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ADB:Schönemann, Karl Philipp Christian

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Artikel „Schönemann, Karl Philipp Christian“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 291–293, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%B6nemann,_Karl_Philipp_Christian&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:36 Uhr UTC)
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Schönemann: Karl Phil. Christian S. wurde als Sohn Karl Traugott Gottlob Schönemann’s (s. o.) am 17. Jan. 1801 zu Göttingen geboren. Da der Vater, noch nicht 37 Jahre alt, bereits am 2. Mai 1802 ohne Hinterlassung eines Vermögens starb, so zog die Mutter Elisabeth Henriette, eine Tochter des Wolfenbüttler Rectors und Professors Christian Leiste, zu ihrem Vater nach Wolfenbüttel zurück. Hier wuchs S. mit einem nach des Vaters Tode am 8. Aug. 1802 in Wolfenbüttel geborenen Bruder Karl Adolf Theodor auf und entwickelte sich bei ihm in dem Hause des gelehrten Großvaters unwillkürlich die Neigung zu wissenschaftlicher Thätigkeit; insbesondere erwachte in ihm frühzeitig ein lebhafter Sammeleifer für Bücher und Münzen. Da der Großvater schon am 21. Febr. 1815 starb, so erhielt er den maßgebenden Schulunterricht bei seinem Oheim, dem Prof. Ant. Friedr. Wilh. Leiste, und dem Conrector G. Theod. Aug. Krüger. Im J. 1819 bezog er die Universität Göttingen, wo er vorzüglich bei Dissen und Karl Otfr. Müller Philologie [292] studirte und Ostern 1823 zum Doctor der Philosophie promovirte. Als Dissertation veröffentlichte er: „Commentationis de vita et carminibus Mimnermi specimen I“, Gott. 1823. 4°. Er kehrte nach Wolfenbüttel zurück und ertheilte hier seit Pfingsten 1823 Unterricht am Gymnasium. Zu Neujahr 1824 wurde er fest angestellt. Auf das eifrigste beschäftigte sich S. schon zu dieser Zeit mit den Handschriften der Wolfenbüttler Bibliothek und gab als Frucht dieser Studien 1830 eine kleine Schrift: „Bibliotheca Augusta h. e. notitiae et excerpta codicum manuscriptorum bibliothecae Wolfenb. Vol. 1 Part. 1“ heraus. Sie war unter etwas anderem Titel als Osterprogramm des Gymnasiums zu Helmstedt erschienen, an das er im Jan. 1829 als Conrector versetzt worden war. Zwei Jahre darauf (Jan. 1831) ward er dann zum Vorstande der herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel ernannt und erhielt so eine Stellung, die seinen Wünschen und Neigungen auf das beste entsprach. Auf die Vermehrung der Bibliothek war er auf das eifrigste bedacht. Da ihre Einnahmen nur sehr gering waren, anfangs 200, seit 1835 dann 400 Thaler betrugen, so kaufte er meist antiquarisch oder in Auctionen, suchte durch Verkauf von Doubletten neue Mittel zu gewinnen und aus den Ueberresten der Helmstedter Universitätsbibliothek eine kostenlose Bereicherung seiner Anstalt herbeizuführen. Die von Ebert begonnene Auflösung der zahlreichen Mischbände setzte er leider lange Zeit noch fort und zerstörte so eine planvolle feste Ordnung und Aufbewahrung, ohne neue von gleicher Sicherheit schaffen zu können. Auch seine wissenschaftliche Thätigkeit war zumeist seiner Bibliothek gewidmet. Er veröffentlichte im Serapeum (1843 u. 44) „Umrisse zur Geschichte und Beschreibung der Wolfenbüttler Bibliothek“, die bis zum Tode Lessing’s reichten und denen er später eine Beschreibung ihrer hauptsächlichsten Schätze in den „Hundert Merkwürdigkeiten der herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel“ (Hannover 1849) und dem „Zweiten und dritten Hundert“ etc. (Hann. 1852) folgen ließ. Sonst war sein Hauptarbeitsfeld die Numismatik. Er veröffentlichte hier verschiedene Aufsätze über Münzfunde, wie die zu Saalsdorf und Schadeleben und als letztes Werk: „Zur vaterländischen Münzkunde vom 12. bis 15. Jahrhundert oder Grundzüge der Bracteatenkunde etc.“ (Wolfenb. 1852). Auch brachte er selbst eine bedeutende Münzsammlung zusammen, die er 1848 für das herzogliche Museum an die braunschweigische Regierung verkaufte, worauf er dann in Gemeinschaft mit seinem Sohne aufs neue mit bestem Erfolge zu sammeln begann. Diese Münzstudien betrieb er noch mit dem größten Eifer zu einer Zeit, wo er des Augenlichtes so gut wie ganz beraubt war. Denn schon im J. 1844 spann sich bei ihm infolge eines Rückenmarkleidens ein Augenübel an, das rasch zunahm, so daß er schon 1849 fast nichts mehr erkennen konnte. Daneben zeigten sich 1846 bereits auch Spuren von Gelähmtheit. Trotzdem bewahrte er sich seine Geistesfrische ungeschwächt und sein vorzügliches Gedächtniß half ihm über viele Schwierigkeiten hinweg, so daß er eine Reihe von Jahren sein Amt noch versehen konnte. Erst zum 1. October 1854 wurde er pensionirt und am 8. Sept. des folgenden Jahres ist er an der Cholera gestorben. S. ist zweimal verheirathet gewesen. Am 1. Juni 1830 vermählte er sich auf dem Petersberge bei Halle mit Henriette Pauline Charlotte Leiste (geb. am 20. April 1808), der Tochter des dortigen ihm verwandten Predigers Christian Ludw. Leiste, dessen Gattin Fried. Joh. Auguste die Tochter des Halleschen Theologen Nösselt war. Als sie am 17. Nov. 1845 starb, errichtete S. zu ihrem Gedächtniß und zur Unterstützung bedürftiger Wittwen die Paulinenstiftung. Am 13. Juli 1851 verheirathete er sich mit Julie Römer, der am 5. Jan. 1799 geborenen Tochter des Consistorialraths Jac. Ludw. Römer, die wie der Vater gelegentlich dichterisch hervorgetreten ist. Außer ihr, die erst um das Jahr 1877 gestorben ist, und seiner fast achtzigjährigen Mutter (geb. am 11. Jan. 1777, [293] † am 10. Mai 1859) überlebten ihn eine Tochter und zwei Söhne, von denen der älteste Anton Wilhelm Otto S. bereits wenige Wochen nach dem Vater starb, dessen ganzer Stolz und stets hülfbereite Stütze er bei seiner Erblindung gewesen war. Er berechtigte zu den schönsten Hoffnungen. Geboren in Wolfenbüttel am 18. März 1833 hatte er in Göttingen eine philosophische Preisaufgabe („De Bithynia et Ponto provincia romana“, Gott. 1855) gelöst, am 17. März 1855 den philosophischen Doctorgrad erlangt und dann eine längere Studienreise durch Deutschland angetreten. Die Krankheit des Vaters rief ihn in die Heimath zurück; er traf ihn bereits todt und ist dann am 28. Sept. 1855 ebenfalls der Cholera erlegen. Den Druck seiner Ausgabe: „Der Sündenfall und die Marienklage“ (Hann. 1855) hat er nicht mehr vollendet gesehen.

Vgl. A. Ruland im Serapeum 1856 Nr. 5 S. 71–78. – L. Schweiger ebendas. Nr. 8 S. 113–128.