungen den vollen Beifall k. Majestät zu gewinnen. S. wurde 78 Jahre alt. Sein Porträt haben Leonart und Fleischberger gestochen. Nürnberger Dichter – es gab deren bekanntlich eine erkleckliche Zahl, nur allein im [121] Pegnesischen Blumenorden – wurden nicht müde, in zierlichen und beweglichen Reimen seine Kunst zu verherrlichen. – Sein Sohn, Jacob Balthasar, geboren am 5. Januar 1661, † am 22. Januar 1770, erhielt von seinem Vater schon frühzeitig Unterricht auf der Violine und Gambe. Zehnjährig konnte er sich bereits vor dem Markgrafen in Ansbach hören lassen. Auch im Singen, worin ihn der Cantor H. Schwemmer, Heinlein’s Nachfolger bei St. Sebald, unterwies, machte er so ungewöhnlich schnelle Fortschritte, daß er schon im 12. Jahre als Rathsdiscantist angestellt wurde. Später jedoch wurde ihm der Gesang Nebensache und er lebte jetzt nur noch seiner Violine und Gambe. 1686 trat er als Geiger in die Rathscapelle. Man versicherte, daß selbst in der kaiserlichen Capelle in Wien kein geschickterer Violinspieler gewesen sei. Unter seinem Nachlaß befanden sich mehrere Violinsolos und Partieen seiner Composition, die aber leider verloren gingen.